"Jetzt wurde die Reißleine gezogen"
Es kam wie ein Knall: Der scheidende SPD-Chef Martin Schulz gibt seine Ambitionen auf das Amt des Außenministers auf. Wie geht es nun weiter mit der SPD? Wann wird endlich wieder über Sachfragen diskutiert statt über Personen?
Der von Martin Schulz genannte Grund für seinen Rückzug: Er sieht durch die Diskussion um seine Person einen Erfolg des SPD-Mitgliedervotums über den Koalitionsvertrag gefährdet. Er weicht damit dem Druck der parteiinternen Kritiker, die ihm Wortbruch vorgeworfen hatten. Dass Schulz mit einer kühlen Bemerkung den beliebten und kompetent wirkenden Außenminister Sigmar Gabriel aus dem Amt heben wollte, versteht innerhalb und außerhalb der SPD kaum jemand. Nach einer Umfrage waren drei von vier Deutschen gegen einen Wechsel von Schulz ins Außenministerium.
Wie geht es nun weiter mit der SPD? Und kann die Bundesregierung nun endlich ihre Arbeit beginnen? Steigt mit dieser Entscheidung auch der Druck auf CDU-Chefin Angela Merkel, in deren Partei die Rufe nach rascher Erneuerung bis in die Spitze lauter werden? Geht Sigmar Gabriel nun gestärkt aus dem Ringen hervor? Wann wird endlich wieder über Sachfragen diskutiert statt über Personen?
Darüber diskutierten im Wortwechsel Gesine Schwan (ehemalige SPD-Politikerin), Gero Neugebauer (Politikwissenschaftler), Albrecht von Lucke (Publizist, Politologe und Jurist) und Theo Geers (Hauptstadtstudiokorrespondent von Deutschlandfunk Kultur).
"Druck aus der Partei"
Theo Geers: "Wir wissen, dass erheblicher Druck aus der Partei auf Martin Schulz ausgeübt wurde. Es gab Tausende wütende Zuschriften von Parteimitgliedern. Jetzt wurde die Reißleine gezogen, eine Entscheidung, hinter der die gesamte Parteiführung der SPD steht."
"Eine schnelle, nötige Korrektur"
Gesine Schwan: "Martin Schulz ging es vor allem um die Position des Außenministers, und damit Feierabend. Deshalb ist sein Rücktritt jetzt eine schnelle, nötige Korrektur gewesen. Jetzt sollte man sich in Ruhe überlegen, wer welchen Posten besetzt." , langjährige Wegbegleiterin der SPD
"Eine Niederlage für die Parteispitze der SPD"
Albrecht von Lucke: "Martin Schulz war nützlich für Andrea Nahles und Olaf Scholz. Sie wollten mit einer großen Rochade auch die Personalie Gabriel klären. Das ist nicht gelungen und deshalb ist diese Zuspitzung jetzt auch eine Niederlage für die Parteispitze der SPD."
"Reparaturbrigade der GroKo"
Gero Neugebauer: "Es ist nicht die Große Koalition, die Schaden gebracht hat, sondern die Art und Weise, wie die SPD von Frau Merkel vorgeführt wurde. Jetzt muss die SPD einen Weg finden, ihre Handschrift nicht nur im Koalitionsvertrag, sondern in der Politik sichtbar werden zu lassen. Wo klare Werte fehlen, ist die SPD nur noch die Reparaturbrigade der GroKo."