Der Mann hinter dem Strich
Vor fünf Jahren veröffentlichte der dänische Karikaturist Kurt Westergaard in der Zeitung "Jyllands Posten" eine Zeichnung von einem Muslim mit Bombe im Turban. Kurz darauf begann der Karikaturenstreit und Westergaards Leben war komplett umgekrempelt. Jetzt hat er seine Autobiographie veröffentlicht.
Das Bild war symbolisch. Schon Stunden bevor Kurt Westergaard seine Autobiografie präsentierte, wurde der Ort der Veranstaltung von Polizisten und Spürhunden durchkämmt. Selbst während Westergaard der Öffentlichkeit sein Buch vorstellte, war er von Beamten des dänischen Personenschutzes umringt. Der 75-Jährige bemühte sich dennoch um Gelassenheit:
"Selbst ins Altenheim werden mich die Personenschützer begleiten. Und sollten mich die Schwestern dort nicht ordentlich behandeln, werden sie angeklagt wegen des Verstoßes gegen das Terrorgesetz."
Doch warum dieses Buch? Warum knapp 300 Seiten Kurt Westergaard? Warum noch einmal rund 80 Karikaturen, darunter auch die eine umstrittene, wenn Westergaard selbst sein Leben als gewöhnlich, ja banal bezeichnet?
Wahrscheinlich ist es am Ende die schlichte Tatsache, sich doch noch einmal zu erklären, für den eigenen Standpunkt zu werben. Denn nicht wenige Dänen sind den Karikaturenstreit inzwischen leid. Nicht wenige von ihnen geben Westergaard und Jyllands-Posten die Schuld daran, dass das einst so beschauliche Dänemark heute zu einem wiederholten Terrorziel geworden ist. Eine Umkehr der Tatsachen, findet Westergaard:
"Viele Menschen haben Angst, viele meinen, Karikaturen sowie der Kampf für die Meinungsfreiheit könne Terrorhandlungen provozieren. Ich kann diese Angst verstehen, finde sie aber auch moralisch fragwürdig. Man kann mich doch nicht mit Terroristen auf eine Stufe stellen. Ich habe nichts Unerlaubtes getan. Wer in diesen Bahnen denkt, rechtfertigt den Terror und leistet Terroristen quasi einen Vorwand. Das aber kann nicht angehen."
Einmal mehr betonte Westergaard, er akzeptiere den Islam als Teil der westlichen Gesellschaften. Satire grenze nicht aus, sondern sei ein Zeichen von Anerkennung. In Dänemark gebe es Tabus weder vor Königin, Regierung oder Kirche – und somit könne auch der Prophet karikiert werden. Davon abgesehen aber, so unterstrich Westergaard auch heute wieder, werde seine Zeichnung generell falsch verstanden:
"Ich habe nie gesagt, dass ich den Propheten Mohammed gezeichnet habe. Vielmehr greift das Motiv die Tatsache auf, dass es Terroristen gibt, die sich auf den Islam berufen, die aus dem Koran ihre geistige Nahrung beziehen. Das aber wird einfach nicht wahrgenommen. Im Grunde genommen drücke ich aus, dass Terroristen den Propheten als Geisel genommen haben. Sie sind es, die ihm eine Bombe in den Turban gesteckt haben."
Westergaard selbst will sich auch künftig in die öffentliche Debatte einmischen, wird einen Fonds ins Leben rufen, der Menschen im Kampf für die Meinungsfreiheit unterstützen soll. Denn seine Karikatur sei im Grunde nur ein Symbol. Viel wichtiger sei die grundsätzliche Auseinandersetzung dahinter:
"Die Karikatur war nur ein Katalysator, die den Prozess beschleunigte. Der Zusammenstoß zwischen der muslimischen Kultur und der westlichen, christlich-demokratischen wäre so oder so gekommen. Diesen Kampf müssen wir führen, aber natürlich mit friedlichen Mitteln."
Erstaunlich vor allem wohl für ein deutsches Publikum ist die Tatsache, dass sich die Reden, die Bundeskanzlerin Angela Merkel und Laudator Joachim Gauck bei der Verleihung des Medienpreises M100 an Kurt Westergaard im September in Potsdam hielten, im Buch in voller Länge wiederfinden. Westergaard zeigte sich sichtlich beeindruckt, dass ihm eine solche Anerkennung noch zu Teil wurde. Eine Anerkennung, die ihn für mancherlei Anfeindung im eigenen Lande entschädigen mag.
"Gerade unter den Intellektuellen nimmt die Selbstzensur zu – viel mehr, als viele sich das vorstellen. Im Unterschied zur richtigen Zensur aber ist die Selbstzensur unsichtbar, sie findet in den Köpfen statt. Und das ist das Gefährliche. Man weiß nie, wann diese Selbstzensur vorhanden ist und wie sie sich gesellschaftlich auswirkt."
