Der Meister der Illusion

Von Elmar Krämer |
Ob blutige Wunde, hässliches Monster oder bezaubernde Fee – der international erfolgreiche Maskenbildner Hasso von Hugo gibt in der von ihm gegründeten Schule sein Schminkwissen an den Nachwuchs weiter.
"Guten Morgen, Hasso!"

Hasso von Hugo wirkt zufrieden. Menschen mit schweren Brand- und Schnittwunden kommen ihm auf dem Flur entgegen, mittelalterlich zurechtgemachte Damen mit eleganter Schminke und aufwendigen Frisuren grüßen ihn freundlich. Monster mit abgesägten Hörnern, rüsselartigen Nasen, spitzen Ohren und mit langen Krallen an haarigen Händen klopfen ihm auf die Schulter.

"Wir sind dafür zuständig, alles was aus dem Kleid guckt, also Arme Hände, Beine, da werden neue Füße gemacht, oder ein Klumpfuß für den Teufel alles was damit zu tun hat, dafür sind wir zuständig, desto nackter desto aufwendiger."

Er selbst sieht ganz normal aus: Hasso von Hugo hat grau-blaue Augen, halblanges graues Haar, dunkle Augenbrauen und einen dunklen Schnurrbart. Stolz führt er durch Klassenräume seiner Maskenbildnerschule in Berlin Tiergarten und gibt hier und da Tipps:

"Was machst Du? Alt…Die Glatze, die Stirn ist gut, die Seiten nicht… ich weiß…"

Geboren wird Hasso von Hugo 1946 in Köln. Sein Vater ist Kaufmann, seine Mutter Buchhalterin beim WDR. Bei einem Tag der offenen Tür spaziert sie durch die Gänge des Funkhauses und stößt auf einen Löwenkopf. Der hängt vor einer Werkstatttür:

"Meine Mutter fand das ganz spannend und ist dann da rein gegangen und sagte, wer sind denn sie? Bauen sie so ne Löwen? - Ja wir sind die Maskenbildner. – Ja wie, was sind denn Maskenbildner? Wir schminken machen Wunden bauen Löwenköpfe, wir frisieren.. – und dann hat sie gesagt: das ist aber was für meinen Sohn. Abends ist sie dann nach Hause gekommen und hat gesagt, ich weiß jetzt was du wirst, du wirst Maskenbildner. Da hab ich gesagt, ja ok. Ich hatte keinen Schimmer, was ich werden wollte, hätte meine Mutter gesagt, du gehst zur Stadtreinigung wäre ich auch zur Stadtreinigung gegangen."

Voraussetzung für die Ausbildung zum Maskenbildner beim WDR ist allerdings eine Friseurlehre – nichts, womit Hasso von Hugo bei seinen Freunden Eindruck schinden kann:

"Das hab ich verschwiegen, weil das war mir peinlich – n Mann und Friseur und so. Aber nachdem ich dann beim Fernsehen war, da war ich der Hit."

Mit Sportreportern und Fernsehansagerinnen fängt die Kariere an: Haare frisieren, Gesichter pudern – die großen Herausforderungen sind noch nicht dabei. Mit 22 wechselt er ans Schauspielhaus in Hamburg – und merkt, dass es noch viel zu lernen gibt:

"Bin dann zwei Jahre in Hamburg geblieben, und hatte einen tollen Chefmaskenbildner Herbert Lenkeit, den ich heute noch verehre und von dem ich alles gelernt habe und der hat erstmal gesagt, ich kann gar nichts."

Auf dem Boden der Tatsachen angekommen, geht von Hugo nach Berlin, fünf Jahre arbeitet er am Schillertheater. Da wird der Posten des Chefmaskenbildners frei – doch von Hugo bekommt ihn nicht:

"Darauf war ich so wütend und hab gekündigt. Ich hab alles verkauft und bin erstmal eineinhalb Jahre durch Asien getrampt."

Der Ausstieg soll für Hasso von Hugo der Einstieg ins große Geschäft werden – denn auf seien Reisen lernt er Englisch. Als er wieder zurück ist, bekommt er einen Anruf des Produktionsleiters einer großen amerikanischen Produktion:

"Der hat nicht nach meiner Qualifikation gefragt, sondern ob ich Englisch spreche. Da hat er gesagt, die Amerikaner drehen hier so ein Ding das heißt Holocaust und ob ich das machen wollte."

Der 32-jährige Maskenbildner will - und macht seine Sache gut. Mit seiner Arbeit für die Erfolgsserie Holocaust macht sich der Maskenbildner auch in Amerika einen Namen:

"Auf einmal bekam ich Anrufe von Paramount, MGN, Warner Bros… die riefen an und haben gefragt, ob ich denen einen Film mache. Dann hieß es Jeff Bridges, Audrey Hepburn, Marlon Brando und ich kriegte einen Herzanfall nach dem anderen und ich war natürlich wahnsinnig stolz, dass ich das machen durfte und dass die mich dafür haben wollten."

Für seine Arbeit beim Film "Der Name der Rose" mit Sean Connery bekommt Hasso von Hugo 1987 als erster Maskenbildner den Bundesfilmpreis und einen britischen Filmpreis.

"Ich bleib mal bei Name der Rose... alle haben mich auf den Salvatore angesprochen... aber bei dem Franziskanermönch dachten alle, wir hätten einen alten Schauspieler genommen, dass ich da auch drei Stunden gemacht habe, hat keiner gesehen... fürs Image schade, aber als Anspruch an meine Arbeit ist das das Beste, weil alle geglaubt haben, der ist so."

Hasso von Hugo ist viel in der Welt unterwegs und immer wieder fällt im auf, dass die Maskenbildnerausbildung in anderen Ländern viel besser strukturiert ist, als in Deutschland – das will er ändern.

"Da habe ich mir ein Konzept überlegt- wenn ich damit anfange, dann müsste dis kommen und dis kommen- und dann habe ich mir gesagt, jetzt bin ich schon so weit, vielleicht sollte ich so eine Schule machen."

Das ist jetzt 22 Jahre her – seit dem bildet Hasso von Hugo Maskenbildner aus, betreut internationale Produktionen und hat etliche Megastars in der Maske gehabt. Eine Sache aber immer gleich geblieben – einfach mal so einen Film gucken – das ist schwer.

"Wenn ich dann eine spannende Sache sehe und ich weiß nicht, wie die das gemacht haben, dann bin ich frustriert. Dann überlege ich die ganze Zeit, wie können die das gemacht haben. Wenn ich dann dahinter komme, dann kann ich auch den Film wieder relaxter sehen."