"Der Status quo ist eben unzufriedenstellend"
Der Grünen-Politiker Konstantin von Notz sieht in der Kulturflatrate ein probates Mittel, um bei der Vergütung künstlerischer Leistungen mehr Gerechtigkeit herzustellen. "Während heute häufig Nischenkünstler durch das Raster fallen, könnten auch hier Leute, die eben nicht Mainstream machen, eine Vergütung erhalten".
Katrin Heise: Dass die Netzgemeinde kein verschworenes Trüppchen ist, sondern die 50 Millionen Internetnutzer allein in Deutschland alle irgendwie dazuzurechnen sind und dass diese nicht unerhebliche Gruppe liest, sieht, hört, kopiert, was das Internet nur hergibt, das alles sind keine Neuigkeiten. Die Frage, wie soll die Nutzung geistigen Eigentums eigentlich bezahlt werden, die steht auch nicht erst seit gestern im Raum. Man ist bloß noch zu keinem befriedigenden Ergebnis gekommen. Und so verwundert es auch nicht, dass in der Debatte Ideen von vor einigen Jahren wieder diskutiert werden, Beispiel: die Kulturflatrate, also eine pauschale Abgabe, um Inhalte im Netz nutzen und kopieren zu können. Für die kann sich zum Beispiel Dr. Konstantin von Notz, Jurist und netzpolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag, begeistern Herr von Notz, schönen guten Tag!
Konstantin von Notz: Schönen guten Tag, Frau Heise!
Heise: Warum brauchen wir eine Kulturflatrate?
von Notz: Ja, die Digitalisierung ist eine fantastische neue Technologie, so neu ist sie gar nicht …
Heise: … wollte gerade sagen …
von Notz: … haben Sie ja eben schon gesagt. Aber die Probleme, die sie auch schafft, die sind bisher ungelöst. Man kann in Sekundenschnelle Inhalte, Texte, Musik, Filme, Fotos und Ähnliches millionenfach kopieren, zu null Kosten praktisch, und sie dann über das Internet in der ganzen Welt verschicken. Das ist eine tolle Technologie, die wir alle nutzen und die großartig ist, aber die eben auch im Hinblick auf Vergütung Fragen aufwirft. Und insofern ist dieser Ansatz der Kulturflatrate, den die Grünen seit 2004, 2005 diskutieren, aktueller denn je.
Heise: Wenn Sie das schon so lange diskutieren, dann wird da vielleicht auch schon einiges irgendwie festgezurrt oder beziehungsweise in einen Rahmen gegossen sein. Wie soll diese Kulturflatrate beispielsweise umgesetzt werden seitens der zahlenden Nutzer des Internets? Würde jeder mit Internetanschluss oder jeder mit Breitbandanschluss oder jeder mit Smartphone eine Abgabe leisten, oder geht das pro Haushalt?
von Notz: Die Grundüberlegung ist, dass man jedem mit einem Breitbandanschluss, also, der relevant sozusagen Sachen runterladen kann, durch eine Pauschalabgabe ermöglicht, sozusagen dieses legal zu tun. Allerdings nur private Angebote, also nur Filesharing. Angebote wie kino.to, also, kommerziell illegale Angebote bleiben verboten …
Heise: … und das Kopieren ist auch nur zu privaten Zwecken erlaubt …
von Notz: … genau, genau …
Heise: … ich darf es aber meinen Kindern beispielsweise weitergeben, oder was weiß ich, vier Mal oder so?
