Der neue Bond und ein bayerischer Grantler
Der neueste Bond, "Casino Royale", zeigt den bislang unverwundbaren Macho von seiner femininen Seite und reißt die Feuilletons zu wahren Begeisterungsstürmen hin. "Winterreise" bietet dem bayerischen Schauspieler-Urgestein Josef Bierbichler eine Bühne, aber eine wenig überzeugende Geschichte.
"Casino Royale"
USA/GB 2005. Regie: Martin Campbell. Darsteller: Daniel Craig, Eva Green, Mads Mikkelsen, Caterina Murino, Judi Dench, Jeffrey Wright, Jürgen Tarrach u.a.
"Casino Royale " ist der insgesamt 22. Leinwand-Auftritt des berühmtesten britischen Geheimagenten James Bond (die Produktionsfirma verschweigt gerne den - für sie - "inoffiziellen" Bond-Film "Sag niemals nie" von 1982, der ein Remake des Bond-Films "Feuerball" von 1969 war und dessen Verfilmungsrechte "woanders" lagen, obwohl doch hier der "Ur-Bond" Sean Connery nochmals in die 007-Figur schlüpfte).
Nun also zurück zu den Wurzeln: "Casino Royale" wurde vom gebürtigen Neuseeländer Martin Campbell inszeniert ("Die Maske des Zorro"/"Die Legende des Zorro"), und es ist nach "Goldeneye" (1995) bereits sein zweiter Bond-Film. Die drei Drehbuch-Autoren hier heißen: Neal Purvis, Robert Wade sowie "Oscar"-Preisträger Paul Higgis (Drehbuch zum Eastwood-Film "Million Dollar Baby"; Drehbuch und Regie beim fünffachen "Oscar"-Film "L.A. Story").
"Casino Royale" war das erste Bond-Buch von Ian Fleming und wurde am 13. April 1953 veröffentlicht. Eine Erstverfilmung war die gleichnamige Parodie von 1966 von insgesamt fünf Regisseuren (darunter John Huston), in der u.a. David Niven, Peter Sellers und Woody Allen als "James Bond" auftraten; ein überkandidelter "Flower-Power-Hippie-Jux", in dem weitere Stars wie William Holden, Ursula Andress (1. Bond-Girl 1962 in "Dr. No"), Peter O´Toole, Jean-Paul Belmondo sowie Orson Welles als charmanter Bösewicht "Le Chiffre" mitmischten.
Nach Sean Connery (insgesamt 7 Mal/1962-1967/1971/1982), George Lazenby (1 Mal/1969), Roger Moore (7 Mal/1973-1985), Timothy Dalton (2 Mal/1987-1989) und Pierce Brosnan (4 Mal/1995-2002) tritt nun also der 38-jährige Brite Daniel Craig (zuletzt: "München" von Steven Spielberg) als James Bond an: Der Sohn eines Stahlarbeiters und einer Kunstlehrerin wuchs in einem künstlerischen Umfeld auf (Stiefvater Max Blond), absolvierte eine Schauspielausbildung an der Londoner Kunsthochschule und ist hier nicht mehr so abgeklärt wie Sean Connery, nicht mehr so ironisch-nett wie der "Kleiderständer" Roger Moore, nicht mehr so lässig-cool wie der Ire Pierce Brosnan. Craig zeigt sich sehr sportiv, ziemlich brutal-kalt, dabei sehr sexy, männlich, kaum lächelnd. "Eine Waffe auf Beinen", heißt es über ihn, der gerade dabei ist, sich seine "zweite Null" und damit die offizielle Lizenz zum Töten "zu verdienen".
Nachdem der ursprüngliche Feind aus der Zeit des Kalten Krieges, "die Russen", 2006 als Bösewichte ausfallen, wurde der neue Bond nicht nur thematisch, sondern auch insgesamt "total entstaubt" (Miss Moneypenny und Waffen-Experte/-Tüftler "Q" gibt es nicht mehr/werden jetzt nicht mehr benötigt; "geschüttelt und gerührt" interessiert nicht mehr): Jetzt geht es um das Netzwerk weltweit operierender Terroristen, um ihre finanziellen wie operativen Aktivitäten, die bei einem fiesen Banker, "Le Chiffre", zusammenlaufen. Ihn jagt Bond - auch schließlich am Spieltisch, wo es um höchste (Millionen-)Einsätze geht. "Casino Royale" erzählt, wie James Bond zu dem Agenten wurde, den wir bereits kennen. Er hat wieder phantastische Action-Szenen und beeindruckende Kampf-Motive, wurde an exotischen Plätzen wie Venedig, Miami, Madagaskar und am Comer See atmosphärisch aufgenommen, überzeugt in seiner "seriösen" Schauspielerei (anstatt "Kasperei"), ist klasse-spannend.
