Der Schlachtruf des Preußen-Königs
Der preußische König Friedrich Wilhelm III. wandte sich am 17. März 1813 mit dem Aufruf "An mein Volk" an seine Bürger. Nach der Vernichtung der französischen Armee in Russland wollte der König die Kampfbereitschaft für den Tags zuvor verkündeten Krieg gegen Frankreich wecken.
"Als das napoleonische Abenteuer zu Ende ging und der geniale Despot von der Bühne, die er allein beherrscht hatte, abtrat – da flammten Hoffnungen auf und es erhoben sich aus allen Völkern Forderungen der Unabhängigkeit und Freiheit."
So charakterisierte der italienische Philosoph und Historiker Benedetto Croce in seiner "Geschichte Europas im 19. Jahrhundert" die kurze Zeitspanne zwischen 1812 und 1813. Sie war geprägt durch den Untergang der Grande Armée in Russland, der den Nimbus der Unbesiegbarkeit Napoleons vollends zerstört hatte. Maria Fjodorowna, Witwe des russischen Zaren Pauls I., gab ihrer Freude in einem Brief an eine Freundin überschwänglichen Ausdruck. Napoleon sei
"kein Idol mehr, sondern in die Gefilde der Menschen herabgestiegen, und kann nun von Menschen bekämpft werden."
Vor allem in Preußen sah man das ähnlich, - befeuert durch die antifranzösische Propaganda der preußischen Reformer und den anschwellenden Gesang junger Dichter und Patrioten. Manchen schien nun gar ein geeintes "deutsches Vaterland" möglich, für das Bildungsbürger ebenso wie Handwerker bereit waren, in einen Befreiungskrieg zu ziehen. Noch in den 1870 publizierten Erinnerungen des Malers Wilhelm von Kügelgen wirkte diese Stimmung nach:
"Die ersten Strahlen deutscher Freiheit flammten blutigrot im Osten auf, begeisternde Verheißung spendend, und wie auf den Ruf der letzten Posaune regten sich die weiten Totengefilde des großen deutschen Vaterlandes zu neuem Leben, aber auch zu blutiger Arbeit."
Tatsächlich begann es Ende 1812 überall im Land zu gären. Vor allem die von Napoleon angeordneten Rekrutierungen für ein neues französisches Heer, das den nachrückenden russischen Truppen entgegentreten sollte, sorgten für Unmut. Kämpfen wollten viele, aber nicht für Napoleon, sondern um das französische Joch abzuwerfen.
Dies galt insbesondere für jene kernpreußische Region, durch die das geschlagene napoleonische Heer zuerst gezogen war – durch Ostpreußen. Hier operierte überdies das der französischen Armee beigeordnete preußische Hilfskorps unter General Johann David von Yorck. Er handelte schließlich am 30. Dezember 1812 beim litauischen Tauroggen mit den Russen eine Konvention aus, nach der sich seine Truppen vorerst für neutral erklärten - , das wirkte auf Bürger aller Schichten in Preußen wie das Fanal zum Aufstand. Doch hatte sich, so der Historiker Franz Herre über die Motivation des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III.,
"die Volkserhebung in königlich-preußischer Legalität zu vollziehen, nicht in deutsch-nationaler Spontaneität. Das Ziel war die Wiedergewinnung der preußischen Machtstellung in Deutschland und Europa. Von einem demokratischen Preis für die Volkserhebung konnte keine Rede sein."
Der König versuchte erfolgreich, sich an die Spitze des Volksaufstands zu setzen. Am 10. März 1813 stiftete er mit dem Eisernen Kreuz erstmals einen Orden, der im geplanten Befreiungskrieg unabhängig von Herkunft und Dienstgrad verliehen werden konnte. Am 17. März schließlich, nach der Tags zuvor erfolgten Kriegserklärung an Frankreich, erging der königliche Aufruf "An mein Volk".
"Ihr wißt, was euer trauriges Los ist, wenn wir den beginnenden Kampf nicht ehrenvoll enden. Aber, welche Opfer auch von Einzelnen gefordert werden mögen, sie wiegen die heiligen Güter nicht auf, für die wir sie hingeben, für die wir streiten und siegen müssen, wenn wir nicht aufhören wollen, Preußen und Deutsche zu seyn."
Der König rief und alle kamen, so wollte es die Legende. Eher war es umgekehrt, wie schon der Historiker Eckart Kehr wusste:
"Alle riefen und endlich kam der König!"
Und er kam, um seinen Krieg zu führen, in dem es um Machtinteressen und die Wiederherstellung eines feudalstaatlichen Gleichgewichts ging.
