Der Sänger und Musiker Gisbert zu Knyphausen

"Traurigkeit ist ein Motor meiner Songs"

41:32 Minuten
Gisbert zu Knyphausen 2018 auf einem Konzert in Berlin.
Gisbert zu Knyphausen 2018 auf einem Konzert in Berlin. © dpa / picture-alliance
Gisbert zu Knyphausen im Gespräch mit Katrin Heise |
Audio herunterladen
Eigentlich wollte Gisbert zu Knyphausen zum Theater, doch er wurde schließlich Musiker. Der Durchbruch kam mit einem Film - bis zu einem Schicksalsschlag, der ihn fast von der Musik weggebracht hätte.

(Die Sendung ist eine Wiederholung vom 19.12.2018)

Ein Film brachte vor zehn Jahren den Durchbruch für den Singer-Songwriter Gisbert zu Knyphausen. Seine Lieder mit Versen voller Melancholie fallen in der deutschen Musiklandschaft angenehm aus dem Rahmen. Dass er heute erfolgreicher ist denn je, hat auch mit einer schweren Krise zu tun, die er meisterte.
Gisbert zu Knyphausen wuchs als Spross einer alten Adelsfamilie im Rheingau auf. Sein vollständiger Name lautet Gisbert Wilhelm Enno Freiherr zu Innhausen und Knyphausen. Der steht aber nur in seinem Pass. Das mit dem Adel haben die Eltern ihn und seine vier Brüder wenig spüren lassen, aber konfrontiert wurden die Kinder dennoch mit der Familiengeschichte:
"Wir sind auf einem großen Landgut großgeworden und es hingen dann auch so Ahnenportraits bei uns im Wohnzimmer oder im Treppenhaus. Man ging die Treppe hoch und es hingen diese alten Schinken mit Vorfahren von uns dort rum. Das ist keine normale Kindheit."

Seine Mutter brachte ihn zur Musik

Auf dem elterlichen Weingut hatten die Jungs kleinere Aufgaben, die aber ganz positiv in Erinnerung geblieben sind:
"Den neuesten Weinkatalog eintüten, und Adressen draufkleben, Flaschen etikettieren oder in den Herbstferien die Weinernte mitmachen oder den Rasen mähen mit dem schönen Trecker."
Zur Musik kam er durch seine Mutter. Die ließ alle Kinder Instrumente lernen:
"Das war auf jeden Fall erstmal Zwang. Ich glaube, angefangen Spaß zu machen, hat’s bei mir mit zwölf, da hab‘ ich die Gitarre für mich entdeckt. Vorher hatte ich Klavierunterricht und auch ein bisschen Trompete beim evangelischen Posaunenchor um die Ecke."
Gisbert war der einzige, der daraus einen Beruf machte, aber auch erst, nachdem eine Schauspiellehrerin ("ich hatte mal kurz den Wahn, dass ich irgendwie Schauspieler werden könnte") ihm vom Theater abriet und ihm vorschlug doch lieber etwas mit seiner "schönen Stimme" zu machen. Anfangs konnte er sich trotzdem noch nicht vorstellen "einfach nur Musik zu machen". Also begann er Musikwissenschaften zu studieren. Dann wechselte zur Musiktherapie. Da konnte er zwei Dinge kombinieren, die ihm Spaß machten – die Musik und "ein helfender Teil der Gesellschaft zu sein". Schließlich versuchte er dann doch, sich ganz dem Musikerdasein zu verschreiben. Knyphausen zog nach Hamburg, gründete eine Band, schrieb Songs und freundete sich damit an, dass er als Musiker ohne anderen Job auch eine Existenzberechtigung hat.

Der Durchbruch kam mit einem Film

Als der Filmemacher Andreas Dresen Knyphausens Song "Sommertag" für seinen Film "Halt auf freier Strecke" verwendete, machte ihn das einem größeren Publikum bekannt. Für den Film "Tim Thaler" schreibt er dem Regisseur das Lied "Das Licht dieser Welt". Der Auftrag war, "ein positives Stück" zu liefern. Ihm als Meister der Melancholie sei es nicht leicht gefallen, "positiv aber nicht oberflächlich" zu schreiben. "Traurigkeit ist der Motor meiner Songs" sagt der 39-Jährige und sie sei ein Weg in der Musik seinen Schmerz auszudrücken, aber "ich sehe trotz allem immer einen Hoffnungsschimmer, manchmal kommt er auch mit drei Wochen Verspätung an, aber es gibt ihn trotzdem." Darum möchte er nicht ganz und gar auf das Melancholiker-Image reduziert werden.
Nach dem plötzlichen Tod seines musikalischen Partners Nils Koppruch (die beiden waren im Duett als "Kid Kopphausen" unterwegs und sangen Balladen zwischen Weltschmerz und Lebenslust) konnte Knyphausen diese Einstellung allerdings nicht vor einem seelischen Absturz bewahren. Fast ein Jahr lang machte er kaum Musik – dann holte Olli Schulz ihn als Bassisten für eine Tour in seine Band. Im Anschluss begann er wieder eigene Musik zu spielen. Es folgte eine Reise in den Iran und ein Projekt mit der iranischen Band Pallett, aus dem auch zwei gemeinsame Lieder auf Deutsch und Farsi entstanden.
Seit 2015 ist Knyphausen wieder voll da und mit seiner Musik noch erfolgreicher als zuvor. Hören kann man ihn und seine Band unter anderem bei dem jährlichen Festival auf dem Weingut der Familie, das inzwischen von seinem ältesten Bruder geführt wird. Organisiert wird das komplett Bier-freie Musikfest von der ganzen Familie.
"Es gibt nur Wein. Als mein Vater noch das Zepter in der Hand hielt, hat er gesagt, es kommt überhaupt nicht in die Tüte, dass da Bier getrunken wird. Aber es ist schön – ich habe das Gefühl, dadurch, dass alle Wein trinken, ist das ein anderer Rausch als auf anderen Festivals."
Mehr zum Thema