von Notz: Genau. So ist die Überlegung. Und im Grunde ist das nicht völlig neu. Wir haben in dem Bereich der Kreativwirtschaft schon im Grunde mindestens zweimal vor großen Herausforderungen gestanden: Das erste Mal, als das Radio Einzug gehalten hat und über Wellen auf einmal Musik der unterschiedlichsten Art bis in jedes Zimmer, in jeden Haushalt kam, da hat man auch eine Pauschalabgabe geschaffen, die GEMA-Gebühren, bis zu einem gewissen Grad auch die GEZ, aber das ist sozusagen noch mal tiefer gelagert. Aber im Grunde am besten vergleichbar ist es mit der Kopiertechnologie: Als die mit Kopierkassetten erst, Videokassetten, nachher CDs Einzug gehalten hat, hat man gesagt, Mensch, jetzt, das kannst du nicht verbieten, die Leute schneiden zu Hause eben einfach Musik mit, schneiden Filme mit …
Heise: Und deswegen zahlen wir eigentlich immer schon auf die CD-Rohlinge und so weiter auch so eine Art Flatrate. Wie teuer wäre denn Ihre Kulturflatrate, die Sie sich erdacht haben? Die Musikindustrie hat vor zwei Jahren nämlich mal sich dagegen ausgesprochen und zitierte damals die ehemalige Justizministerin Zypries, deren Haus 50 Euro im Monat errechnete. Ist das so die Größenordnung, an die Sie auch denken?
von Notz: Nein, das ist nicht die Größenordnung, an die wir denken. Sie können, wenn Sie die Nummer von circa 30 Millionen Haushalten, die Breitbandanschluss haben, nehmen, schon bei sehr geringen Beträgen auf sehr hohe Ausschüttungen kommen. Alle Verwertungsgesellschaften geben heute ungefähr 1,2 - 1,3, schütten 1,2 - 1,3 Milliarden Euro aus, und schon bei sehr geringen Beträgen durch eine Kulturflatrate oder eine Pauschalabgabe oder ein Kulturticket, wie Sie es auch nennen wollen, könnten diesen Betrag leicht verdoppeln und würden insofern schon bei sehr geringen Beträgen sehr ernste Ausschüttungszuwächse bewirken.
Heise: Denn bei 50 Euro würde ich jetzt schon das Gegenargument hören: Warum soll ich für was zahlen, was ich nicht nutze? Haben Sie sich mit dem Argument auch schon befasst?
von Notz: Ja, natürlich, das ist ein Argument. Aber Sie werden mir zustimmen: Da Sie ja nun auch für Deutschlandradio Kultur arbeiten, das hören auch nicht alle Leute, trotzdem zahlt jeder, der ein Radio hat, auch für dieses Angebot, was ja sicherlich ein gutes ist. Und insofern wohnt diesem Modell der Pauschalabgabe, wie wir es eben kennen für ganz viele andere Modelle auch, auch eine Gerechtigkeit inne, weil eben sozusagen querbeet, unabhängig von der individuellen Nutzung, kulturelle Leistungen und niveauvolle Nachrichten und Ähnliches …
Heise: … eine Gerechtigkeit, für die man immer wieder aber argumentieren muss! Der netzpolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Konstantin von Notz, erklärt im Deutschlandradio Kultur die Idee der Kulturflatrate. Herr von Notz, wie wird das Geld denn dann verteilt? Wen rechnen Sie zu den zu bezahlenden Anbietern? Künstler, freie Texter?
von Notz: Das müsste man genau so handhaben, wie das heute … oder ähnlich, wie das bei den Verwertungsgesellschaften läuft, die es schon gibt, die GEMA, die VG Wort oder die VG Bild. Theoretisch ist es auch möglich, dass diese Verwertungsgesellschaften die Ausschüttung übernehmen, und bei denen muss man sich eben anmelden mit den Dingen, für die man vergütet werden will.
Die Gerechtigkeit heute bei der Vergütung, die hält sich auch in Grenzen. Es gibt da durchaus Schwachstellen im jetzigen System. Über sozusagen die Klick-Zahlen im Netz könnte man eine sehr viel höhere Gerechtigkeit bei der Ausschüttung dieser Beträge erreichen, weil man eben sehr genau feststellen kann, was tatsächlich gehört, gelesen und angeschaut wird. Und während heute häufig Nischenkünstler durch das Raster fallen, könnten auch hier Leute, die eben nicht Mainstream machen, eine Vergütung erhalten.
