Der Mann, der den Mainstream attackierte
William S. Burroughs gilt als eine der Ikonen der Beat-Generation. 1959 schrieb er mit "Naked Lunch" ein Werk, das zur Bibel von Revolutionären, Künstlern, Hippies und der Queer-Bewegung wurde. Der amerikanische Filmemacher Yoni Leyser widmet ihm seine Dokumentation.
Ein kleines Einfamilienhaus am Rande der Stadt, zwei Kinder im Garten und die Frau am Herd. So ungefähr sieht das puritanische US-amerikanische Idealbild Mitte des 20. Jahrhunderts aus. Kein Wunder, dass da die Literatur der Beat-Generation nicht so richtig passt. Denn die handelt von Aussteigern, Drogengenuss und Homosexualität, wendet sich gegen Normen, Bequemlichkeit und weiße Macht. Und William Seward Burroughs findet dazu die radikalsten Worte. Zuerst 1959 in "Naked Lunch", seinem Roman über Gewalt, Heroin und Wahnsinn. Aber ebenso später, zum Beispiel 1986, mit seinem "Erntedank-Gebet".
"Danke für den Truthahn und die Wandertauben, dazu bestimmt, aus gesunden amerikanischen Därmen geschissen zu werden. Danke für einen Kontinent, den wir plündern und vergiften können. Danke für die Indianer, die für ein Quäntchen Herausforderung und Gefahr sorgen. Danke für riesigen Bisonherden, die wir töten und häuten können, und deren Kadaver wir verrotten lassen. ... Danke für den amerikanischen Traum, den wir vulgarisieren und verfälschen, bis die nackten Lügen durchscheinen."
Regisseur Yoni Leyser beginnt zunächst chronologisch: erzählt wie Burroughs 1914 im Mittleren Westen in St. Louis in wohlhabenden Verhältnisse geboren wird, eine eher freudlose Jugend erlebt und in Harvard Medizin studiert. Nach einer Europareise geht er Anfang der 40er-Jahre nach New York, wo er Allen Ginsberg und Jack Kerouac kennenlernt. Gemeinsam experimentieren sie mit literarischen Formen und Drogen und mutieren zu einem Kulturphänomen, das als Beat-Generation bekannt wird. Formal bietet der Filmemacher eine konventionelle Dokumentation: Er zeigt alte Filmaufnahmen, Fotos und kurze Animationen und mischt sie mit historischen und neuen Interviews. Aber Yoni Leyser formt dabei ein ausgesprochen kurzweiliges Biopic und zeigt viel Gespür für die Brüche in Burroughs Charakter.
"Filmbiografien sind eine Form, Geschichte zu erhalten und zeigen, was sich davon in der heutigen Gesellschaft widerspiegelt. William Burroughs war einer der ersten, der der Queer-Culture in Amerika zum Durchbruch verhalf. Sein Roman 'Naked Lunch' wurde als obszön angesehen und ihm wurde Pädophilie vorgeworfen. Heutzutage sehen es viele Leute als selbstverständlich an, Bücher zu Themen wie Homosexualität zu schreiben. Aber das waren die Leute, die die Türen für viele Autoren erst öffneten, die wir heute anerkennen."
Zudem weist Leyser in den wenigen Kommentaren auf Missverständnisse hin, zum Beispiel dass Burroughs, obgleich im Zentrum der Beatniks stehend, sich ihnen nicht wirklich zugehörig fühlte. Er kam aus der Oberschicht, war ein Gentleman und rund zehn Jahre älter als Ginsberg und die anderen. Und seine Rückschläge mit Liebhabern ließen ihn zu einem distanziert-traurigen Mann werden. Leyser beschreibt Burroughs eher als eine Art Mentor der Beatniks. Und der Filmemacher John Waters ergänzt:
"Williams frühe Berühmtheit faszinierte jeden. Und er war für die falschen Dinge berühmt. Er war als erster für alle Dinge berühmt, die man verbarg. Er war schwul, ein Junkie und sah nicht gut aus. Er erschoss seine Frau und schrieb Gedichte über Arschlöcher und Heroin. Er war nicht gerade ein Sympathieträger."
Burroughs ist ein Waffennarr, der immer eine 38er bei sich trägt. Eine Vorliebe, die ihm beziehungsweise seiner Frau Joan 1951 zum Verhängnis wird. Bei einer Feier in Mexiko-Stadt spielen die beiden in angetrunkenem Zustand die Wilhelm-Tell-Szene nach.
""Sie stellte ein Glas Gin auf den Kopf, wandte sich ab und kicherte: Ich kann da nicht hingucken, ich kann doch kein Blut sehen. Burroughs schoss, verfehlte das Glas und traf Joan tödlich an der Stirn."
Die polizeiliche Untersuchung stellt einen Unfall fest und Burroughs wird freigelassen. Etwas verwirrend wirken einige zeitliche Sprünge im Film, und man hätte sich auch mehr Musik gewünscht. Zumal Burroughs Musiker wie Lou Reed, David Bowie, Frank Zappa, Kurt Cobain oder Joe Strummers beeinflusste. Spannend dagegen wirkt, wie der Film die Verbindung zwischen Beatniks und Punkrock zeigt. Punkrock, ein Frontalangriff gegen alle gesellschaftlichen Werte, sehnt sich hinter dem grellen Erscheinungsbild nach einer inneren Wahrheit und bezieht sich dabei auf die Beat-Generation. Eine sehenswerte biografische Analyse, in der sich auch die Rockpoetin Patti Smith an die 70er-Jahre in der New Yorker Punkszene erinnert.
