Der Look von 1800

Von Imke Schridde |
Gartenkultur kann hohe Kunst sein: Die Hofgärtner - die leitenden Gärtner der Hohenzollern - spielten über Jahrhunderte hinweg eine führende Rolle in der deutschen und europäischen Gartenkunst. Deshalb hat die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten jetzt im Schloss Glienicke am Rand von Berlin das europaweit erste Hofgärtner-Museum eröffnet.
Manch ein Weg in einem alten Landschaftsgarten wirkt nur im Frühling. Und das liegt nicht allein an dem frischen Grün überall. Andere Wege strahlen im Winter oder verzaubern nur zu einer ganz bestimmten Tageszeit durch ihre Tiefe. Der Kurator und Gartenhistoriker Jörg Wacker sieht den preußischen Hofgärtner deshalb als eine Art Regisseur

"Das ist ein ganz wesentliches Mittel: Dass der Gärtner im Landschaftsgarten eine Tiefe vortäuscht optisch, die nicht real vorhanden ist. Also er arbeitet mit dem Licht und dem Schatten, der von Gehölzen ausgeht und schafft damit theatervorhangartig verschiedene Räume, die sich durch hell und dunkel abwechseln und dadurch länger wirken, als sie real vorhanden sind."

Zahlreiche Maler haben diese Wirkung festgehalten. Aber andersherum schauten sich die ersten Hofgärtner Gestaltungsideen bei Malern ab, die in ihren Ateliers imaginäre Gärten erschufen. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts hatte sich die Zunft des künstlerisch gestaltenden Hofgärtners gerade herausgebildet, als sie schon wieder in Bedrängnis geriet, so der Gartendirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, Michael Rohde:

"Als die ersten demokratischen Ansätze in den europäischen Staaten erfolgten, insbesondere auch in England, hat man in der Natur ein Freiheitssymbol gesehen, und man wollte nicht mehr in diesen architektonischen Formen des Barock Gärten anlegen. Damit hat sich aber die Aussage verbunden, dass sie ja wie Natur seien die Gärten, und dass das eigentlich keine Kunst sei. Aber Friedrich von Skell hat um 1800 gesagt: Die Kunst ist hier so gut versteckt, als ob sie wie Natur erscheint. Insofern ist die Gartenkunst eindeutig wieder gleichrangig zu sehen mit Baukunst, Dichtkunst, Musik und dergleichen."

Der kurpfälzische Hofgartenbaudirektor von Skell, und vor allem der Hofgärtner Peter Joseph Lenné machten sich stark für einen gemischten Stil: artifizielle Geometrie bestand hier neben Natürlichkeit. Auch Nutzpflanzen hatten ihren Platz: Friedrich II. zum Beispiel liebte Kirschen und Melonen aus dem eigenen Park. Um gartenbautechnisch immer auf dem neuesten Stand zu sein, existierte ein europaweit reger Gärtner-Austausch. Davon zeugen Reiserouten und Briefe in der unscheinbaren Ausstellung, in der man dennoch einige Grundlagen über die Hofgärtner-Zunft erfahren kann. Eindrücklich sind die ungemein plastischen, kolorierten Entwürfe der Gärtner, mit denen sie ihre Auftragsgeber zu begeistern suchten. Manchmal aber kam auch sofort - noch vor dem Zeichnen - die praktische Veranlagung zum Vorschein wie beim Hofgärtner Fürst Pückler.

Jan Uhlig: "Also Pückler war ja ein Radikaler. Er ist raus gegangen und hat sich quasi aus einem Wald nen Park zusammengeschlagen. Also er hat ja schon gesagt, das wichtigste Arbeitsgerät des Gärtners ist die Axt."

Jan Uhlig ist sozusagen der heutige Hofgärtner im Schlossgarten Glienicke. Der Landschaftsarchitekt leitet die Gärtner an, um den Look von 1800 zu pflegen. Weil die alten Gartenkünstler aber ab und an gern mal so intuitiv gearbeitet haben wie Herr von Pückler, stimmen manche Zeichnungen eben nicht ganz genau - was die konservatorische Arbeit zuweilen erschwert. Denn noch immer wird auch nach damaligen Plänen bepflanzt - im Frühjahr und Sommer.

"Da kann man schon Parallelen noch herstellen. Die Abläufe sind schon wie vor 100, 200 Jahren. Nur mit dem Unterschied, dass man früher mehr Personal hatte …"

… und dass der Hofgärtner inmitten des Landschaftsgartens wohnen durfte - meist in einem großzügigen Landhaus. Um die Pflege des Parks besser gewährleisten zu können - aber natürlich auch, um sich Tag und Nacht inspirieren zu lassen.


Service:

Geöffnet hat das Hofgärtner-Museum im Schloss Glienicke immer am Wochenende und an Feiertagen von 10 bis 17 Uhr, von Oktober bis April nur sonn- und feiertags.