Heise: Bei dieser Art der Verteilung drängt sich doch aber auch gleich ein Problem auf, nämlich dass dafür ein Apparat notwendig ist. Die Anbieter müssten ja eben ihre Inhalte schützen lassen, wie Sie es auch erklärt haben. Gestern sprach sich Peter Tauber – der sitzt für die CDU im Bundestag, ist Mitglied der Enquetekommission Internet – mit Hinweis auf den gigantischen Bürokratieaufwand gegen eine solche Flatrate aus. Wie sehen Sie das?
von Notz: Na, das ist ein schwaches Argument, denn letztlich bestehen diese Strukturen ja schon. Die Verwertungsgesellschaften gibt es schon und ich sehe, ehrlich gesagt, nicht, wo der große Bürokratieaufwand ist. Der Status quo, der ist eben unzufriedenstellend. Also, wie es im Augenblick läuft: 800.000 Abmahnungen, mit denen die Leute überzogen werden, viel Geld, was da eingesammelt wird, was die Kreativen nie erreicht. Und gleichzeitig eben eine große Unzufriedenheit mit dem System selbst, weil eben keine Vergütung stattfindet. Das ist die Problematik. Und auch der geschätzte Kollege Tauber hat noch kein besseres Modell vorgeschlagen.
Heise: Ja, er hat sich gestern zum Beispiel dafür ausgesprochen, dass also die Privatwirtschaft ja schon einige Bezahlmodelle sich ausgedacht hat, die ja durchaus auch funktionieren, siehe iTunes. Diese Modelle würden dann ja auch durchaus gestoppt werden, oder …?
von Notz: Das sehe ich überhaupt nicht so. Und das ist ein naiver Trugschluss. Es werden immer Bezahlmodelle möglich sein, auch heute können Sie schon im Fernsehen viele Filme mitschneiden, Sie können im digitalen Radio mit einem gescheiten Programm alle Musik digital mitschneiden. Das ist eben alles unheimlich aufwendig, das tut niemand. Man zahlt für die Dienstleistung, dass man einen guten Service angeboten bekommt, und insofern werden Geschäftsmodelle – die ich übrigens auch für einen wichtigen Baustein in diesem Gesamtsystem halte –, werden selbstverständlich weiter wachsen und auch überleben.
Es geht nur um das Filesharen, um das private Filesharen. Und ich glaube, dass das in einem Gesamtsystem … Man muss über andere Dinge auch noch reden im Urheberrecht, über eine Veränderung des Urhebervertragsrechts, aber andere Bausteine und eben auch bessere Geschäftsmodelle und niedrigschwelligere Angebote im Netz, aber die Kulturflatrate könnte eben ein wesentlicher Baustein sein, um …
Heise: … ist das eigentlich ein deutscher Baustein oder ist das ein international gedachter Baustein?
von Notz: Na, jetzt erst mal so, wie wir das mit den Verwertungsgesellschaften auch sonst machen, ein deutscher. Aber es hält uns nichts davon ab, sinnhafte Dinge auch auf europäischer Ebene zu tun.
Heise: Wie glauben Sie eigentlich, dass diese erhitzte Diskussion jetzt weitergehen wird?
von Notz: Na ja, ich würde mir sehr wünschen, dass die Diskussion sich etwas abkühlt und wir uns eben wirklich fragen, vor was für einer Herausforderung wir stehen. Im Grunde sind zwei Wege da: Entweder man will eine ziemlich voll umfassende Überwachung des Internetverkehrs und genau gucken, was der Einzelne sich anguckt, anhört, was er mitschneidet, und das kontrollieren und mit Repression dagegen vorgehen, um diesen unrechtmäßigen Gebrauch bestimmter Inhalte zu unterdrücken, oder man schafft eben eine Pauschalabgabe.