"Er kam ständig in den CBGB-Club, wenn wir an unseren Sachen arbeiteten. ... Man sah ihn dasitzen wie ein König. ... Williams Zukunftsvision hatte Parallelen zum Punkrock: die Idee von einer Bande androgyner Seelen, die in einem Wahn in die Zukunft stürmen."
"Danke für den Truthahn und die Wandertauben, dazu bestimmt, aus gesunden amerikanischen Därmen geschissen zu werden. Danke für einen Kontinent, den wir plündern und vergiften können. Danke für die Indianer, die für ein Quäntchen Herausforderung und Gefahr sorgen. Danke für riesigen Bisonherden, die wir töten und häuten können, und deren Kadaver wir verrotten lassen. ... Danke für den amerikanischen Traum, den wir vulgarisieren und verfälschen, bis die nackten Lügen durchscheinen."
Regisseur Yoni Leyser beginnt zunächst chronologisch: erzählt wie Burroughs 1914 im Mittleren Westen in St. Louis in wohlhabenden Verhältnisse geboren wird, eine eher freudlose Jugend erlebt und in Harvard Medizin studiert. Nach einer Europareise geht er Anfang der 40er-Jahre nach New York, wo er Allen Ginsberg und Jack Kerouac kennenlernt. Gemeinsam experimentieren sie mit literarischen Formen und Drogen und mutieren zu einem Kulturphänomen, das als Beat-Generation bekannt wird. Formal bietet der Filmemacher eine konventionelle Dokumentation: Er zeigt alte Filmaufnahmen, Fotos und kurze Animationen und mischt sie mit historischen und neuen Interviews. Aber Yoni Leyser formt dabei ein ausgesprochen kurzweiliges Biopic und zeigt viel Gespür für die Brüche in Burroughs Charakter.
"Filmbiografien sind eine Form, Geschichte zu erhalten und zeigen, was sich davon in der heutigen Gesellschaft widerspiegelt. William Burroughs war einer der ersten, der der Queer-Culture in Amerika zum Durchbruch verhalf. Sein Roman 'Naked Lunch' wurde als obszön angesehen und ihm wurde Pädophilie vorgeworfen. Heutzutage sehen es viele Leute als selbstverständlich an, Bücher zu Themen wie Homosexualität zu schreiben. Aber das waren die Leute, die die Türen für viele Autoren erst öffneten, die wir heute anerkennen."
Zudem weist Leyser in den wenigen Kommentaren auf Missverständnisse hin, zum Beispiel dass Burroughs, obgleich im Zentrum der Beatniks stehend, sich ihnen nicht wirklich zugehörig fühlte. Er kam aus der Oberschicht, war ein Gentleman und rund zehn Jahre älter als Ginsberg und die anderen. Und seine Rückschläge mit Liebhabern ließen ihn zu einem distanziert-traurigen Mann werden. Leyser beschreibt Burroughs eher als eine Art Mentor der Beatniks. Und der Filmemacher John Waters ergänzt:
"Williams frühe Berühmtheit faszinierte jeden. Und er war für die falschen Dinge berühmt. Er war als erster für alle Dinge berühmt, die man verbarg. Er war schwul, ein Junkie und sah nicht gut aus. Er erschoss seine Frau und schrieb Gedichte über Arschlöcher und Heroin. Er war nicht gerade ein Sympathieträger."
Burroughs ist ein Waffennarr, der immer eine 38er bei sich trägt. Eine Vorliebe, die ihm beziehungsweise seiner Frau Joan 1951 zum Verhängnis wird. Bei einer Feier in Mexiko-Stadt spielen die beiden in angetrunkenem Zustand die Wilhelm-Tell-Szene nach.
""Sie stellte ein Glas Gin auf den Kopf, wandte sich ab und kicherte: Ich kann da nicht hingucken, ich kann doch kein Blut sehen. Burroughs schoss, verfehlte das Glas und traf Joan tödlich an der Stirn."
Die polizeiliche Untersuchung stellt einen Unfall fest und Burroughs wird freigelassen. Etwas verwirrend wirken einige zeitliche Sprünge im Film, und man hätte sich auch mehr Musik gewünscht. Zumal Burroughs Musiker wie Lou Reed, David Bowie, Frank Zappa, Kurt Cobain oder Joe Strummers beeinflusste. Spannend dagegen wirkt, wie der Film die Verbindung zwischen Beatniks und Punkrock zeigt. Punkrock, ein Frontalangriff gegen alle gesellschaftlichen Werte, sehnt sich hinter dem grellen Erscheinungsbild nach einer inneren Wahrheit und bezieht sich dabei auf die Beat-Generation. Eine sehenswerte biografische Analyse, in der sich auch die Rockpoetin Patti Smith an die 70er-Jahre in der New Yorker Punkszene erinnert.
"Er kam ständig in den CBGB-Club, wenn wir an unseren Sachen arbeiteten. ... Man sah ihn dasitzen wie ein König. ... Williams Zukunftsvision hatte Parallelen zum Punkrock: die Idee von einer Bande androgyner Seelen, die in einem Wahn in die Zukunft stürmen."