Der Kraftmeier der Bildhauerei
Seine wuchtig-grobschlächtigen Skulpturen sind für die einen Meisterwerke der Gegenständlichkeit, die anderen halten sie schlicht für plumpen, spätstalinistischen Kitsch: Der Bildhauer Alfred Hrdlicka provoziert auch heute noch als "unorthodoxer Kommunist". Der Österreicher feiert heute seinen 80. Geburtstag. Scherzhaft nennt er sich den "Paten der Linkspartei".
Nicht nur in seiner Heimat Österreich gehört er zu den bekanntesten und umstrittensten Künstlern auf dem Gebiet der Bildhauerei, der Malerei und der Grafik: Alfred Hrdlicka. Der Name "Hrdlicka" ist tschechisch und bedeutet soviel wie "Turteltäubchen". Vom Namen auf den Träger zu schließen, wäre in diesem Fall allerdings grotesk verfehlt, denn Alfred Hrdlicka hat so gar nichts Täubchenhaftes an sich. Im Gegenteil: Er ist der große Kraftlackel unter den Bildhauern der Nachkriegszeit, auf unerhört aggressive, manche sagen auch: auf grobschlächtige Art und Weise setzt er sich immer wieder mit den dunklen Seiten des Menschen, mit Mord, Krieg, Terror und Sadismus auseinander.
Das polarisiert. Als "unorthodoxer Kommunist" hat Alfred Hrdlicka immer wieder auch politisch für Schlagzeilen gesorgt.
Alfred Hrdlicka bei Anti-Waldheim-Demo:
"Ich hab hier etwas drucken lassen, das wird später dann verteilt. Und da können Sie sehen, dass ich schon im April 1986 gesagt habe, dass der Bundespräsident, der Kandidat zur Bundespräsidentschaft, meschugge ist, und das hab ich wieder drucken lassen." (Bravorufe, Applaus).
Kurt Waldheim war sein liebster Feind, zumindest in den späten 80ern. Immer wieder hat Alfred Hrdlicka den umstrittenen österreichischen Bundespräsidenten wegen seiner NS-Vergangenheit attackiert - nur eine von vielen Fronten, die der Sohn einer kommunistischen Wiener Familie immer wieder aufgerissen hat.
Alfred Hrdlicka ist einer, der sich einmischt, künstlerisch wie politisch. Sein monumentales Mahnmal gegen Krieg und Faschismus auf dem Wiener Albertinaplatz beispielsweise, was gab es darum nicht für Konflikte? Noch heute verstören die erratischen Marmor- und Granitblöcke in nobelster Innenstadtlage, die an die Gräuel des Holocaust, an die Schrecknisse von Krieg und Nationalsozialismus erinnern sollen: das "Tor der Gewalt", der "Straßenwaschende Jude", der Marmorblock mit der eingemeißelten Regierungserklärung der wiedererstandenen Republik Österreich.
Alfred Hrdlicka: "Meine Liebe zur Linken ist unwiderruflich. Dass die Linken zum Teil sehr dumm und fraktionistisch sind, damit muss ich mich leider abfinden."
Alfred Hrdlicka ist nicht mehr der Gesündeste. Jahrzehntelang hat er - ohne Rücksicht auf sich und seinen Körper - mit Hammer und Meißel malocht, das hat Spuren hinterlassen. Eben erst hat der Künstler eine schwere Krankheit überwunden, auch die Knochen wollen nicht mehr so recht.
"Meine Wirbelsäule ist ein Trümmerhaufen. Ich habe nicht nur steingebildhauert, ich musste, bevor ich mein Geld als Künstler verdiente, auch schwere körperliche Arbeit verrichten. Das heißt: Ich bin jetzt ein bisschen reduziert, und so ist halt die Wirbelsäule völlig unberechenbar."
Kurz vor dem Interview lässt Alfred Hrdlicka sich ein Achtelglas Wodka servieren, eisgekühlt. Er stürzt das Destillat in einem Zug hinunter, das macht ihn fit, wie er behauptet.