Ich glaube, dass der erste Weg verfassungskonform nicht zu gehen ist, glaube, dass all die Versuche, die Vorratsdatenspeicherung auch für Urheberrechtsverletzung irgendwie wirksam zu kriegen, dass das nicht funktionieren wird. Und deswegen glaube ich, dass, wenn sich alle besinnen und überlegen, worum es geht, nämlich einen gerechten Interessenausgleich zwischen den einzelnen Parteien, zwischen Kreativen und Nutzern, dass man sich dann schon auf eine Pauschalabgabe verständigen kann.
Heise: Sagt Konstantin von Notz. Er erklärte uns die Idee einer Kulturflatrate im Streit um die Regelung des Urheberrechts. Herr von Notz, ich danke Ihnen für das Gespräch!
von Notz: Ich danke Ihnen, Frau Heise!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Konstantin von Notz: Schönen guten Tag, Frau Heise!
Heise: Warum brauchen wir eine Kulturflatrate?
von Notz: Ja, die Digitalisierung ist eine fantastische neue Technologie, so neu ist sie gar nicht …
Heise: … wollte gerade sagen …
von Notz: … haben Sie ja eben schon gesagt. Aber die Probleme, die sie auch schafft, die sind bisher ungelöst. Man kann in Sekundenschnelle Inhalte, Texte, Musik, Filme, Fotos und Ähnliches millionenfach kopieren, zu null Kosten praktisch, und sie dann über das Internet in der ganzen Welt verschicken. Das ist eine tolle Technologie, die wir alle nutzen und die großartig ist, aber die eben auch im Hinblick auf Vergütung Fragen aufwirft. Und insofern ist dieser Ansatz der Kulturflatrate, den die Grünen seit 2004, 2005 diskutieren, aktueller denn je.
Heise: Wenn Sie das schon so lange diskutieren, dann wird da vielleicht auch schon einiges irgendwie festgezurrt oder beziehungsweise in einen Rahmen gegossen sein. Wie soll diese Kulturflatrate beispielsweise umgesetzt werden seitens der zahlenden Nutzer des Internets? Würde jeder mit Internetanschluss oder jeder mit Breitbandanschluss oder jeder mit Smartphone eine Abgabe leisten, oder geht das pro Haushalt?
von Notz: Die Grundüberlegung ist, dass man jedem mit einem Breitbandanschluss, also, der relevant sozusagen Sachen runterladen kann, durch eine Pauschalabgabe ermöglicht, sozusagen dieses legal zu tun. Allerdings nur private Angebote, also nur Filesharing. Angebote wie kino.to, also, kommerziell illegale Angebote bleiben verboten …
Heise: … und das Kopieren ist auch nur zu privaten Zwecken erlaubt …
von Notz: … genau, genau …
Heise: … ich darf es aber meinen Kindern beispielsweise weitergeben, oder was weiß ich, vier Mal oder so?
von Notz: Genau. So ist die Überlegung. Und im Grunde ist das nicht völlig neu. Wir haben in dem Bereich der Kreativwirtschaft schon im Grunde mindestens zweimal vor großen Herausforderungen gestanden: Das erste Mal, als das Radio Einzug gehalten hat und über Wellen auf einmal Musik der unterschiedlichsten Art bis in jedes Zimmer, in jeden Haushalt kam, da hat man auch eine Pauschalabgabe geschaffen, die GEMA-Gebühren, bis zu einem gewissen Grad auch die GEZ, aber das ist sozusagen noch mal tiefer gelagert. Aber im Grunde am besten vergleichbar ist es mit der Kopiertechnologie: Als die mit Kopierkassetten erst, Videokassetten, nachher CDs Einzug gehalten hat, hat man gesagt, Mensch, jetzt, das kannst du nicht verbieten, die Leute schneiden zu Hause eben einfach Musik mit, schneiden Filme mit …
Heise: Und deswegen zahlen wir eigentlich immer schon auf die CD-Rohlinge und so weiter auch so eine Art Flatrate. Wie teuer wäre denn Ihre Kulturflatrate, die Sie sich erdacht haben? Die Musikindustrie hat vor zwei Jahren nämlich mal sich dagegen ausgesprochen und zitierte damals die ehemalige Justizministerin Zypries, deren Haus 50 Euro im Monat errechnete. Ist das so die Größenordnung, an die Sie auch denken?
