Der sanfte Erneuerer
Mehr als drei Jahrzehnte arbeitete der Zeitgenosse von Rubens am Hof Philipp IV. Er schuf dabei Meisterwerke, die Eingang in den europäischen Kunstkanon gefunden haben. Als Bezugsrahmen, Vorbild und Reibungsfläche für Maler dient Diego Velázquez bis heute.
Als Diego Velázquez am 6. August 1660 nach einwöchigem Fieber in Madrid starb, begrub man ihn in der Pfarrkirche San Juan Bautista, nur einen Steinwurf vom Königspalast entfernt: Ganz so, als wollte man ihn auch nach seinem Tod so nahe wie möglich an seiner Wirkungsstätte lassen, am Hof des Habsburger Herrschers Philipp IV.
Geboren wird Diego Rodríguez de Silva y Velázquez 1599 in Sevilla. Sein Vater, als portugiesischer Hidalgo ein niedriger Adeliger, schickt ihn mit elf Jahren zu Francisco Pacheco in die Lehre. Diego wird Pachecos Meisterschüler und heiratet 1618 dessen Tochter Juana. Der Schwiegervater ermutigt ihn, am Hof sein Glück zu versuchen. Zwei Mal stellt sich Velázquez in Madrid vor, darf 1623 schließlich den König portraitieren und wird zum Hofmaler berufen.
Auch wenn der 24-jährige schon damals einen eigenen Stil hat und naturalistische Alltagsschilderungen schätzt, passt er sich dem herrschenden Gusto an. Javier Portús, im Prado zuständig für spanische Malerei:
"Bei den Hofnarren und Zwergen ist Velázquez Originalität am ehesten zu erkennen. Das Sujet lässt ihm einfach mehr Freiheiten, technisch und gestalterisch: Der Hofnarr Calabazillas sitzt zusammengekauert in der Ecke - eine solche Position wäre bei jedem anderen Modell undenkbar. Velázquez malt bei diesen Bildern freier, experimenteller als bei den Herrscherporträts, die sehr viel zeichnerischer, linearer sind."
Würdevoll im Halbprofil, stolz galoppierend auf dem Pferd, ohne die üblichen Insignien der Macht: so zeigt Diego Velázquez den langnasigen König mit den rötlichen Haaren. Als Hofmaler ist er ein sanfter Erneuerer: Im Laufe der Jahre entdeckt er das natürliche Licht, spielt mit Farben und Texturen der Stoffe, lässt die Herrscherposen eleganter werden. Seine großformatige "Übergabe von Breda" wird zum Meilenstein der Historienmalerei.
Inspiriert von den großen venezianischen Meistern, reist er zwei Mal, 1629 und 1649, nach Italien. Eine dritte Reise genehmigt Philipp der Vierte nicht: Als Schloßmarschall hat sich Velázquez ab 1652 um Palastdekoration und Feste zu kümmern. Die Zeit zum Malen ist knapp. Er konzentriert sich auf ausgesuchte Werke und arbeitet mit 57 Jahren wie besessen an einem Bild: Es zeigt die Infantin Margarita, umringt von Hofdamen und einer Närrin – und ihn selbst, wie er das in einem Spiegel sichtbare Königspaar portraitiert. "Las Meninas", "Die königliche Familie", ist ein Bildnis im metaphorischen Sinn: lesbar als Gleichnis über die Malerei und die conditio humana. Javier Portús:
"Las Meninas ist zum einen die große Repräsentation des Hofes von Phillip dem Vierten, eine Art Guckkasten, durch den wir das Kind Margarita als Thronfolgerin begreifen lernen. Zugleich entwickelt das Bild eine eigene Theorie der Malerei: Es zeigt den Maler, der den Zuschauer betrachtet, und erzählt über die im Hintergrund abgebildeten Bilder, wie der Mensch über die Kunst in göttliche Sphären vorstößt. Ich glaube, es ist das Bild, durch das er in Erinnerung bleiben wollte."
In Spanien machte das Meisterwerk den als arrogant verschrieenen Hofmaler endgültig zur Schlüsselfigur. Doch für die Anerkennung jenseits der Pyrenäen mussten noch gut 150 Jahre vergehen.
"Velázquez wurde erst nach der Eröffnung des Prado 1819 im Ausland bekannt. Alle Künstler, die damals nach Spanien reisten, besuchten auch das Museum. Velázquez entsprach dem Interesse, das viele führende Maler des 19. Jahrhunderts am Naturalismus hatten. Sie machten aus ihm den Vorreiter einer realistischen, natürlichen Malweise im Gegensatz zum Akademie-Stil."