Craig mimt absolut glaubwürdig/überzeugend, muss einiges einstecken (2006 wird nun auch in einem Bond gefoltert), Stunts/Tricks kommen bestens rüber - dennoch: Der neue Bond kann sich nicht mehr "bequem", wie seine Vorgänger, auf die Technik verlassen, muss sich ihr nicht mehr unterordnen, sondern benutzt sie seinerseits ebenso clever wie "dosiert" angemessen.
Eine aufregende Spannungs-Show, bei der nun auch nicht mehr ein Bond-Girl an seiner Seite existiert, sondern eine toughe wie schöne Frau (vom britischen Schatzamt) "auf Augenhöhe" 1:1-Partnerin ist: Eva Green, 26-jährige Tochter der französischen Schauspielerin Marlene Jobert, 2003 von Bernardo Bertolucci entdeckt ("Die Träumer"), sorgt schließlich dafür, dass Craig/Bond auch seine feminine Seite entdeckt/zulässt/vorzeigt: Der neue Bond entpuppt sich auch als ein gefühlvoller Liebesfilm.
Den Schurken vom Dienst mimt übrigens routiniert-cool der 41-jährige dänische Star Mads Mikkelsen (neulich: "Adams Äpfel"). Zum bereits fünften Mal spielt die britische "Oscar"-Preisträgerin Judi Dench die souveräne Bond-Chefin "M". Und der Titelsong "You Know My Name" wird diesmal von Chris Cornell gesungen. Fazit also: 144-minütiger Klasse-Spannungs-Dampf; der neue Bond kann sich sehen lassen und nimmt in der erfolgreichsten Kinoserie der Filmgeschichte gleich einen Spitzenplatz ein.
"Winterreise"
Deutschland 2005; Regie: Hans Steinbichler; mit Josef Bierbichler, Sibel Kekilli, Hanna Schygulla, Philip Hochmair u.a.
"Winterreise" ist - nach seinem Debüt "Hierankl" (2003), einem vielgelobten, äußerst unkonventionellen Heimatfilm (Adolf-Grimme-Preis in Gold) - der zweite Film von Hans Steinbichler. Der diesmal den Solo-Auftritt eines Schauspielergiganten inszeniert: Den des bodenständigen Bayern-Kraftkerls Josef Bierbichler (Jahrgang '48/der schon in "Hierankl" mitspielte und z.B. aus den Tom-Tykwer-Filmen "Winterschläfer" und "Die tödliche Maria" ebenso bekannt ist wie auch aus zahlreichen Achternbusch-Filmen).
Bierbichler mimt einen echten Querulanten, einen ständig mit deftigen "Arschlöcher"-Sprüchen hantierenden depressiven wie egozentrischen Menschenfeind, dem man nichts recht machen kann, der gegen alle und alles stinkig ist und sich auflehnt. Ein polternder Unruhegeist, der als Unternehmer gegen seine Pleite rudert, das Familienvermögen aufs riskante Spiel setzt und dabei immer tiefer in die Miesen rutscht. Ein bayerischer Heinrich George-Typ, ein Energie-Bolzen im Dauerkampf mit sich selbst und den anderen; ständig übelgelaunt, impulsiv, unkontrolliert, gefangen in sich selbst.
Das ist als grandioser, uriger Schauspieler-Bären-Auftritt durchaus von Interesse, ist sozusagen die große Bierbichlerbühne, findet so zeitweilig faszinierende Anteilnahme/Spannung/Atmosphäre/Dichte. Wenn es aber darum geht, dazu eine halbwegs akzeptable, logisch-plausible, neugierige Story zu erzählen, bleibt der Film in seiner Sprache/in den Zusammenhängen nur bedingt nahegehend/atmosphärisch. Bietet viel Theorie-Dramaturgie, trockenes Psycho-Theater, Langeweile in Gedanken und Bewegungen.
Kunst - wie poesievoll zusammengehalten von Franz Schuberts Liederzyklus "Winterreise" als seelischer Energiestrom, als Motiv für Einsamkeit, Vergänglichkeit, Schmerz ("Eine Straße muss ich gehen, die noch keiner ging zurück"). Kein Wunder, dass die weiteren Mitstreiter hier wie Hanna Schygulla oder Sibel Kekilli ("Gegen die Wand" von Fatih Akin) zu reinen Stichwortgebern degradiert sind. Ein zwiespältiger Kunst-Film um die tour de force eines schwermütigen teutonischen "Patienten", der in Afrika schließlich Erlösung/Erfüllung findet.