von Notz: Nein, das ist nicht die Größenordnung, an die wir denken. Sie können, wenn Sie die Nummer von circa 30 Millionen Haushalten, die Breitbandanschluss haben, nehmen, schon bei sehr geringen Beträgen auf sehr hohe Ausschüttungen kommen. Alle Verwertungsgesellschaften geben heute ungefähr 1,2 - 1,3, schütten 1,2 - 1,3 Milliarden Euro aus, und schon bei sehr geringen Beträgen durch eine Kulturflatrate oder eine Pauschalabgabe oder ein Kulturticket, wie Sie es auch nennen wollen, könnten diesen Betrag leicht verdoppeln und würden insofern schon bei sehr geringen Beträgen sehr ernste Ausschüttungszuwächse bewirken.
Heise: Denn bei 50 Euro würde ich jetzt schon das Gegenargument hören: Warum soll ich für was zahlen, was ich nicht nutze? Haben Sie sich mit dem Argument auch schon befasst?
von Notz: Ja, natürlich, das ist ein Argument. Aber Sie werden mir zustimmen: Da Sie ja nun auch für Deutschlandradio Kultur arbeiten, das hören auch nicht alle Leute, trotzdem zahlt jeder, der ein Radio hat, auch für dieses Angebot, was ja sicherlich ein gutes ist. Und insofern wohnt diesem Modell der Pauschalabgabe, wie wir es eben kennen für ganz viele andere Modelle auch, auch eine Gerechtigkeit inne, weil eben sozusagen querbeet, unabhängig von der individuellen Nutzung, kulturelle Leistungen und niveauvolle Nachrichten und Ähnliches …
Heise: … eine Gerechtigkeit, für die man immer wieder aber argumentieren muss! Der netzpolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Konstantin von Notz, erklärt im Deutschlandradio Kultur die Idee der Kulturflatrate. Herr von Notz, wie wird das Geld denn dann verteilt? Wen rechnen Sie zu den zu bezahlenden Anbietern? Künstler, freie Texter?
von Notz: Das müsste man genau so handhaben, wie das heute … oder ähnlich, wie das bei den Verwertungsgesellschaften läuft, die es schon gibt, die GEMA, die VG Wort oder die VG Bild. Theoretisch ist es auch möglich, dass diese Verwertungsgesellschaften die Ausschüttung übernehmen, und bei denen muss man sich eben anmelden mit den Dingen, für die man vergütet werden will.
Die Gerechtigkeit heute bei der Vergütung, die hält sich auch in Grenzen. Es gibt da durchaus Schwachstellen im jetzigen System. Über sozusagen die Klick-Zahlen im Netz könnte man eine sehr viel höhere Gerechtigkeit bei der Ausschüttung dieser Beträge erreichen, weil man eben sehr genau feststellen kann, was tatsächlich gehört, gelesen und angeschaut wird. Und während heute häufig Nischenkünstler durch das Raster fallen, könnten auch hier Leute, die eben nicht Mainstream machen, eine Vergütung erhalten.
Heise: Bei dieser Art der Verteilung drängt sich doch aber auch gleich ein Problem auf, nämlich dass dafür ein Apparat notwendig ist. Die Anbieter müssten ja eben ihre Inhalte schützen lassen, wie Sie es auch erklärt haben. Gestern sprach sich Peter Tauber – der sitzt für die CDU im Bundestag, ist Mitglied der Enquetekommission Internet – mit Hinweis auf den gigantischen Bürokratieaufwand gegen eine solche Flatrate aus. Wie sehen Sie das?
