Weitere Informationen zum Stück "Der Rüssel" finden Sie auf der Homepage des Burgtheaters.
Wenn Afrika in die Alpen kommt
Das absurde Stück "Der Rüssel" des österreichischen Autors Wolfgang Bauer galt jahrzehntelang als verschollen – bis 2015 es im Nachlass des Komponisten Franz Koringer wieder auftauchte. Christian Stückl inszeniert das Stück nun mit viel Humor am Burgtheater in Wien.
Der Plot ist kurios: Inspiriert vom Urgroßvater, der Großwildjäger in Afrika war, träumt sich der junge Florian Tilo (Sebastian Wendelin) in einem österreichischen Alpendorf in eine exotische Welt. Plötzlich wird es dort tatsächlich heiß, Palmen und Bananen gedeihen, gelbe Riesenschnecken tauchen auf und ein blauer Elefant. Obwohl sich "Gungu", wie Florian und seine Braut Anna (Stefanie Dvorak) den Dickhäuter zärtlich nennen, bald im kleinen Fenster eines Bauernhauses mit seinem Rüssel verheddert, wird er zum Symbol für eine neue Welt.
In grellbunten Kostümen (Ausstattung: Stefan Hageneier) feiert das Dorf die Ankunft eines Alpen-Afrika. Bis der schrille Dorfkaplan (Markus Meyer) dem Treiben ein Ende bereitet, den Elefanten erschießt und die Dorfbevölkerung aufhetzt, Florian an einem Gipfelkreuz zu lynchen.
Absurde Geschichte, absurde Wege
So absurd wie die – von Eugène Ionesco beeinflusste – Geschichte, sind auch die Wege dieses 1962 vom damals 21-jährigen Wolfgang Bauer verfassten Stücks: Jahrzehntelang verschollen, tauchte "Der Rüssel" erst 2015, zehn Jahre nach dem Tod des Grazer Dramatikers, im Nachlass des steirischen Komponisten Franz Koringers wieder auf.
Dubioser Heimatbegriff mit afrikanischer Rhytmik
Die Uraufführung am Wiener Akademietheater, etwas zu grotesk inszeniert von Christian Stückl, überraschte insofern, weil Bauer, der in den 1970er-Jahren mit realistischen Dialektstücken wie "Magic Afternoon", Change" oder "Gespenster" international bekannt wurde, dieses Volksstück in der Schriftsprache schrieb.
Seine später noch schärfer formulierte Kritik an einem dubiosen Heimatbegriff und an den Auswüchsen des Kapitalismus sind aber hier bereits angelegt. Mit viel Humor untermalt von der Gesangskapelle Hermann, die Heimatlieder allmählich in afrikanische Rhythmik gleiten lässt.