Der letzte Wehrdienst

Von Michael Groth, Deutschlandradio Kultur |
Politisch nahezu unwidersprochen, von der Öffentlichkeit weitgehend positiv wahrgenommen: die Reform der Bundeswehr macht heute einen entscheidenden Schritt.
Bei gefüllter Staatskasse wäre die Reduzierung der Bundeswehr von 240.000 auf rund 170.000 Soldatinnen und Soldatinnen nicht so reibungslos verlaufen. Geschickt nutzt der Verteidigungsminister das Messer, das ihm sein Kollege aus dem Finanzressort vorhält.
Trotz gegenteiliger Bekundungen: Natürlich ist dies ein Schritt, der der Kassenlage folgt. Der Verteidigungshaushalt soll von 31,5 Milliarden Euro auf 27,6 Milliarden im Jahr 2014 gesenkt werden.

Dabei ist die Aussetzung der Wehrpflicht nur der erste Schritt. Folgen müssen eine schlankere Bürokratie, eine effizientere Kommandostruktur sowie eine konkrete Definition dessen, wozu und mit welchen Mitteln die Bundeswehr im kommenden Jahrzehnt fähig und einsatzbereit sein soll.

Die Beantwortung der Fragen, die sich in diesem Zusammenhang stellen, ist schwieriger als die Aussetzung der Wehrpflicht. Und schon hier gibt es genug Schwierigkeiten.

Wie, zum Beispiel, will man die geplante Reduzierung um 70. 000 Personen erreichen? Schon jetzt betrifft die Wehrpflicht nur einen kleinen Teil der jungen Männer. Auch nach der Aussetzung gibt es zu viele Berufs- und Zeitsoldaten. Deren Ausscheiden wird schwierig. Finanzielle Anreize werden notwendig. Auch deshalb ist nicht sicher, dass dieser Reformschritt sich in Euro und Cent auszahlt.

Es wäre aber falsch, die Verkleinerung der Bundeswehr nicht auch als Chance zu verstehen. Als Richtlinie gilt weiter: Die obere Grenze für andauernde Einsätze liegt bei 7.000, die für kürzere Einsätze bei 10.000 Soldaten. Dies in einer verkleinerten Truppe zu gewährleisten, heißt konkret: weniger Offiziere und mehr Mannschaften; weniger Berufs- und mehr Zeitsoldaten.

Standortschließungen werden unvermeidlich. Entscheidend ist, ob es gelingt, den Personalabbau aktiv und attraktiv zu gestalten. Die Soldaten, die sich für einen längeren Dienst verpflichten, müssen Perspektiven erkennen. Das reicht von der Gesundheitsvorsorge über die Vereinbarkeit von Familie und Beruf bis zu Fähigkeitsprofilen, die nach dem Ausscheiden aus der Truppe auch für die Wirtschaft interessant sind.

Nicht zuletzt von diesen Kriterien wird die Beachtung der Bundeswehr in der Gesellschaft abhängen. Das Militär muss sich als verantwortungsbewusster Arbeitgeber präsentieren. Die Führung des Ministeriums, voran der Minister, muss glaubwürdig erklären, warum, und mit welchem Ziel die Soldaten eingesetzt werden. Hier schlägt zu Guttenberg bislang die richtige Richtung ein.

Wie das Beispiel Afghanistan zeigt, ist diese Aufgabe indes sehr schwierig. Und in vielen Fällen parteipolitisch umstritten. Gelingen kann die Bundeswehrreform nur dann, wenn beides Hand in Hand geht: das Aussetzen der Wehrpflicht und ein von breitem Konsens getragenes Vertrauen in jene, die dem Land auch in Zukunft in Uniform dienen.

Eine Freiwilligenarmee als Staat im Staate nutzt niemandem.
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