von Notz: Na, das ist ein schwaches Argument, denn letztlich bestehen diese Strukturen ja schon. Die Verwertungsgesellschaften gibt es schon und ich sehe, ehrlich gesagt, nicht, wo der große Bürokratieaufwand ist. Der Status quo, der ist eben unzufriedenstellend. Also, wie es im Augenblick läuft: 800.000 Abmahnungen, mit denen die Leute überzogen werden, viel Geld, was da eingesammelt wird, was die Kreativen nie erreicht. Und gleichzeitig eben eine große Unzufriedenheit mit dem System selbst, weil eben keine Vergütung stattfindet. Das ist die Problematik. Und auch der geschätzte Kollege Tauber hat noch kein besseres Modell vorgeschlagen.
Heise: Ja, er hat sich gestern zum Beispiel dafür ausgesprochen, dass also die Privatwirtschaft ja schon einige Bezahlmodelle sich ausgedacht hat, die ja durchaus auch funktionieren, siehe iTunes. Diese Modelle würden dann ja auch durchaus gestoppt werden, oder …?
von Notz: Das sehe ich überhaupt nicht so. Und das ist ein naiver Trugschluss. Es werden immer Bezahlmodelle möglich sein, auch heute können Sie schon im Fernsehen viele Filme mitschneiden, Sie können im digitalen Radio mit einem gescheiten Programm alle Musik digital mitschneiden. Das ist eben alles unheimlich aufwendig, das tut niemand. Man zahlt für die Dienstleistung, dass man einen guten Service angeboten bekommt, und insofern werden Geschäftsmodelle – die ich übrigens auch für einen wichtigen Baustein in diesem Gesamtsystem halte –, werden selbstverständlich weiter wachsen und auch überleben.
Es geht nur um das Filesharen, um das private Filesharen. Und ich glaube, dass das in einem Gesamtsystem … Man muss über andere Dinge auch noch reden im Urheberrecht, über eine Veränderung des Urhebervertragsrechts, aber andere Bausteine und eben auch bessere Geschäftsmodelle und niedrigschwelligere Angebote im Netz, aber die Kulturflatrate könnte eben ein wesentlicher Baustein sein, um …
Heise: … ist das eigentlich ein deutscher Baustein oder ist das ein international gedachter Baustein?
von Notz: Na, jetzt erst mal so, wie wir das mit den Verwertungsgesellschaften auch sonst machen, ein deutscher. Aber es hält uns nichts davon ab, sinnhafte Dinge auch auf europäischer Ebene zu tun.
Heise: Wie glauben Sie eigentlich, dass diese erhitzte Diskussion jetzt weitergehen wird?
von Notz: Na ja, ich würde mir sehr wünschen, dass die Diskussion sich etwas abkühlt und wir uns eben wirklich fragen, vor was für einer Herausforderung wir stehen. Im Grunde sind zwei Wege da: Entweder man will eine ziemlich voll umfassende Überwachung des Internetverkehrs und genau gucken, was der Einzelne sich anguckt, anhört, was er mitschneidet, und das kontrollieren und mit Repression dagegen vorgehen, um diesen unrechtmäßigen Gebrauch bestimmter Inhalte zu unterdrücken, oder man schafft eben eine Pauschalabgabe.
Ich glaube, dass der erste Weg verfassungskonform nicht zu gehen ist, glaube, dass all die Versuche, die Vorratsdatenspeicherung auch für Urheberrechtsverletzung irgendwie wirksam zu kriegen, dass das nicht funktionieren wird. Und deswegen glaube ich, dass, wenn sich alle besinnen und überlegen, worum es geht, nämlich einen gerechten Interessenausgleich zwischen den einzelnen Parteien, zwischen Kreativen und Nutzern, dass man sich dann schon auf eine Pauschalabgabe verständigen kann.
Heise: Sagt Konstantin von Notz. Er erklärte uns die Idee einer Kulturflatrate im Streit um die Regelung des Urheberrechts. Herr von Notz, ich danke Ihnen für das Gespräch!
von Notz: Ich danke Ihnen, Frau Heise!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.