Und noch ein weiteres Trostpflaster wird Westergaard bleiben. Die Erstauflage seines Buches, das erst am Freitag herauskam, ist bereits vergriffen. Offenbar gibt es doch noch genügend Dänen, die sich für Westergaards Leben und sein Eintreten für die Meinungsfreiheit interessieren.
"Selbst ins Altenheim werden mich die Personenschützer begleiten. Und sollten mich die Schwestern dort nicht ordentlich behandeln, werden sie angeklagt wegen des Verstoßes gegen das Terrorgesetz."
Doch warum dieses Buch? Warum knapp 300 Seiten Kurt Westergaard? Warum noch einmal rund 80 Karikaturen, darunter auch die eine umstrittene, wenn Westergaard selbst sein Leben als gewöhnlich, ja banal bezeichnet?
Wahrscheinlich ist es am Ende die schlichte Tatsache, sich doch noch einmal zu erklären, für den eigenen Standpunkt zu werben. Denn nicht wenige Dänen sind den Karikaturenstreit inzwischen leid. Nicht wenige von ihnen geben Westergaard und Jyllands-Posten die Schuld daran, dass das einst so beschauliche Dänemark heute zu einem wiederholten Terrorziel geworden ist. Eine Umkehr der Tatsachen, findet Westergaard:
"Viele Menschen haben Angst, viele meinen, Karikaturen sowie der Kampf für die Meinungsfreiheit könne Terrorhandlungen provozieren. Ich kann diese Angst verstehen, finde sie aber auch moralisch fragwürdig. Man kann mich doch nicht mit Terroristen auf eine Stufe stellen. Ich habe nichts Unerlaubtes getan. Wer in diesen Bahnen denkt, rechtfertigt den Terror und leistet Terroristen quasi einen Vorwand. Das aber kann nicht angehen."
Einmal mehr betonte Westergaard, er akzeptiere den Islam als Teil der westlichen Gesellschaften. Satire grenze nicht aus, sondern sei ein Zeichen von Anerkennung. In Dänemark gebe es Tabus weder vor Königin, Regierung oder Kirche – und somit könne auch der Prophet karikiert werden. Davon abgesehen aber, so unterstrich Westergaard auch heute wieder, werde seine Zeichnung generell falsch verstanden:
"Ich habe nie gesagt, dass ich den Propheten Mohammed gezeichnet habe. Vielmehr greift das Motiv die Tatsache auf, dass es Terroristen gibt, die sich auf den Islam berufen, die aus dem Koran ihre geistige Nahrung beziehen. Das aber wird einfach nicht wahrgenommen. Im Grunde genommen drücke ich aus, dass Terroristen den Propheten als Geisel genommen haben. Sie sind es, die ihm eine Bombe in den Turban gesteckt haben."
Westergaard selbst will sich auch künftig in die öffentliche Debatte einmischen, wird einen Fonds ins Leben rufen, der Menschen im Kampf für die Meinungsfreiheit unterstützen soll. Denn seine Karikatur sei im Grunde nur ein Symbol. Viel wichtiger sei die grundsätzliche Auseinandersetzung dahinter:
"Die Karikatur war nur ein Katalysator, die den Prozess beschleunigte. Der Zusammenstoß zwischen der muslimischen Kultur und der westlichen, christlich-demokratischen wäre so oder so gekommen. Diesen Kampf müssen wir führen, aber natürlich mit friedlichen Mitteln."
Erstaunlich vor allem wohl für ein deutsches Publikum ist die Tatsache, dass sich die Reden, die Bundeskanzlerin Angela Merkel und Laudator Joachim Gauck bei der Verleihung des Medienpreises M100 an Kurt Westergaard im September in Potsdam hielten, im Buch in voller Länge wiederfinden. Westergaard zeigte sich sichtlich beeindruckt, dass ihm eine solche Anerkennung noch zu Teil wurde. Eine Anerkennung, die ihn für mancherlei Anfeindung im eigenen Lande entschädigen mag.
"Gerade unter den Intellektuellen nimmt die Selbstzensur zu – viel mehr, als viele sich das vorstellen. Im Unterschied zur richtigen Zensur aber ist die Selbstzensur unsichtbar, sie findet in den Köpfen statt. Und das ist das Gefährliche. Man weiß nie, wann diese Selbstzensur vorhanden ist und wie sie sich gesellschaftlich auswirkt."
Und noch ein weiteres Trostpflaster wird Westergaard bleiben. Die Erstauflage seines Buches, das erst am Freitag herauskam, ist bereits vergriffen. Offenbar gibt es doch noch genügend Dänen, die sich für Westergaards Leben und sein Eintreten für die Meinungsfreiheit interessieren.