USA/GB 2005. Regie: Martin Campbell. Darsteller: Daniel Craig, Eva Green, Mads Mikkelsen, Caterina Murino, Judi Dench, Jeffrey Wright, Jürgen Tarrach u.a.
"Casino Royale " ist der insgesamt 22. Leinwand-Auftritt des berühmtesten britischen Geheimagenten James Bond (die Produktionsfirma verschweigt gerne den - für sie - "inoffiziellen" Bond-Film "Sag niemals nie" von 1982, der ein Remake des Bond-Films "Feuerball" von 1969 war und dessen Verfilmungsrechte "woanders" lagen, obwohl doch hier der "Ur-Bond" Sean Connery nochmals in die 007-Figur schlüpfte).
Nun also zurück zu den Wurzeln: "Casino Royale" wurde vom gebürtigen Neuseeländer Martin Campbell inszeniert ("Die Maske des Zorro"/"Die Legende des Zorro"), und es ist nach "Goldeneye" (1995) bereits sein zweiter Bond-Film. Die drei Drehbuch-Autoren hier heißen: Neal Purvis, Robert Wade sowie "Oscar"-Preisträger Paul Higgis (Drehbuch zum Eastwood-Film "Million Dollar Baby"; Drehbuch und Regie beim fünffachen "Oscar"-Film "L.A. Story").
"Casino Royale" war das erste Bond-Buch von Ian Fleming und wurde am 13. April 1953 veröffentlicht. Eine Erstverfilmung war die gleichnamige Parodie von 1966 von insgesamt fünf Regisseuren (darunter John Huston), in der u.a. David Niven, Peter Sellers und Woody Allen als "James Bond" auftraten; ein überkandidelter "Flower-Power-Hippie-Jux", in dem weitere Stars wie William Holden, Ursula Andress (1. Bond-Girl 1962 in "Dr. No"), Peter O´Toole, Jean-Paul Belmondo sowie Orson Welles als charmanter Bösewicht "Le Chiffre" mitmischten.
Nach Sean Connery (insgesamt 7 Mal/1962-1967/1971/1982), George Lazenby (1 Mal/1969), Roger Moore (7 Mal/1973-1985), Timothy Dalton (2 Mal/1987-1989) und Pierce Brosnan (4 Mal/1995-2002) tritt nun also der 38-jährige Brite Daniel Craig (zuletzt: "München" von Steven Spielberg) als James Bond an: Der Sohn eines Stahlarbeiters und einer Kunstlehrerin wuchs in einem künstlerischen Umfeld auf (Stiefvater Max Blond), absolvierte eine Schauspielausbildung an der Londoner Kunsthochschule und ist hier nicht mehr so abgeklärt wie Sean Connery, nicht mehr so ironisch-nett wie der "Kleiderständer" Roger Moore, nicht mehr so lässig-cool wie der Ire Pierce Brosnan. Craig zeigt sich sehr sportiv, ziemlich brutal-kalt, dabei sehr sexy, männlich, kaum lächelnd. "Eine Waffe auf Beinen", heißt es über ihn, der gerade dabei ist, sich seine "zweite Null" und damit die offizielle Lizenz zum Töten "zu verdienen".
Nachdem der ursprüngliche Feind aus der Zeit des Kalten Krieges, "die Russen", 2006 als Bösewichte ausfallen, wurde der neue Bond nicht nur thematisch, sondern auch insgesamt "total entstaubt" (Miss Moneypenny und Waffen-Experte/-Tüftler "Q" gibt es nicht mehr/werden jetzt nicht mehr benötigt; "geschüttelt und gerührt" interessiert nicht mehr): Jetzt geht es um das Netzwerk weltweit operierender Terroristen, um ihre finanziellen wie operativen Aktivitäten, die bei einem fiesen Banker, "Le Chiffre", zusammenlaufen. Ihn jagt Bond - auch schließlich am Spieltisch, wo es um höchste (Millionen-)Einsätze geht. "Casino Royale" erzählt, wie James Bond zu dem Agenten wurde, den wir bereits kennen. Er hat wieder phantastische Action-Szenen und beeindruckende Kampf-Motive, wurde an exotischen Plätzen wie Venedig, Miami, Madagaskar und am Comer See atmosphärisch aufgenommen, überzeugt in seiner "seriösen" Schauspielerei (anstatt "Kasperei"), ist klasse-spannend.
