Der Tag mit Olaf Scholz

SPD-Kanzlerkandidat: Man muss Politik erklären

53:57 Minuten
SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz im Porträt
SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz beim Interview mit Deutschlandfunk Kultur im Berliner Willy-Brandt-Haus. © Deutschlandradio / Christian Kruppa
Moderation: Jagoda Marinić und Korbinian Frenzel |
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SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz als Merkel-Nachfolger? Laut Umfragen läuft es immer besser für ihn. Doch was würde er anders machen? Er nimmt Stellung: zu Globalisierung, Mindestlohn, Klimakrise und Diversität. Und sagt, wer sein Vorbild ist.
Den Vorwurf, er würde im Falle seines Einzugs ins Kanzleramt den Regierungsstil Angela Merkels fortsetzen, hört Olaf Scholz oft. Sie sei nicht sein Vorbild, betont der SPD-Kanzlerkandidat. Er sei kurz nach Helmut Schmidts Amtsantritt in die SPD eingetreten. Seine Vorstellung von guter Politik habe viel damit zu tun:
"Ich fand zum Beispiel immer sehr gut an Helmut Schmidt, dass er Politik erklärt hat. Das ist etwas, was ich viele Jahre, ja Jahrzehnte eigentlich, vermisst habe", so Scholz. Er glaube, dass es den Bürgerinnen und Bürgern ähnlich gehe. "Man muss das, was man tut, auch erläutern." Das habe er sich auch für die Zukunft vorgenommen.
Scholz spricht in der Sendung über die "Zuversichtskrise" in den reichen Ländern des Westens, über den Zusammenhang von Globalisierung und Populismus, er erläutert seine Pläne zur Bewältigung der Klimakrise sowie seine Vorstellungen von guten Arbeitsplätzen. Deutschland stehe schließlich die "größte industrielle Modernisierung" bevor.
"Das, was wir an Politik machen müssen und was wir auch an Innovationen zustande bringen müssen, muss dafür Sorge tragen, dass wir in 10, 20, 30 Jahren in diesem Land noch gute Arbeitsplätze haben. Und dass wir technologisch vorne dabei sind in einer Welt von bald zehn Milliarden Einwohnern", sagt der jetzige Bundesfinanzminister.

Betriebsrat auch für eine neue Bank wie N26

Er verspricht dabei einen starken Sozialstaat: Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern müssten eine große Rolle spielen. Dies müsse auch für digitale Geschäftsmodelle gelten:
"Ich habe nicht verstanden, warum eine neue Bank wie N26 findet, sie bräuchte keinen Betriebsrat. Das sind Sachen, die ich nicht nachvollziehen kann und wo ich sage, da müssen wir sehr klar gegenhalten."
Vorwürfe, er habe im Zusammenhang mit dem Cum-Ex-Skandal, in den mehrere Banken verwickelt sind, womöglich nicht korrekt gehandelt, weist der frühere Erste Bürgermeister Hamburgs erneut zurück. "Es hat keine Beeinflussung von Entscheidungen von Finanzämtern gegeben", betont er. Außerdem:
"Es war nie schwierig für eine Bank in Hamburg - und zwar alle Banken - den jeweiligen Bürgermeister zu treffen. Mit mir als Bürgermeister war es auch für Gewerkschaften zum Beispiel nie schwierig, den Bürgermeister zu treffen und auch für viele andere Gruppen. Das gehört für Politik schon dazu, dass man sich anhört, was Leute zu sagen haben. Wichtig ist, dass man die Entscheidung, die man trifft, dann auch selber richtig findet und auch begründet."
Gesellschaftspolitisch verspricht Scholz, der Vielfalt in Deutschland Rechnung zu tragen. Für viele Menschen sei es "ein Land der Hoffnung". Er selbst habe als Erster Bürgermeister Hamburgs für Einbürgerungen geworben. Mehr Diversität solle auch ein von ihm geführtes Kabinett vorweisen:
"Dass jeweils zur Hälfte Männer und Frauen in dem Kabinett sitzen, das will ich unbedingt erreichen."
(bth)

SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz ist seit 2018 Bundesminister der Finanzen und Vizekanzler. Regierungserfahrung hat er über viele Jahre gesammelt – als Bundesminister für Arbeit und Soziales (2007-2009) und Erster Bürgermeister von Hamburg (2011-2018). Bei seiner Bewerbung um den SPD-Parteivorsitz, gemeinsam mit Klara Geywitz, unterlag er 2019 dem Team Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans. Zum Kanzlerkandidaten wählte ihn seine Partei mit 96,2 Prozent der abgegebenen Stimmen.

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