"Wissen Sie, es ist eine Entspannung für Muskeln. Ich bin ja manchmal so hart wie Beton, da sorgt der Wodka für eine gewisse Spannungslösung in der Muskulatur."
Aus seiner Liebe zu Hochprozentigem hat der Künstler auch früher schon kein Hehl gemacht:
"Zwei Drittel der amerikanischen Nobelpreisträger für Literatur waren schwere Alkoholiker, Hemingway und ein paar andere, das waren wirklich schwere Säufer, mit denen kann ich mich nicht vergleichen. Aber eins ist klar: Unter allen Drogen finde ich den Wodka die schönste Droge."
Das künstlerische Oeuvre Alfred Hrdlickas ist durchaus umstritten: Ob das Friedrich-Engels-Denkmal in Wuppertal, das unvollendete Antikriegsmonument in Hamburg oder eben das "Mahnmal gegen Krieg und Faschismus" in Wien - seine wuchtig-grobschlächtigen Skulpturen sind für die einen Meisterwerke der Gegenständlichkeit, die anderen halten sie schlicht für plumpen, spätstalinistischen Kitsch.
Als "albanisch-türkischen Schwulstmeißler" hat Arnulf Rainer seinen Kollegen einmal verunglimpft. Solche Beschimpfungen haben Hrdlicka stets kalt gelassen. Der nunmehr 80-Jährige ist seinen Themen über die Jahrzehnte hinweg mit imponierender Sturschädeligkeit treu geblieben: Sexus und Geschlechterkampf, Tod, Krieg und Gewalt, kurzum: Eros und Thanatos - von diesen Dingen handeln Hrdlickas Arbeiten.
Alfred Hrdlicka: "Ich mache mich immer lustig über die Kunsthistoriker, die sagen: Ich bin ein gegenständlicher Künstler. Das ist absoluter Blödsinn, ich bin ein Menschenkünstler. Im Mittelpunkt meiner Kunst steht der Mensch. Ich lass mich nicht als Avantgardist verkaufen, oder als Pop-Art-Künstler, das interessiert mich nicht. Wenn ich etwas von Herzen hasse, dann ist das dieses grässliche Kunstbetriebsgeschwätz."
Und so hat sich Alfred Hrdlicka immer wieder mit eminent menschlichen Themen auseinandergesetzt in seiner Kunst, was eine Beschäftigung mit den dunklen, zerstörerischen Seiten des Menschen mit einschließt, etwa in seinen grellen Grafikzyklen über die "Französische Revolution" oder in der zeichnerischen Auseinandersetzung mit biblischen Motiven. Immer steht der Mensch im Zentrum von Hrdlickas Kunst. Der Abstraktion, so hat der Bildhauer und Grafiker stets betont, stehe er strikt ablehnend gegenüber.
"Zur Abstraktion hab ich keine Beziehung. Dass ein Bild unter anderem aus Flecken und Pinselstrichen besteht, ist ja klar. Ich kann aber keinen Sinn darin erkennen, die Flecken oder Pinselstriche aus dem Gesamtzusammenhang herauszulösen. Was soll das? Ich hab das immer ganz banal gesagt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich in der Früh aufsteh und ein Quadrat male, und am Abend lege ich mich zu Bett, um am nächsten Morgen wieder ein Quadrat zu malen. Wo liegt da der Sinn?"
Den Aufstieg der Linkspartei in Deutschland verfolgt Alfred Hrdlicka mit Sympathie. Schließlich seien er und seine Frau Angelina es gewesen, die Oskar Lafontaine und Gregor Gysi im Jahr 2000 zusammengebracht hätten, behauptet er. Wie bewertet der Bildhauer die Wahlchancen der Linkspartei in Zukunft?
"Na, hoffentlich sehr gut, denn ich war involviert, denn die Angelina, die ja hier neben mir sitzt, und ist mit mir vor einigen Jahren nach Saarbrücken geflogen, und wir haben Oskar Lafontaine dazu überredet, sich mit Gregor Gysi zu treffen. Da gehörte schon eine gewisse Hartnäckigkeit dazu, die beiden miteinander zu verkuppeln."
