Der Leipziger Mendelssohn
Vor 200 Jahren wurde Felix Mendelssohn Bartholdy in Hamburg geboren. Eine seiner wichtigsten Lebensstationen war Leipzig. Mit nur 26 Jahren gibt er dort sein erstes Konzert als Gewandhaus-Kapellmeister und wurde begeistert gefeiert. Mit kurzen Unterbrechungen hatte er dieses Amt bis kurz vor seinem Tode inne. In dieser Zeit hat er vielfältige Spuren in der Stadt hinterlassen und maßgeblich ihren Ruf als Musikstadt geprägt.
"Mendelssohn hat in Leipzig auf ganz vielfältige Weise gewirkt, aber ich denke schon am wichtigsten ist seine Funktion als Gewandhauskapellmeister und man muss einfach sagen, er hat es in dieser Zeit geschafft, dem Orchester, ja, zu Weltruhm zu verhelfen. Das hatte vorher schon ein ziemlich gutes Niveau, aber er hatte einfach auch einige Neuerungen eingeführt. Zum Beispiel hat er gefordert, dass er die alleinige Leitung aller Stücke hatte. Die war also vorher getrennt, Vokalstücke, Instrumentalstücke, da teilten sich praktisch der Gewandhauskapellmeister und der Konzertmeister, die teilten sich da rein. Und Mendelssohn hat gesagt, nein, das soll alles in einer Hand liegen. Das war das eine. Zum anderen, er kannte viele Leute, auch sehr gute Interpreten, erstklassige Sängerinnen und hat die auch ans Gewandhaus verpflichtet."
Kerstin Sieblist, Leipziger Musikhistorikerin. Auch bei der Auswahl der aufgeführten Stücke ging Mendelssohn neue Wege und bot ein umfassendes Repertoire. Er spielte Liszt und Berlioz, obwohl sie nicht auf seiner Wellenlänge lagen, führte erstmals Schumanns Frühlingssinfonie auf - und natürlich auch zahlreiche eigene Kompositionen. Ein Novum zu seiner Zeit aber war, dass er die gängige Praxis, nämlich nur zeitgenössische Musik aufzuführen, durchbrach und auch Musik aus anderen Epochen spielte. Er führte die "historischen Konzerte" im Leipziger Gewandhaus ein.
"Es ist aber nicht so, dass Mendelssohn die alten Komponisten einfach nur so gespielt hat, sondern er hat sie schon in Beziehung zueinander gesetzt. Also richtig geordnet nach Epochen. 'Das war schon so gedacht, um die Zuhörer auch zu schulen, um zu sagen, es gibt eine musikhistorische Entwicklung, man kann die anhand der und der Stücke und Komponisten verfolgen."
So gab Mendelssohn Impulse, dass man sich der alten Komponisten wieder besann. Sein größtes Verdienst bei der Pflege des musikalischen Erbes ist aber mit Sicherheit die Wiederentdeckung und Wiederaufführung von Johann Sebastian Bachs Werk, das zu einer regelrechten Bach-Renaissance führte. Mendelssohn lernte ihn bereits als Kind kennen. Auch sein Lehrer und Leiter der Berliner Sing-Akademie, Carl Friedrich Zelter, brachte ihm Bach nahe. Zelter führte ihn auch - in kleinen Dosen - in Berlin auf.
In Leipzig wurde ebenfalls ein gewisses Bacherbe gepflegt, der Thomanerchor, den Bach jahrelang leitete, sang regelmäßig seine Motteten.
"Aber ein Werk wie die Matthäuspassion, das galt als unaufführbar oder als unzumutbar für die Zuhörer, dass die das so lange durchhalten. Zelter der hat eine Abschrift der Matthäuspassion gehabt, der hat die auch bewahrt, der wusste, das ist ein Schatz. Aber das war für ihn ein museales Stück und der war nie davon ausgegangen, dass das für die Welt von Interesse sein könnte. Und Mendelssohn hat das ganz anders gesehen. Der hat sich eine Partitur der Matthäuspassion zum Geburtstag gewünscht, hat sie auch geschenkt bekommen, hat sich dann jahrelang damit beschäftigt. Und das muss für ihn ne Offenbarung gewesen sein. Also der wollte, dass das wieder klingt und es ist ja dann auch wieder zum Klingen gekommen."
