Wenn die Inspiration aus dem Kopfhörer kommt
39:53 Minuten
"Startup" hat Maßstäbe gesetzt, andere Podcasts beeinflusst: In der ersten Staffel begleitet „Startup“ die Gründung der US-Podcast-Firma "Gimlet Media". Das inspirierte auch deutsche Podcaster, Start-ups zu gründen. Endet mit der neuen Staffel eine Ära?
Das US-amerikanische Podcast-Unternehmen "Gimlet Media" hat seine Firmengeschichte von Anfang an mit dem Mikrofon begleitet. So entstand 2014 die erste Staffel des Podcasts "Startup", in der Mitgründer Alex Blumberg fast die gesamte Gründungsgeschichte quasi live dokumentierte.
In den 14 Folgen konnten die Hörerinnen und Hörer eine kleine Wirtschaftsgeschichte miterleben — Woche für Woche, Episode für Episode. Von der ersten Idee bis zur ersten Veröffentlichung, inklusive aller Höhe- und Tiefpunkte, gescheiterter Investorengespräche, schwieriger Verhandlungen mit ehemaligen und angehenden Kollegen, nächtlicher Panikattacken und morgendlicher Gesprächen mit seiner Ehefrau. "Startup" war eine Dokumentation mit ordentlich Drama, eine klassische Heldenreise mit Hindernissen, ein emotionaler Podcast als journalistischer Mehrteiler.
"Startup" inspirierte deutsche Podcast-Gründungen
Anfang 2016 gründete sich das Berliner Podcast-Label "Viertausendhertz", dessen Mitgründer Nicolas Semak sich von "Startup" inspirieren und überzeugen ließ: "Dieser Podcast kam halt raus, es gab diesen Erfolg dafür. Und es ließ sich anhand dieses Erfolgs eigentlich erahnen, dass das gesamte Medium erfolgreicher werden könnte, in Bezug auf eine Wirtschaftlichkeit. Das war einfach ein Moment, in dem ich zumindest gesagt habe: Wenn wir etwas machen wollen, dann wäre jetzt wahrscheinlich der Zeitpunkt dafür."
Auch das Münchener Podcast-Label "hauseins" ließ sich 2017 vom "Startup"-Podcast zu Entscheidungen bei der Unternehmensgründung inspirieren, erinnert sich Mitgründerin Susanne Klingner: "Das waren eher so Denkanstöße. Zum Beispiel, dass wir uns am Anfang gefragt haben: Wollen wir Investoren suchen? Weil natürlich dieses Thema Pitchen und Investorensuche ja sehr groß war bei 'Startup'. Und für uns war dann total schnell klar: Nein, das wollen wir nicht."
Nicolas Semak und seine Mitgründer von "Viertausendhertz" fühlten sich damals durch den Podcast motiviert, berichtet er: "Die inhaltliche Ebene bei 'Startup' war eher so etwas Ermutigendes, dass wir gesehen haben, dass jemand, der eigentlich keine Ahnung hat von betriebswirtschaftlichen Dingen oder Startup-Abläufen, sich sowas einfach traut."
Susanne Klingner hatte überlegt, die Gründung von "hauseins" auch in einem dokumentarischen Podcast zu begleiten. Aber sie musste feststellen: Ein Podcast und Dokumentationsprojekt wie "Startup" sei schon für sich "wahnsinnig aufwendig". Probieren wollte Klingner es trotzdem, scheiterte aber an ganz anderen Hürden: "Tatsächlich habe ich am Anfang bei allen Terminen, die ich gemacht habe, immer das Aufnahmegerät mitgenommen. Und dann war ich beim Notar und der meinte: Sie dürfen natürlich hier nicht aufnehmen."
Ende einer Ära, eines Podcasts, eines Unternehmens
Mit "Startup" gelang Alex Blumberg 2014 allerdings nicht nur ein Publikumserfolg, der das Genre Dokumentation im Podcast maßgeblich beeinflusste und Menschen weltweit inspirierte. Ihm gelang letztlich auch eine Firmengründung: "Gimlet Media" entwickelte sich in den folgenden Monaten und Jahren zu einem der wichtigsten Podcast-Unternehmen im englischsprachigen Raum. Anfang 2019 wurde aus der Erfolgserzählung dann auch ein wirtschaftlicher Erfolg: Die Streaming-Plattform Spotify kaufte "Gimlet Media" auf, für über 200 Millionen US-Dollar.
Fünf Jahre später knüpft der Podcast "Startup" wieder an die alten Anfänge der Firma an, zumindest thematisch: In der mittlerweile neunten Staffel schaut Alex Blumberg wieder auf das eigene Unternehmen und beleuchtet in drei Episoden den Weg bis zur Übernahme durch Spotify.
Inhaltlich ist Podcast-Kritikerin Carina Fron allerdings von der neuesten Staffel "Startup" enttäuscht: "Man hört nur Interviews, keine Originalaufnahmen. Es wirkt dadurch unauthentisch, weg vom Originalmaterial, gar nicht mehr so dokumentarisch, sondern eher analytisch. Die erste Staffel lebte von diesen Momenten, bei denen man wirklich dabei ist - die haben wir hier aber nicht. Dann gibt es auch keinen richtigen Spannungsbogen in den drei Folgen, sondern es wird einfach nur chronologisch erzählt, was passiert."