Berliner Open Mike

Der Traum vom literarischen Ruhm

56:16 Minuten
Drei junge Menschen schauen in die Kamera, in der Mitte eine Frau, links und rechts zwei Männer. Alle tragen dunkle Kleidung, Greta Maria Pichler hat eine Brille und lockige Haare. Alexander Rudolfi links hat dunkelblonde Haare, Patrick Holzapfel hat unter dem dunklen Oberteil ein helles Hemd an.
Beim Open Mike-Finale 2022 hat die Jury drei von 17 Autorinnen und Autoren ausgezeichnet: Alexander Rudolfi, Greta Maria Pichler und Patrick Holzapfel (von links nach rechts). Einen Hauptpreis vergab die Jury in diesem Jahr nicht. © Natalia Reich
Von Corinne Orlowski |
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Der Open Mike ist die wichtigste Bühne für den literarischen Nachwuchs. Zum 30. Mal fand das Wettlesen unter der Discokugel im Berliner Heimathafen Neukölln statt. Ein Besuch auf dem erfolgreichen Literaturfestival der jungen Autorinnen und Autoren.
Die Stimmung auf dem Open Mike ist eine Mischung aus Klassenparty und Abiturprüfung, auf der die zahlreich anwesenden Vertreterinnen und Vertreter des Literaturbetriebs mal den DJ, mal die Vorsitzende der Kommission der Reifeprüfung geben. Es geht um viel im Heimathafen Neukölln, und die Finalistinnen und Finalisten haben schon viel erreicht - sie sind ausgewählt worden aus einer großen Schar von Schreibenden. Das olympische Motiv beseelt den Open Mike, der 2022 schon in sein 30. Jahr geht.

Literarische Win-win-Situation

Auf dem Open Mike begannen die Karrieren von Terézia Mora, David Wagner, Zsuzsa Bánk, Karen Duve und vielen anderen. Der literarische Wettbewerb in Berlin, ein kleiner Bruder des Klagenfurter Wettlesens, gilt als wichtigste Bühne des literarischen Nachwuchses.
Sein Erfolg ist der wohlüberlegten Integration des Literaturbetriebs in das Event zu verdanken: Eine Vorjury aus Verlagslektorinnen und -lektoren wählt aus den zahlreichen anonymisierten Einsendungen die Teilnehmer des zweitägigen Wettlesens aus, dann entscheidet eine Jury aus Schriftstellerinnen und Schriftstellern, wem die Preise gebühren.
Die Gatekeeper der Verlage bekommen neue Stimmen frei Haus geliefert, die Neuen erhalten Kontakt zu den etablierten Verlagsangestellten sowie den etablierten (und möglicherweise künftigen) Kolleginnen und Kollegen. Letztere wiederum entscheiden über die Qualität. Der Open Mike ist Talentbörse und Literaturmarkt oder Talentmarkt und Literaturbörse dank der geschickten Vermittlung aller für Texte zuständigen Akteure im Literaturbetrieb.

Gurgelgeräusche mit Salzwasser bei 0 Beaufort

Der Auftritt auf der Veranstaltung, die seit einigen Jahren vor Publikum im Berliner Heimathafen Neukölln stattfindet, ist begehrt: In diesem Jahr lasen sich sieben Lektorinnen und –lektoren bekannter Verlage durch mehr als 500 Einsendungen, um 17 Finalistinnen und Finalisten auszuwählen. Diese dürften höchstens 35 Jahre alt sein und noch kein Buch veröffentlicht haben, so wollen es die Statuten.
Die Jury – die Lyrikerin Nadja Küchenmeister sowie die Schriftstellerinnen Madame Nielsen und Zsuzsanna Gahse – vergab wie schon die Juroren im letzten Jahr keinen Hauptpreis. Sie zeichnete drei Teilnehmer für ihre Prosa und Gedichte aus: Greta Maria Pichler („salzwasser“), Alexander Rudolfi („arber werden“) und Patrick Holzapfel, der zudem für „Gurgelgeräusche“ den Preis der „taz“-Publikumsjury erhielt.
(pla)

Das Manuskript der Sendung können Sie hier herunterladen.

Es spricht: die Autorin.
Ton: Sonja Maronde.
Regie: Beatrix Ackers.
Redaktion: Jörg Plath.

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