Der Mikrokredit nur eine Mogelpackung?
Die Idee war vielversprechend: Kleinunternehmer in Entwicklungsländern bekommen einen kleinen Kredit, mit dem sie ihr Geschäft ausbauen können. Doch inzwischen ist der sogenannte Mikrokredit in Verruf geraten. Halsabschneider versuchen, die meist weiblichen Kreditnehmer auszubeuten.
Ein paar Hühner laufen noch vor dem Haus von Nancy Nyokabi in einem Dorf in Kenia herum. Aber viel ist ihr nicht geblieben. Die 37-Jährige baut Gemüse an und verkauft Eier. Früher hat sie damit ganz gut verdient. Doch seit Nancy einen Kleinkredit aufnahm, kämpft sie nur noch gegen Schulden. Der Kenya Women Finance Trust, eine Finanzierungsorganisation für Frauen, hatte ihr Geld geliehen – aber nicht erklärt, wie sie damit umgehen sollte.
"Wir hatten nur ein kurzes Training – es war nicht genug. Sie haben sich auch nie erkundigt, wie ich vorankomme. Ihnen ging es nur ums Geld."
Nancy kaufte von dem Kredit mehr Hühner und einige Ziegen. Doch die Hühner wurden krank und starben. Die Ziegen fielen in einen Brunnen und ertranken. Die Farmerin musste Zahlungen schuldig bleiben. Da kamen Geldeintreiber in ihr Haus.
"Ich habe ihnen gesagt, dass ich bald zahlen kann. Und ich habe dann auch eine Rate überwiesen. Aber sie kommen trotzdem immer wieder. Jede Minute sind sie da. Sie drohen, dass sie mich nachts besuchen und dann meine Türen und Fenster mitnehmen."
Klassische Methoden von Drückerkolonnen. Nancy kann aus Angst nicht mehr schlafen. Ihrer Bekannten Mary Njoki geht es ganz ähnlich. Sie nahm Geld auf, um ihren kleinen Laden auszubauen. Der Kenya Women Finance Trust lieh ihr sogar umgerechnet 1.000 Euro – in Kenia ein Vermögen. Als sie eine Rate schuldig blieb, verlangte die Mikrokredit-Organisation ein hohes Strafgeld. Marys Ausstände verdoppelten sich.
"Als ich nicht zahlen konnte, haben sie gesagt, dass sie meine Sachen verkaufen. Nach einer Woche sind sie zu meinem Haus gekommen und haben alles genommen. Sie haben meine Möbel verkauft – zu einem Schleuderpreis. Das Geld aus dem Verkauf hat die Schulden immer noch nicht gedeckt."
Die beiden Sofas, der Fernseher, der Kleiderschrank – alles ist weg. Mary lebt wie eine Bettlerin. Sie ist auf Unterstützung von Verwandten und Freunden angewiesen, um ihren drei Kindern noch etwas zu essen kaufen zu können.
Die beiden Frauen haben ihre Erfahrungen einer Gruppe von Studenten aus Trier erzählt. Unter Leitung von Professor Johannes Michael Nebe forschen sie zum Thema Mikrokredite in Kenia. Der Wissenschaftler hätte selbst nicht erwartet, dabei auf so erschütternde Geschichten zu stoßen.
"Es ist ein ganz übles Geschäft. Wenig Aufklärung. Wenig Beratung. Einfach geben das Geld, um dann zu sehen, wie kriege ich es wieder. Indem man Haushalte plündert. Nachts einbricht. Das ist schon traurig."
Kleinkredite galten lange Zeit als Wunderwaffe der Entwicklungshilfe. 2006 bekam der Wirtschaftswissenschaftler Muhammad Yunus aus Bangladesh mit seiner Bank für Mikrodarlehen den Friedensnobelpreis. Doch inzwischen gibt es in der Branche zu viele Halsabschneider, meint der Trierer Professor. Der Kenya Women Finance Trust scheint zumindest in dieser Region Kenias dazu zu gehören. Eine Stellungnahme wollte die Organisation nicht abgeben.
"Wir haben sie schon zu Beginn kontaktiert, da wurde jeder Kontakt abgelehnt. Wir haben jetzt diese traurigen Fälle in Gilgil. Und da haben sie mit Rechtsanwälten gedroht, wenn wir das irgendwie publizieren. Und das lassen wir ja eigentlich nicht zu. Das sind ja schon traurige Indikatoren, dass man einfach das ablehnt."