Das heißt: Alfred Hrdlicka ist seiner Selbsteinschätzung nach so etwas wie der Pate der Linkspartei?
"Ja, das bin ich. Und ich genieße das sehr, denn das politische Feld in Österreich war mir immer ein bisschen zu klein."
Und so vermag es nicht zu überraschen, dass sich zu Hrdlickas Geburtstagsfete am Mittwoch ein Ehrengast aus Saarbrücken angesagt hat: Oskar Lafontaine.
Das polarisiert. Als "unorthodoxer Kommunist" hat Alfred Hrdlicka immer wieder auch politisch für Schlagzeilen gesorgt.
Alfred Hrdlicka bei Anti-Waldheim-Demo:
"Ich hab hier etwas drucken lassen, das wird später dann verteilt. Und da können Sie sehen, dass ich schon im April 1986 gesagt habe, dass der Bundespräsident, der Kandidat zur Bundespräsidentschaft, meschugge ist, und das hab ich wieder drucken lassen." (Bravorufe, Applaus).
Kurt Waldheim war sein liebster Feind, zumindest in den späten 80ern. Immer wieder hat Alfred Hrdlicka den umstrittenen österreichischen Bundespräsidenten wegen seiner NS-Vergangenheit attackiert - nur eine von vielen Fronten, die der Sohn einer kommunistischen Wiener Familie immer wieder aufgerissen hat.
Alfred Hrdlicka ist einer, der sich einmischt, künstlerisch wie politisch. Sein monumentales Mahnmal gegen Krieg und Faschismus auf dem Wiener Albertinaplatz beispielsweise, was gab es darum nicht für Konflikte? Noch heute verstören die erratischen Marmor- und Granitblöcke in nobelster Innenstadtlage, die an die Gräuel des Holocaust, an die Schrecknisse von Krieg und Nationalsozialismus erinnern sollen: das "Tor der Gewalt", der "Straßenwaschende Jude", der Marmorblock mit der eingemeißelten Regierungserklärung der wiedererstandenen Republik Österreich.
Alfred Hrdlicka: "Meine Liebe zur Linken ist unwiderruflich. Dass die Linken zum Teil sehr dumm und fraktionistisch sind, damit muss ich mich leider abfinden."
Alfred Hrdlicka ist nicht mehr der Gesündeste. Jahrzehntelang hat er - ohne Rücksicht auf sich und seinen Körper - mit Hammer und Meißel malocht, das hat Spuren hinterlassen. Eben erst hat der Künstler eine schwere Krankheit überwunden, auch die Knochen wollen nicht mehr so recht.
"Meine Wirbelsäule ist ein Trümmerhaufen. Ich habe nicht nur steingebildhauert, ich musste, bevor ich mein Geld als Künstler verdiente, auch schwere körperliche Arbeit verrichten. Das heißt: Ich bin jetzt ein bisschen reduziert, und so ist halt die Wirbelsäule völlig unberechenbar."
Kurz vor dem Interview lässt Alfred Hrdlicka sich ein Achtelglas Wodka servieren, eisgekühlt. Er stürzt das Destillat in einem Zug hinunter, das macht ihn fit, wie er behauptet.
"Wissen Sie, es ist eine Entspannung für Muskeln. Ich bin ja manchmal so hart wie Beton, da sorgt der Wodka für eine gewisse Spannungslösung in der Muskulatur."
Aus seiner Liebe zu Hochprozentigem hat der Künstler auch früher schon kein Hehl gemacht:
"Zwei Drittel der amerikanischen Nobelpreisträger für Literatur waren schwere Alkoholiker, Hemingway und ein paar andere, das waren wirklich schwere Säufer, mit denen kann ich mich nicht vergleichen. Aber eins ist klar: Unter allen Drogen finde ich den Wodka die schönste Droge."