Der 20-jährige Mendelssohn setzte sich gegen den Widerstand seines Lehrers Zelter durch und leitete in der Berliner Singakademie die erste Aufführung der Matthäuspassion nach Bachs Tod. Und auch nach seinem Amtsantritt in Leipzig verhalf er dem großen Thomaskantor zu einer Renaissance und führte die Matthäuspassion in der Thomaskirche auf.
Aber Mendelssohn hat in Leipzig auch Spuren als Förderer junger Talente hinterlassen. Die Musikhochschule "Felix Mendelssohn Bartholdy", die es auch heute noch gibt, ist auf sein maßgebliches Mitwirken hin gegründet worden, es war die erste deutsche Musikakademie. Mendelssohn hat dort auch unterrichtet.
"Und es ist sehr schön, wir haben Prüfungsprotokolle, die zeigen ganz wunderbar, dass Mendelssohn also verschiedenen Schüler auch geprüft hat und sie beurteilt hat und da sehr differenzierte Kommentare gegeben hat. Die reichen von "sehr gutes Talent" bis "ist zu hart im Anschlag" oder hat überhaupt gar kein Talent". Also man kann sich so ein bisschen ein Bild machen, dass er schon genau auf den einzelnen eingegangen ist und er durchaus auch gesagt hat, wenn es ihm nicht gefallen hat."
Wenige Jahre nach Gründung der Musikakademie starb Mendelssohn an den Folgen eines Schlaganfalles in Leipzig. Bald nach seinem Tod wurde es ruhiger um den gefeierten Komponisten, berichtet Volker Rodekamp, Leiter des Stadtgeschichtlichen Museum Leipzig.
"Das hat etwas zu tun mit den historischen Prozessen in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts, in dieser eigentümlich sich langsam formierenden antisemitischen Stimmung auch in Deutschland. Und das hat ja vor den großen Kulturheroen überhaupt nicht halt gemacht. Richard Wagner zum Beispiel ist ein dezidierter Antisemit gewesen, der sich ja sogar auch gegen diese Musik im antisemitischen Sinne von Felix Mendelssohn Bartholdy geäußert hat und das hat natürlich im aufkeimenden Nationalismus im Ende des 19. Jahrhunderts auch dazu geführt, dass diese Musik Mendelssohns, ich sag' mal als nicht so deutsch empfunden wurde und, was zumindest die musikalische Tradition und die Musikpflege seines Werkes nicht gefördert hat."
Kerstin Sieblist, Leipziger Musikhistorikerin. Auch bei der Auswahl der aufgeführten Stücke ging Mendelssohn neue Wege und bot ein umfassendes Repertoire. Er spielte Liszt und Berlioz, obwohl sie nicht auf seiner Wellenlänge lagen, führte erstmals Schumanns Frühlingssinfonie auf - und natürlich auch zahlreiche eigene Kompositionen. Ein Novum zu seiner Zeit aber war, dass er die gängige Praxis, nämlich nur zeitgenössische Musik aufzuführen, durchbrach und auch Musik aus anderen Epochen spielte. Er führte die "historischen Konzerte" im Leipziger Gewandhaus ein.
"Es ist aber nicht so, dass Mendelssohn die alten Komponisten einfach nur so gespielt hat, sondern er hat sie schon in Beziehung zueinander gesetzt. Also richtig geordnet nach Epochen. 'Das war schon so gedacht, um die Zuhörer auch zu schulen, um zu sagen, es gibt eine musikhistorische Entwicklung, man kann die anhand der und der Stücke und Komponisten verfolgen."
