Der Seemann geht von Bord

Von Blanka Weber · 04.10.2010
Die Stiftung Weimarer Klassik wird den Vertrag mit ihrem langjährigen Präsidenten Hellmut Seemann nicht verlängern. Das entschied der Stiftungsrat auf einer außerordentlichen Sitzung in Berlin. Seemann hatte das Amt 2001 übernommen, sein Vertrag läuft 2011 aus. Ein Nachfolger steht nocht nicht fest.
Es war gewiss kein warmer Empfang, den Hellmut Seemann 2001 in Weimar bekam. Er, der studierte Germanist, Philosoph und Rechtsanwalt, war damals derjenige, der nach Bernd Kauffmann kam. Weimar hatte ein turbulentes Kulturstadtjahr 1999 hinter sich und Turbulenzen vor sich. Die Stiftung war kleinteilig, galt als veraltert, weit weg von einem "Kosmos Weimar" mit internationaler Anbindung.

Hellmut Seemann, der damals das Rennen gewann, hatte namhafte Mitbewerber. Er, der dandyhafte Schöngeist, war bis 2001 Direktor der Schirn Kunsthalle in Frankfurt, Geschäftsführer der dortigen Kulturgesellschaft. Dann kam er in das kleine Städtchen an der Ilm mit nicht einmal 70.000 Einwohnern.

Nun also steht fest. Der Präsident verliert seinen Job! Warum wohl?, fragten heute nicht wenige.
Lag es an der zögerlichen Entscheidungsfindung rund um das Bauprojekt neues Bauhausmuseum? Seemann plädierte bis zuletzt für einen Standort mitten in der Klassik, dort, wo das jetzige Museum steht – um Kosten für die Steuerzahler und Wege für die Touristen zu sparen. Nicht mutig genug, konzeptionslos und nicht tatkräftig genug, so lautete das Feedback des Stadtrates. Letzten Endes gab der Präsident, geschwächt durch externe Expertenmeinung, klein bei. Das neue Bauhausmuseum entsteht außerhalb des Innenstadtkerns, außerhalb der Vehemenz einer Klassik, dort, wo die Kontraste der Stadt liegen – neben dem einstigen Gauforum. Um Kontraste mag es auch denen gehen, die am Stuhl des Präsidenten sägten. Ob nun offen oder verdeckt.

Er, der "Weimar-Werker", gehörte zu den Gründern des gleichnamigen Bürger- und Intellektuellenforums, das Stadträte stellt und einen ernstzunehmenden eigenen Bürgermeisterkandidaten künftig haben wird. Derzeit heißt Weimars Oberbürgermeister Stefan Wolff, der SPD angehörend, so wie Christoph Matschie, der jetzige Kulturminister Thüringens, der ist gleichzeitig der Vorsitzende des Stiftungsrates. Heute nun ließ Matschie die Personalie Seemann verkünden ohne Spekulation für das, was kommt.

In der Klassik Stiftung Weimar ging sicher nicht immer alles so schnell wie im heutigen Wirtschaftsministerium von Matthias Machnig., doch möglicherweise lag in der Ruhe die Kraft für den Umbau einer komplizierten Gemengelage. Für manche Kritiker war es jedoch zu ruhig, zu konturenlos und zu impulsarm nach außen.

Bis 2017 stehen der Klassik Stiftung für den neuen Kosmos 150 Millionen Euro zur Verfügung. Bereits Mitte 2011 wird es einen neuen Mann am Steuer geben, wenn der jetzige Seemann geht. Erste Kritik an der Umgangsform gibt es bereits aus den Reihen der Opposition und vom SPD-Koalitionspartner – der CDU.