Der Widerstand ist nicht müde geworden
In der Debatte über ein atomares Endlager hat Niedersachsens neue rot-grüne Landesregierung den Standort Gorleben ausgeschlossen. Und dennoch: Für die Menschen vor Ort ist das Thema noch längst nicht erledigt.
Das vorläufig letzte Ausrufezeichen in der Gorleben-Debatte setzte die neue niedersächsische Landesregierung: Rot-Grün, seit Mitte Februar im Amt, verankerte im Koalitionsvertrag ein "Nein" zu einem möglichen Atommüll-Endlager Gorleben. Ein Neustart bei der Suche könne nur ohne den Salzstock gelingen, so SPD-Ministerpräsident Stephan Weil:
"Gorleben ist ungeeignet. Aus geologischen Gründen. Wir werden keinem Gesetz zustimmen, das Gorleben im Topf drin lässt und zwar ganz einfach, weil die Sicherheit über allem stehen muss."
Damit spielt Weil auf die Gespräche in Berlin an, bei denen Bundesumweltminister Peter Altmaier von der CDU gemeinsam mit SPD-Chef Sigmar Gabriel und Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin am neuen Endlagersuchgesetz bastelt. Geht es nach ihnen, soll der bereits erkundete Salzstock Gorleben mit anderen möglichen Standorten verglichen werden.
Wolfgang Ehmke genießt vor seinem Haus in der Göhrde im Kreis Lüchow-Dannenberg die ersten Frühlingsboten. Die März-Sonne lässt im Garten die Krokusse sprießen. Ehmke ist eines der bekanntesten Gesichter der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg, kurz BI, die sich seit 36 Jahren gegen ein Atommüll-Endlager in Gorleben engagiert.
"Was wir geschafft haben: Wir haben verhindern können, dass 1999 ein Atommüll-Endlager in Gorleben den Betrieb hätte aufnehmen sollen. Das war der Zeitplan. Jetzt heißt es, 30 Jahre später wird möglicherweise ein Endlager den Betrieb aufnehmen. Und es ist nicht ganz sicher, ob es Gorleben ist. Da ist Freude, nein, Genugtuung, dass wir es geschafft haben, das Türchen offen zu halten."
Die BI – sagt Wolfgang Ehmke - habe sich stets als Korrektiv für politische Fehlentscheidungen verstanden. Das, worüber derzeit in Berlin gesprochen wird, sei die nächste Fehlentscheidung:
"Herr Altmaier ist ein guter Moderator: Einen Groß-Konflikt möchte er moderieren, dämpfen. Aber das ist der falsche Ansatz: Wir wollen sachgerechte Lösungen, wissenschaftsbasierte Lösungen. Und dazu muss man endlich mal eingestehen, dass der Salzstock Gorleben gar nicht geeignet ist."
"Gorleben ist ungeeignet. Aus geologischen Gründen. Wir werden keinem Gesetz zustimmen, das Gorleben im Topf drin lässt und zwar ganz einfach, weil die Sicherheit über allem stehen muss."
Damit spielt Weil auf die Gespräche in Berlin an, bei denen Bundesumweltminister Peter Altmaier von der CDU gemeinsam mit SPD-Chef Sigmar Gabriel und Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin am neuen Endlagersuchgesetz bastelt. Geht es nach ihnen, soll der bereits erkundete Salzstock Gorleben mit anderen möglichen Standorten verglichen werden.
Wolfgang Ehmke genießt vor seinem Haus in der Göhrde im Kreis Lüchow-Dannenberg die ersten Frühlingsboten. Die März-Sonne lässt im Garten die Krokusse sprießen. Ehmke ist eines der bekanntesten Gesichter der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg, kurz BI, die sich seit 36 Jahren gegen ein Atommüll-Endlager in Gorleben engagiert.
"Was wir geschafft haben: Wir haben verhindern können, dass 1999 ein Atommüll-Endlager in Gorleben den Betrieb hätte aufnehmen sollen. Das war der Zeitplan. Jetzt heißt es, 30 Jahre später wird möglicherweise ein Endlager den Betrieb aufnehmen. Und es ist nicht ganz sicher, ob es Gorleben ist. Da ist Freude, nein, Genugtuung, dass wir es geschafft haben, das Türchen offen zu halten."