So gab Mendelssohn Impulse, dass man sich der alten Komponisten wieder besann. Sein größtes Verdienst bei der Pflege des musikalischen Erbes ist aber mit Sicherheit die Wiederentdeckung und Wiederaufführung von Johann Sebastian Bachs Werk, das zu einer regelrechten Bach-Renaissance führte. Mendelssohn lernte ihn bereits als Kind kennen. Auch sein Lehrer und Leiter der Berliner Sing-Akademie, Carl Friedrich Zelter, brachte ihm Bach nahe. Zelter führte ihn auch - in kleinen Dosen - in Berlin auf.
In Leipzig wurde ebenfalls ein gewisses Bacherbe gepflegt, der Thomanerchor, den Bach jahrelang leitete, sang regelmäßig seine Motteten.
"Aber ein Werk wie die Matthäuspassion, das galt als unaufführbar oder als unzumutbar für die Zuhörer, dass die das so lange durchhalten. Zelter der hat eine Abschrift der Matthäuspassion gehabt, der hat die auch bewahrt, der wusste, das ist ein Schatz. Aber das war für ihn ein museales Stück und der war nie davon ausgegangen, dass das für die Welt von Interesse sein könnte. Und Mendelssohn hat das ganz anders gesehen. Der hat sich eine Partitur der Matthäuspassion zum Geburtstag gewünscht, hat sie auch geschenkt bekommen, hat sich dann jahrelang damit beschäftigt. Und das muss für ihn ne Offenbarung gewesen sein. Also der wollte, dass das wieder klingt und es ist ja dann auch wieder zum Klingen gekommen."
Der 20-jährige Mendelssohn setzte sich gegen den Widerstand seines Lehrers Zelter durch und leitete in der Berliner Singakademie die erste Aufführung der Matthäuspassion nach Bachs Tod. Und auch nach seinem Amtsantritt in Leipzig verhalf er dem großen Thomaskantor zu einer Renaissance und führte die Matthäuspassion in der Thomaskirche auf.
Aber Mendelssohn hat in Leipzig auch Spuren als Förderer junger Talente hinterlassen. Die Musikhochschule "Felix Mendelssohn Bartholdy", die es auch heute noch gibt, ist auf sein maßgebliches Mitwirken hin gegründet worden, es war die erste deutsche Musikakademie. Mendelssohn hat dort auch unterrichtet.
"Und es ist sehr schön, wir haben Prüfungsprotokolle, die zeigen ganz wunderbar, dass Mendelssohn also verschiedenen Schüler auch geprüft hat und sie beurteilt hat und da sehr differenzierte Kommentare gegeben hat. Die reichen von "sehr gutes Talent" bis "ist zu hart im Anschlag" oder hat überhaupt gar kein Talent". Also man kann sich so ein bisschen ein Bild machen, dass er schon genau auf den einzelnen eingegangen ist und er durchaus auch gesagt hat, wenn es ihm nicht gefallen hat."
Wenige Jahre nach Gründung der Musikakademie starb Mendelssohn an den Folgen eines Schlaganfalles in Leipzig. Bald nach seinem Tod wurde es ruhiger um den gefeierten Komponisten, berichtet Volker Rodekamp, Leiter des Stadtgeschichtlichen Museum Leipzig.
"Das hat etwas zu tun mit den historischen Prozessen in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts, in dieser eigentümlich sich langsam formierenden antisemitischen Stimmung auch in Deutschland. Und das hat ja vor den großen Kulturheroen überhaupt nicht halt gemacht. Richard Wagner zum Beispiel ist ein dezidierter Antisemit gewesen, der sich ja sogar auch gegen diese Musik im antisemitischen Sinne von Felix Mendelssohn Bartholdy geäußert hat und das hat natürlich im aufkeimenden Nationalismus im Ende des 19. Jahrhunderts auch dazu geführt, dass diese Musik Mendelssohns, ich sag' mal als nicht so deutsch empfunden wurde und, was zumindest die musikalische Tradition und die Musikpflege seines Werkes nicht gefördert hat."