"Der Verfestigung von Stereotypen entgegenwirken"

Moderation: Holger Hettinger |
Mit der Ausstellung "Tödliche Medizin – Rassenwahn im Nationalsozialismus" zeichnet das Deutsche Hygiene-Museum in Dresden die Geschichte der Eugenik-Forschung vor und während des Dritten Reiches nach. Die Ausstellung des United States Memorial Museum präsentiert sich erstmals außerhalb Nordamerikas.
Das Deutsche Hygiene-Museum ist der einzige Ort in Europa, an dem sie zu sehen sein wird. In der Nazi-Diktatur hatte das Haus sich vollständig in den Dienst der Propaganda für die nationalsozialistische Rassen- und Gesundheitspolitik gestellt.

Deutschlandradio Kultur sprach mit dem Direktor des Deutschen Hygiene-Museums Klaus Vogel. Lesen Sie hier einen Ausschnitt aus dem Gespräch:

Hettinger: Eugenik oder die Erschaffung des perfekten Menschen sind keine Erfindung der Nationalsozialisten. Wo liegen die Wurzeln und wie ist die Aneignung durch die nationalsozialistische Rassenideologie verlaufen?

Vogel: Den größten Rückhalt fand die eugenische Bewegung zu Anfang des 20. Jahrhunderts. Man muss vielleicht sagen, dass die Eugenik anfangs kein Schwerpunktgebiet der Nationalsozialisten war. Es gab fortschrittliche linke Eugeniker, es gab auch jüdische Eugeniker – aber die Radikalisierung, die das Ganze dann genommen hat, die gab es spezifisch in Deutschland.

(…)

Hettinger: Ein Anliegen dieser Ausstellung ist es auch angesichts erstarkender rechtsradikaler Kräfte, die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus zu suchen, aufzuklären. Gibt es Tendenzen in der Neonazi-Szene, die auf diese Ideologie zurückgreifen?

Vogel: Die gibt es natürlich. Es gibt einen großen Fremdenhass insbesondere in unserem Land, dem Freistaat Sachsen, wo bekanntermaßen relativ wenig Fremde, das heißt Ausländer, leben. Es gibt Antisemitismus schlimmster Ausprägung in der rechtsradikalen Szene. (…) Man sollte sich aber nicht der Illusion hingeben, dass man mit einer Ausstellung nun Rechtsradikale sozusagen umdrehen kann. Was wir möglicherweise können, wenn wir es schaffen, mit der Ausstellung in die Breite zu gehen, wenn wir viele junge Menschen ansprechen können, den einen oder anderen aufzuweichen und der Verfestigung von Stereotypen entgegenzuwirken.

Service:

Die Ausstellung "Tödliche Medizin - Rassenwahn im Nationalsozialismus" ist im Deutschen Hygiene-Museum Dresden vom 12. Oktober 2006 bis 24. Juni 2007 zu sehen. Der Deutschlandfunk ist Medienpartner.
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