Die Gruppe der Universität Trier wird die Geschichten von Nancy, Mary und anderen veröffentlichen, um ein Problembewusstsein zu schaffen und vielleicht etwas zu ändern. Mikrokredite sind kein Allheilmittel sondern können im Gegenteil manchmal zum Verhängnis werden – das ist das Ergebnis ihrer Studie. Auch den beiden Frauen ist das inzwischen bewusst. Nancy hofft nur noch, dass die Schulden irgendwann abbezahlt sind – und sie wieder in Ruhe schlafen kann.
"Ich werde nie mehr Geld leihen. Der Kredit hat mich wirklich, wirklich arm gemacht."
"Wir hatten nur ein kurzes Training – es war nicht genug. Sie haben sich auch nie erkundigt, wie ich vorankomme. Ihnen ging es nur ums Geld."
Nancy kaufte von dem Kredit mehr Hühner und einige Ziegen. Doch die Hühner wurden krank und starben. Die Ziegen fielen in einen Brunnen und ertranken. Die Farmerin musste Zahlungen schuldig bleiben. Da kamen Geldeintreiber in ihr Haus.
"Ich habe ihnen gesagt, dass ich bald zahlen kann. Und ich habe dann auch eine Rate überwiesen. Aber sie kommen trotzdem immer wieder. Jede Minute sind sie da. Sie drohen, dass sie mich nachts besuchen und dann meine Türen und Fenster mitnehmen."
Klassische Methoden von Drückerkolonnen. Nancy kann aus Angst nicht mehr schlafen. Ihrer Bekannten Mary Njoki geht es ganz ähnlich. Sie nahm Geld auf, um ihren kleinen Laden auszubauen. Der Kenya Women Finance Trust lieh ihr sogar umgerechnet 1.000 Euro – in Kenia ein Vermögen. Als sie eine Rate schuldig blieb, verlangte die Mikrokredit-Organisation ein hohes Strafgeld. Marys Ausstände verdoppelten sich.
"Als ich nicht zahlen konnte, haben sie gesagt, dass sie meine Sachen verkaufen. Nach einer Woche sind sie zu meinem Haus gekommen und haben alles genommen. Sie haben meine Möbel verkauft – zu einem Schleuderpreis. Das Geld aus dem Verkauf hat die Schulden immer noch nicht gedeckt."
Die beiden Sofas, der Fernseher, der Kleiderschrank – alles ist weg. Mary lebt wie eine Bettlerin. Sie ist auf Unterstützung von Verwandten und Freunden angewiesen, um ihren drei Kindern noch etwas zu essen kaufen zu können.
Die beiden Frauen haben ihre Erfahrungen einer Gruppe von Studenten aus Trier erzählt. Unter Leitung von Professor Johannes Michael Nebe forschen sie zum Thema Mikrokredite in Kenia. Der Wissenschaftler hätte selbst nicht erwartet, dabei auf so erschütternde Geschichten zu stoßen.
"Es ist ein ganz übles Geschäft. Wenig Aufklärung. Wenig Beratung. Einfach geben das Geld, um dann zu sehen, wie kriege ich es wieder. Indem man Haushalte plündert. Nachts einbricht. Das ist schon traurig."
Kleinkredite galten lange Zeit als Wunderwaffe der Entwicklungshilfe. 2006 bekam der Wirtschaftswissenschaftler Muhammad Yunus aus Bangladesh mit seiner Bank für Mikrodarlehen den Friedensnobelpreis. Doch inzwischen gibt es in der Branche zu viele Halsabschneider, meint der Trierer Professor. Der Kenya Women Finance Trust scheint zumindest in dieser Region Kenias dazu zu gehören. Eine Stellungnahme wollte die Organisation nicht abgeben.
"Wir haben sie schon zu Beginn kontaktiert, da wurde jeder Kontakt abgelehnt. Wir haben jetzt diese traurigen Fälle in Gilgil. Und da haben sie mit Rechtsanwälten gedroht, wenn wir das irgendwie publizieren. Und das lassen wir ja eigentlich nicht zu. Das sind ja schon traurige Indikatoren, dass man einfach das ablehnt."
Die Gruppe der Universität Trier wird die Geschichten von Nancy, Mary und anderen veröffentlichen, um ein Problembewusstsein zu schaffen und vielleicht etwas zu ändern. Mikrokredite sind kein Allheilmittel sondern können im Gegenteil manchmal zum Verhängnis werden – das ist das Ergebnis ihrer Studie. Auch den beiden Frauen ist das inzwischen bewusst. Nancy hofft nur noch, dass die Schulden irgendwann abbezahlt sind – und sie wieder in Ruhe schlafen kann.
"Ich werde nie mehr Geld leihen. Der Kredit hat mich wirklich, wirklich arm gemacht."