Der Mann, der die Blitze fing

Von Uwe Pralle |
Benjamin Franklin hat viel zum internationalen Ansehen der Vereinigten Staaten von Amerika beigetragen. 300 Jahre nach seiner Geburt sind in aller Welt noch immer Krankenhäuser, Bibliotheken und Straßen nach ihm benannt. Der Buchdrucker, Erfinder, Schriftsteller und Politiker stand mit seinen Entdeckungen an der Wiege eines neuen Zeitalters.
"Er entriss dem Himmel den Blitz, den Tyrannen das Szepter."

Mit diesen Worten begrüßte D’Alembert, der französische Mathematiker und Philosoph, Benjamin Franklin, als er in die französische Akademie aufgenommen wurde. Ende des 18. Jahrhunderts, nach dem amerikanischen Unabhängigkeitskrieg, gab es in Europa viele solcher Hymnen.

"Man wünschte den Amerikanern alles Glück, und die Namen Franklin und Washington fingen an, am politischen und kriegerischen Himmel zu glänzen und zu funkeln."

… schrieb Goethe in "Dichtung und Wahrheit", der sich auch erinnerte:

"Schon als Kind begegnete mir Franklins Lehre von der Elektrizität, welches Gesetz er damals soeben gefunden hatte."

Was "Franklin den Quäker", wie er wegen seines schlichten braunen Wollanzugs mit dem Quäkerhut damals in Europa genannt wurde, zuallererst populär machte, war die Erfindung des Blitzableiters. Allerdings hat es gedauert, bis seine Grundlagen der Elektrizitätslehre sich in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in Europa durchsetzten. Benjamin Franklin, der am 17. Januar 1706 in Boston, Massachusetts, geborene Buchdrucker, Erfinder, Schriftsteller und Politiker, war ein Autodidakt – und wie sollte ein solcher Selfmademan aus der Wildnis Amerikas den etablierten Wissenschaftlern Europas einen Schritt voraus sein können? Doch kündigte sich in ihm schon an, wie sehr sich die Gewichte zwischen der Neuen und Alten Welt verschieben sollten.

Zeit für seine manchmal nicht ungefährlichen Experimente etwa mit elektrischen Drachen fand Franklin, weil sein Erfolg als Buchdrucker und Zeitungsherausgeber schnell so groß war, dass er die Tagesgeschäfte anderen überlassen konnte. Vor allem ein Almanach, der "Arme Richard", erreichte hohe Auflagen und begründete seinen Reichtum. Das amerikanische Erfolgsdenken brachte Franklin erstmals auf einen Nenner:

"Time is money – Bedenke, dass die Zeit Geld ist!"

… lautete schon 1736 seine Parole, die nach wie vor den Takt eines damals neuen Zeitalters angibt, und rückblickend hat er geschrieben:

"Ich erprobte also ebenfalls die Wahrheit der Beobachtung: Hat man einmal die ersten hundert Pfund vor sich gebracht, so ist es weit leichter, das zweite Hundert zu verdienen, weil das Geld selbst von fruchtbarer Natur ist."

Als reicher Geschäftsmann widmete Franklin sich dem "Allgemeinwohl", wie damals die Politik genannt wurde. In Philadelphia, das zu seiner Heimatstadt wurde, gründete er die erste Feuerwehr und öffentliche Bibliothek Amerikas, führte "Hospitäler für jedermann" ein und sorgte dafür, dass die Straßen gepflastert wurden. Wie schon beim Blitzableiter war Franklin ein höchst pragmatischer Weltverbesserer.

Doch den größten Ruhm erwarb er sich durch seine Rolle bei den Unabhängigkeitsbestrebungen der 13 amerikanischen Kolonien. Als in den 1750er Jahren die ersten Konflikte mit dem britischen Mutterland um die Besteuerung der Kolonien begannen, war er es, der in London den Standpunkt der Kolonien vertrat. Weit über 20 Jahre verbrachte er in Europa.

Den Bruch mit England konnte er nicht verhindern, obwohl er es in London jahrelang hartnäckig versucht hatte. Als der Krieg unvermeidlich wurde, entwarf er jedoch mit Thomas Jefferson und John Adams die Unabhängigkeitserklärung, und als Gesandter der vereinigten 13 Staaten sorgte er, der mit Voltaire befreundet war, in Paris für die kriegsentscheidende Unterstützung Frankreichs.

Heute ist Benjamin Franklin in den USA zwar nicht mehr in aller Munde, doch immerhin noch in vielen Händen: Sein Konterfei befindet sich nämlich auf einem Geldschein, anders als George Washington allerdings, der den Dollar schmückt, auf der 100-Dollar-Note.