Der Skandalmacher
Der Wiener Kritiker und Historiker Christian David hat anlässlich des 80. Geburtstags des Mimen und Publikumsbeschimpfers Klaus Kinski eine Biografie vorgelegt. Das Buch rekonstruiert Höhen und Tiefen dieser exemplarischen Schauspielerexistenz und ist eine mit Faszination geschriebene Würdigung von Kinskis Lebensleistung.
Er war der Irre, Unheimliche und Exaltierte im westdeutschen Nachkriegskino. Mit Edgar-Wallace-Filmen und Italo-Western brachte er es zum Markenzeichen für ungebremstes Pathos und manische Selbstverliebtheit. Klaus Kinski galt als Skandalmacher, als kunstbesessener Tyrann, der alle Register zwischen Genie und Wahnsinn zog und sich in seinen beiden Autobiografien als hemmungsloser Hedonist inszenierte. Seit Werner Herzogs Portraitfilm "Mein liebster Feind" hat sich dieses bizarre Bild fest etabliert.
Die persönlichen Züge, die Klaus Kinskis Gefühlsterrorismus vielleicht begründen können, vor allem aber sein Verständnis von Theater, Literatur und Kino, verschwanden hinter diesem spektakulären Image.
Der Wiener Kritiker und Historiker Christian David hat jetzt zu Kinskis 80. Geburtstag eine Biografie vorgelegt, die hinter die Maske blicken will. Das umfangreiche Buch lässt keine der Anekdoten aus, die Kinskis Ruf als Publikumsbeschimpfer und Krawallhelden prägten. Aber seine gründlichen Recherchen zielen auf mehr. David zeichnet den Lebensweg des in Zoppot geborenen und in Berlin aufgewachsenen Apothekersohnes mit präzisen Daten und Fakten nach, spiegelt in Briefzitaten, zeitgenössischen Presseberichten und Kollegen-Interviews eine komplexe Geschichte nach. Das Buch versucht eine möglichst lückenlose Rekonstruktion der Höhen und Tiefen dieser exemplarischen Schauspielerexistenz und ist so eine sachliche, dennoch mit Faszination geschriebene Würdigung von Kinskis Lebensleistung.
Gelegentlich wirkt Christian Davids Prinzip der soliden Tatsachenreihung, zum Beispiel seine gründliche Recherche sämtlicher Wohnadressen des Mimen, etwas trocken. Auf den zweiten Blick jedoch enthüllt die Akribie des Historikers ein faszinierendes Panorama von Kinskis Lebensumständen, die anfangs in jämmerlichem Gegensatz zu seinen hochfliegenden Plänen standen, als Sprachkünstler und Selbstdarsteller auf der Bühne Anerkennung zu finden. Allein die Episoden um seinen schließlich scheiternden Ehrgeiz, am Wiener Burgtheater engagiert zu werden, sind die Lektüre wert.
Wie dieser Monomane als Rezitator zum Idol der frühen 60er-Jahre-Jugend aufstieg, den Sprung in die schillernde Filmmetropole Rom schaffte und als der verrückteste Nebendarsteller im internationalen Kommerzfilm reüssierte, erzählt nebenbei auch eine spannende Geschichte der Filmindustrie. Kinski wird plastisch als Kind seiner Zeit, als Talent ohne Heimat und stets angestrengtes misstrauisches Genie aus eigener Berufung.
Kinski – die Biographie
Christian David, Aufbau-Verlag, Oktober 2006, 365 Seiten, 24,90 Euro
Rezensiert von Claudia Lenssen
Die persönlichen Züge, die Klaus Kinskis Gefühlsterrorismus vielleicht begründen können, vor allem aber sein Verständnis von Theater, Literatur und Kino, verschwanden hinter diesem spektakulären Image.
Der Wiener Kritiker und Historiker Christian David hat jetzt zu Kinskis 80. Geburtstag eine Biografie vorgelegt, die hinter die Maske blicken will. Das umfangreiche Buch lässt keine der Anekdoten aus, die Kinskis Ruf als Publikumsbeschimpfer und Krawallhelden prägten. Aber seine gründlichen Recherchen zielen auf mehr. David zeichnet den Lebensweg des in Zoppot geborenen und in Berlin aufgewachsenen Apothekersohnes mit präzisen Daten und Fakten nach, spiegelt in Briefzitaten, zeitgenössischen Presseberichten und Kollegen-Interviews eine komplexe Geschichte nach. Das Buch versucht eine möglichst lückenlose Rekonstruktion der Höhen und Tiefen dieser exemplarischen Schauspielerexistenz und ist so eine sachliche, dennoch mit Faszination geschriebene Würdigung von Kinskis Lebensleistung.
Gelegentlich wirkt Christian Davids Prinzip der soliden Tatsachenreihung, zum Beispiel seine gründliche Recherche sämtlicher Wohnadressen des Mimen, etwas trocken. Auf den zweiten Blick jedoch enthüllt die Akribie des Historikers ein faszinierendes Panorama von Kinskis Lebensumständen, die anfangs in jämmerlichem Gegensatz zu seinen hochfliegenden Plänen standen, als Sprachkünstler und Selbstdarsteller auf der Bühne Anerkennung zu finden. Allein die Episoden um seinen schließlich scheiternden Ehrgeiz, am Wiener Burgtheater engagiert zu werden, sind die Lektüre wert.
Wie dieser Monomane als Rezitator zum Idol der frühen 60er-Jahre-Jugend aufstieg, den Sprung in die schillernde Filmmetropole Rom schaffte und als der verrückteste Nebendarsteller im internationalen Kommerzfilm reüssierte, erzählt nebenbei auch eine spannende Geschichte der Filmindustrie. Kinski wird plastisch als Kind seiner Zeit, als Talent ohne Heimat und stets angestrengtes misstrauisches Genie aus eigener Berufung.
Kinski – die Biographie
Christian David, Aufbau-Verlag, Oktober 2006, 365 Seiten, 24,90 Euro
Rezensiert von Claudia Lenssen