Das künstlerische Oeuvre Alfred Hrdlickas ist durchaus umstritten: Ob das Friedrich-Engels-Denkmal in Wuppertal, das unvollendete Antikriegsmonument in Hamburg oder eben das "Mahnmal gegen Krieg und Faschismus" in Wien - seine wuchtig-grobschlächtigen Skulpturen sind für die einen Meisterwerke der Gegenständlichkeit, die anderen halten sie schlicht für plumpen, spätstalinistischen Kitsch.
Als "albanisch-türkischen Schwulstmeißler" hat Arnulf Rainer seinen Kollegen einmal verunglimpft. Solche Beschimpfungen haben Hrdlicka stets kalt gelassen. Der nunmehr 80-Jährige ist seinen Themen über die Jahrzehnte hinweg mit imponierender Sturschädeligkeit treu geblieben: Sexus und Geschlechterkampf, Tod, Krieg und Gewalt, kurzum: Eros und Thanatos - von diesen Dingen handeln Hrdlickas Arbeiten.
Alfred Hrdlicka: "Ich mache mich immer lustig über die Kunsthistoriker, die sagen: Ich bin ein gegenständlicher Künstler. Das ist absoluter Blödsinn, ich bin ein Menschenkünstler. Im Mittelpunkt meiner Kunst steht der Mensch. Ich lass mich nicht als Avantgardist verkaufen, oder als Pop-Art-Künstler, das interessiert mich nicht. Wenn ich etwas von Herzen hasse, dann ist das dieses grässliche Kunstbetriebsgeschwätz."
Und so hat sich Alfred Hrdlicka immer wieder mit eminent menschlichen Themen auseinandergesetzt in seiner Kunst, was eine Beschäftigung mit den dunklen, zerstörerischen Seiten des Menschen mit einschließt, etwa in seinen grellen Grafikzyklen über die "Französische Revolution" oder in der zeichnerischen Auseinandersetzung mit biblischen Motiven. Immer steht der Mensch im Zentrum von Hrdlickas Kunst. Der Abstraktion, so hat der Bildhauer und Grafiker stets betont, stehe er strikt ablehnend gegenüber.
"Zur Abstraktion hab ich keine Beziehung. Dass ein Bild unter anderem aus Flecken und Pinselstrichen besteht, ist ja klar. Ich kann aber keinen Sinn darin erkennen, die Flecken oder Pinselstriche aus dem Gesamtzusammenhang herauszulösen. Was soll das? Ich hab das immer ganz banal gesagt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich in der Früh aufsteh und ein Quadrat male, und am Abend lege ich mich zu Bett, um am nächsten Morgen wieder ein Quadrat zu malen. Wo liegt da der Sinn?"
Den Aufstieg der Linkspartei in Deutschland verfolgt Alfred Hrdlicka mit Sympathie. Schließlich seien er und seine Frau Angelina es gewesen, die Oskar Lafontaine und Gregor Gysi im Jahr 2000 zusammengebracht hätten, behauptet er. Wie bewertet der Bildhauer die Wahlchancen der Linkspartei in Zukunft?
"Na, hoffentlich sehr gut, denn ich war involviert, denn die Angelina, die ja hier neben mir sitzt, und ist mit mir vor einigen Jahren nach Saarbrücken geflogen, und wir haben Oskar Lafontaine dazu überredet, sich mit Gregor Gysi zu treffen. Da gehörte schon eine gewisse Hartnäckigkeit dazu, die beiden miteinander zu verkuppeln."
Das heißt: Alfred Hrdlicka ist seiner Selbsteinschätzung nach so etwas wie der Pate der Linkspartei?
"Ja, das bin ich. Und ich genieße das sehr, denn das politische Feld in Österreich war mir immer ein bisschen zu klein."
Und so vermag es nicht zu überraschen, dass sich zu Hrdlickas Geburtstagsfete am Mittwoch ein Ehrengast aus Saarbrücken angesagt hat: Oskar Lafontaine.