Den Opfersinn der Bürger konnte das nicht schmälern. Über sechs Millionen Taler wurden im ausgepowerten Preußen für den Freiheitskrieg gesammelt und die Zahl der Kriegsfreiwilligen war hoch. Doch als sich im Herbst 1814 die Vertreter der europäischen Mächte zum Wiener Kongress zusammenfanden, um nach dem Sturz Napoleons die Neuordnung Europas zu beschließen, wurde auch dem letzten Idealisten klar: Die Freiheit der Preußen oder gar die deutsche Einheit in freier Selbstbestimmung blieben unerwünscht.
So charakterisierte der italienische Philosoph und Historiker Benedetto Croce in seiner "Geschichte Europas im 19. Jahrhundert" die kurze Zeitspanne zwischen 1812 und 1813. Sie war geprägt durch den Untergang der Grande Armée in Russland, der den Nimbus der Unbesiegbarkeit Napoleons vollends zerstört hatte. Maria Fjodorowna, Witwe des russischen Zaren Pauls I., gab ihrer Freude in einem Brief an eine Freundin überschwänglichen Ausdruck. Napoleon sei
"kein Idol mehr, sondern in die Gefilde der Menschen herabgestiegen, und kann nun von Menschen bekämpft werden."
Vor allem in Preußen sah man das ähnlich, - befeuert durch die antifranzösische Propaganda der preußischen Reformer und den anschwellenden Gesang junger Dichter und Patrioten. Manchen schien nun gar ein geeintes "deutsches Vaterland" möglich, für das Bildungsbürger ebenso wie Handwerker bereit waren, in einen Befreiungskrieg zu ziehen. Noch in den 1870 publizierten Erinnerungen des Malers Wilhelm von Kügelgen wirkte diese Stimmung nach:
"Die ersten Strahlen deutscher Freiheit flammten blutigrot im Osten auf, begeisternde Verheißung spendend, und wie auf den Ruf der letzten Posaune regten sich die weiten Totengefilde des großen deutschen Vaterlandes zu neuem Leben, aber auch zu blutiger Arbeit."
Tatsächlich begann es Ende 1812 überall im Land zu gären. Vor allem die von Napoleon angeordneten Rekrutierungen für ein neues französisches Heer, das den nachrückenden russischen Truppen entgegentreten sollte, sorgten für Unmut. Kämpfen wollten viele, aber nicht für Napoleon, sondern um das französische Joch abzuwerfen.
Dies galt insbesondere für jene kernpreußische Region, durch die das geschlagene napoleonische Heer zuerst gezogen war – durch Ostpreußen. Hier operierte überdies das der französischen Armee beigeordnete preußische Hilfskorps unter General Johann David von Yorck. Er handelte schließlich am 30. Dezember 1812 beim litauischen Tauroggen mit den Russen eine Konvention aus, nach der sich seine Truppen vorerst für neutral erklärten - , das wirkte auf Bürger aller Schichten in Preußen wie das Fanal zum Aufstand. Doch hatte sich, so der Historiker Franz Herre über die Motivation des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III.,
"die Volkserhebung in königlich-preußischer Legalität zu vollziehen, nicht in deutsch-nationaler Spontaneität. Das Ziel war die Wiedergewinnung der preußischen Machtstellung in Deutschland und Europa. Von einem demokratischen Preis für die Volkserhebung konnte keine Rede sein."
Der König versuchte erfolgreich, sich an die Spitze des Volksaufstands zu setzen. Am 10. März 1813 stiftete er mit dem Eisernen Kreuz erstmals einen Orden, der im geplanten Befreiungskrieg unabhängig von Herkunft und Dienstgrad verliehen werden konnte. Am 17. März schließlich, nach der Tags zuvor erfolgten Kriegserklärung an Frankreich, erging der königliche Aufruf "An mein Volk".
"Ihr wißt, was euer trauriges Los ist, wenn wir den beginnenden Kampf nicht ehrenvoll enden. Aber, welche Opfer auch von Einzelnen gefordert werden mögen, sie wiegen die heiligen Güter nicht auf, für die wir sie hingeben, für die wir streiten und siegen müssen, wenn wir nicht aufhören wollen, Preußen und Deutsche zu seyn."
Der König rief und alle kamen, so wollte es die Legende. Eher war es umgekehrt, wie schon der Historiker Eckart Kehr wusste:
"Alle riefen und endlich kam der König!"
Und er kam, um seinen Krieg zu führen, in dem es um Machtinteressen und die Wiederherstellung eines feudalstaatlichen Gleichgewichts ging.
Den Opfersinn der Bürger konnte das nicht schmälern. Über sechs Millionen Taler wurden im ausgepowerten Preußen für den Freiheitskrieg gesammelt und die Zahl der Kriegsfreiwilligen war hoch. Doch als sich im Herbst 1814 die Vertreter der europäischen Mächte zum Wiener Kongress zusammenfanden, um nach dem Sturz Napoleons die Neuordnung Europas zu beschließen, wurde auch dem letzten Idealisten klar: Die Freiheit der Preußen oder gar die deutsche Einheit in freier Selbstbestimmung blieben unerwünscht.