Craig mimt absolut glaubwürdig/überzeugend, muss einiges einstecken (2006 wird nun auch in einem Bond gefoltert), Stunts/Tricks kommen bestens rüber - dennoch: Der neue Bond kann sich nicht mehr "bequem", wie seine Vorgänger, auf die Technik verlassen, muss sich ihr nicht mehr unterordnen, sondern benutzt sie seinerseits ebenso clever wie "dosiert" angemessen.
Eine aufregende Spannungs-Show, bei der nun auch nicht mehr ein Bond-Girl an seiner Seite existiert, sondern eine toughe wie schöne Frau (vom britischen Schatzamt) "auf Augenhöhe" 1:1-Partnerin ist: Eva Green, 26-jährige Tochter der französischen Schauspielerin Marlene Jobert, 2003 von Bernardo Bertolucci entdeckt ("Die Träumer"), sorgt schließlich dafür, dass Craig/Bond auch seine feminine Seite entdeckt/zulässt/vorzeigt: Der neue Bond entpuppt sich auch als ein gefühlvoller Liebesfilm.
Den Schurken vom Dienst mimt übrigens routiniert-cool der 41-jährige dänische Star Mads Mikkelsen (neulich: "Adams Äpfel"). Zum bereits fünften Mal spielt die britische "Oscar"-Preisträgerin Judi Dench die souveräne Bond-Chefin "M". Und der Titelsong "You Know My Name" wird diesmal von Chris Cornell gesungen. Fazit also: 144-minütiger Klasse-Spannungs-Dampf; der neue Bond kann sich sehen lassen und nimmt in der erfolgreichsten Kinoserie der Filmgeschichte gleich einen Spitzenplatz ein.
"Winterreise"
Deutschland 2005; Regie: Hans Steinbichler; mit Josef Bierbichler, Sibel Kekilli, Hanna Schygulla, Philip Hochmair u.a.
"Winterreise" ist - nach seinem Debüt "Hierankl" (2003), einem vielgelobten, äußerst unkonventionellen Heimatfilm (Adolf-Grimme-Preis in Gold) - der zweite Film von Hans Steinbichler. Der diesmal den Solo-Auftritt eines Schauspielergiganten inszeniert: Den des bodenständigen Bayern-Kraftkerls Josef Bierbichler (Jahrgang '48/der schon in "Hierankl" mitspielte und z.B. aus den Tom-Tykwer-Filmen "Winterschläfer" und "Die tödliche Maria" ebenso bekannt ist wie auch aus zahlreichen Achternbusch-Filmen).
Bierbichler mimt einen echten Querulanten, einen ständig mit deftigen "Arschlöcher"-Sprüchen hantierenden depressiven wie egozentrischen Menschenfeind, dem man nichts recht machen kann, der gegen alle und alles stinkig ist und sich auflehnt. Ein polternder Unruhegeist, der als Unternehmer gegen seine Pleite rudert, das Familienvermögen aufs riskante Spiel setzt und dabei immer tiefer in die Miesen rutscht. Ein bayerischer Heinrich George-Typ, ein Energie-Bolzen im Dauerkampf mit sich selbst und den anderen; ständig übelgelaunt, impulsiv, unkontrolliert, gefangen in sich selbst.
Das ist als grandioser, uriger Schauspieler-Bären-Auftritt durchaus von Interesse, ist sozusagen die große Bierbichlerbühne, findet so zeitweilig faszinierende Anteilnahme/Spannung/Atmosphäre/Dichte. Wenn es aber darum geht, dazu eine halbwegs akzeptable, logisch-plausible, neugierige Story zu erzählen, bleibt der Film in seiner Sprache/in den Zusammenhängen nur bedingt nahegehend/atmosphärisch. Bietet viel Theorie-Dramaturgie, trockenes Psycho-Theater, Langeweile in Gedanken und Bewegungen.
Kunst - wie poesievoll zusammengehalten von Franz Schuberts Liederzyklus "Winterreise" als seelischer Energiestrom, als Motiv für Einsamkeit, Vergänglichkeit, Schmerz ("Eine Straße muss ich gehen, die noch keiner ging zurück"). Kein Wunder, dass die weiteren Mitstreiter hier wie Hanna Schygulla oder Sibel Kekilli ("Gegen die Wand" von Fatih Akin) zu reinen Stichwortgebern degradiert sind. Ein zwiespältiger Kunst-Film um die tour de force eines schwermütigen teutonischen "Patienten", der in Afrika schließlich Erlösung/Erfüllung findet.