Auch wenn die Expressionisten wenig später den dramatischen Posen eines El Greco den Vorzug gaben - als Bezugsrahmen, Vorbild und Reibungsfläche für Maler lebt Diego Velázquez bis heute weiter. Von Manet über Salvador Dalí, Pablo Picasso bis zu Francis Bacon haben ihm alle großen Künstler ihre Reverenz erwiesen.
Geboren wird Diego Rodríguez de Silva y Velázquez 1599 in Sevilla. Sein Vater, als portugiesischer Hidalgo ein niedriger Adeliger, schickt ihn mit elf Jahren zu Francisco Pacheco in die Lehre. Diego wird Pachecos Meisterschüler und heiratet 1618 dessen Tochter Juana. Der Schwiegervater ermutigt ihn, am Hof sein Glück zu versuchen. Zwei Mal stellt sich Velázquez in Madrid vor, darf 1623 schließlich den König portraitieren und wird zum Hofmaler berufen.
Auch wenn der 24-jährige schon damals einen eigenen Stil hat und naturalistische Alltagsschilderungen schätzt, passt er sich dem herrschenden Gusto an. Javier Portús, im Prado zuständig für spanische Malerei:
"Bei den Hofnarren und Zwergen ist Velázquez Originalität am ehesten zu erkennen. Das Sujet lässt ihm einfach mehr Freiheiten, technisch und gestalterisch: Der Hofnarr Calabazillas sitzt zusammengekauert in der Ecke - eine solche Position wäre bei jedem anderen Modell undenkbar. Velázquez malt bei diesen Bildern freier, experimenteller als bei den Herrscherporträts, die sehr viel zeichnerischer, linearer sind."
Würdevoll im Halbprofil, stolz galoppierend auf dem Pferd, ohne die üblichen Insignien der Macht: so zeigt Diego Velázquez den langnasigen König mit den rötlichen Haaren. Als Hofmaler ist er ein sanfter Erneuerer: Im Laufe der Jahre entdeckt er das natürliche Licht, spielt mit Farben und Texturen der Stoffe, lässt die Herrscherposen eleganter werden. Seine großformatige "Übergabe von Breda" wird zum Meilenstein der Historienmalerei.
Inspiriert von den großen venezianischen Meistern, reist er zwei Mal, 1629 und 1649, nach Italien. Eine dritte Reise genehmigt Philipp der Vierte nicht: Als Schloßmarschall hat sich Velázquez ab 1652 um Palastdekoration und Feste zu kümmern. Die Zeit zum Malen ist knapp. Er konzentriert sich auf ausgesuchte Werke und arbeitet mit 57 Jahren wie besessen an einem Bild: Es zeigt die Infantin Margarita, umringt von Hofdamen und einer Närrin – und ihn selbst, wie er das in einem Spiegel sichtbare Königspaar portraitiert. "Las Meninas", "Die königliche Familie", ist ein Bildnis im metaphorischen Sinn: lesbar als Gleichnis über die Malerei und die conditio humana. Javier Portús:
"Las Meninas ist zum einen die große Repräsentation des Hofes von Phillip dem Vierten, eine Art Guckkasten, durch den wir das Kind Margarita als Thronfolgerin begreifen lernen. Zugleich entwickelt das Bild eine eigene Theorie der Malerei: Es zeigt den Maler, der den Zuschauer betrachtet, und erzählt über die im Hintergrund abgebildeten Bilder, wie der Mensch über die Kunst in göttliche Sphären vorstößt. Ich glaube, es ist das Bild, durch das er in Erinnerung bleiben wollte."
In Spanien machte das Meisterwerk den als arrogant verschrieenen Hofmaler endgültig zur Schlüsselfigur. Doch für die Anerkennung jenseits der Pyrenäen mussten noch gut 150 Jahre vergehen.
"Velázquez wurde erst nach der Eröffnung des Prado 1819 im Ausland bekannt. Alle Künstler, die damals nach Spanien reisten, besuchten auch das Museum. Velázquez entsprach dem Interesse, das viele führende Maler des 19. Jahrhunderts am Naturalismus hatten. Sie machten aus ihm den Vorreiter einer realistischen, natürlichen Malweise im Gegensatz zum Akademie-Stil."
Auch wenn die Expressionisten wenig später den dramatischen Posen eines El Greco den Vorzug gaben - als Bezugsrahmen, Vorbild und Reibungsfläche für Maler lebt Diego Velázquez bis heute weiter. Von Manet über Salvador Dalí, Pablo Picasso bis zu Francis Bacon haben ihm alle großen Künstler ihre Reverenz erwiesen.