Die BI – sagt Wolfgang Ehmke - habe sich stets als Korrektiv für politische Fehlentscheidungen verstanden. Das, worüber derzeit in Berlin gesprochen wird, sei die nächste Fehlentscheidung:
"Herr Altmaier ist ein guter Moderator: Einen Groß-Konflikt möchte er moderieren, dämpfen. Aber das ist der falsche Ansatz: Wir wollen sachgerechte Lösungen, wissenschaftsbasierte Lösungen. Und dazu muss man endlich mal eingestehen, dass der Salzstock Gorleben gar nicht geeignet ist."
"Die Auseinandersetzung muss weitergehen"
Deshalb gelte für die BI und die anderen Anti-Atomkraft-Aktivisten in Lüchow-Dannenberg: Jetzt nachzulassen in den Bemühungen komme nicht infrage. Vom "Kampf", der weitergeht, will Ehmke allerdings nicht sprechen.
"Das hört sich so heroisch an. Kampf... Die Auseinandersetzung muss weitergehen. Und ich glaube auch, dass wir die Kraft haben, die Auseinandersetzung zu gewinnen, denn am Ende setzt sich die Wahrheit durch. Wir haben immer erlebt, dass die Suchkriterien immer an die miesen geologischen Befunde angepasst wurden."
Rund 20 Kilometer von Gorleben entfernt, in der Stadt Dannenberg, ist Elke Mundhenk seit Herbst 2011 ehrenamtliche Bürgermeisterin. Die erste Grüne, die es auf diesen Posten geschafft hat. Als Folge von Fukushima, so wie es zuvor den Grünen in Baden-Württemberg gelungen war, mit Winfried Kretschmann erstmals einen Ministerpräsidenten zu stellen? Elke Mundhenk wiegelt ab:
"Ich denke, das gehört zur Gemengelage in dieser Stadt. Wir haben auch im Kreis eine atom-kritische Mehrheit, die das ablehnt und durch die Wahl hat sich das bestätigt. Weil das zum Ausdruck bringt, dass die Mehrheit der Bürger mit der Atomkraft nicht einverstanden sind."
Eine grüne Bürgermeisterin in der Stadt, in der bei Castor-Transporten ins Zwischenlager Gorleben Ausnahmezustand herrscht, weil dort die Züge enden und ein Verladekran die Behälter auf Lastwagen umsetzt, bevor es auf die letzten Straßenkilometer geht. Das nächste Mal voraussichtlich 2014.
"Ich hoffe, dass keine Castoren rollen werden. Weil durch zwölf Stunden Umladezeit die Stadt auch gefährdet ist. Es gibt keinen Katastrophenplan, was passiert wenn? Das ist für mich ein unhaltbarer Zustand."
Nicht nur wegen der Castor-Transporte ist Elke Mundhenk in Sorge; sondern auch, weil der Salzstock Gorleben nach wie vor im Gespräch als Endlager ist. Wenige Meter vom Rathaus entfernt steht ein Denkmal, ein großes X-Symbol des Widerstands im Wendland – zusammengesetzt aus Eisenbahn-Schienen. Dahinter ein Wegweiser: Gorleben 20 Kilometer, das abgeschaltete Kernkraftwerk Krümmel 82, das Atommülllager Asse 148, der Reaktor Tschernobyl 1586 Kilometer. Provisorisch auf einem Papp-Schild hinzugekommen: Fukushima 8866 Kilometer.
"Wir können uns sicher nicht zurücklehnen. Ich würde mich versucht fühlen, wenn es hieße, Gorleben wird kein Endlager. Aber glauben werde ich es erst, wenn ein anderer Standort benannt wird. Wir sind schon so viele Jahre hintergangen worden, dass ich jegliches Vertrauen verloren habe. Der Widerstand sieht es sicher genauso. Ich kann mir nicht vorstellen, dass derzeit jemand sagt, wir sind am Ziel angekommen."
Die Botschaft aus dem Wendland an die Entscheider in Berlin lautet: Auch nach knapp 40 Jahren Widerstand ist niemand müde geworden, gegen Gorleben auf die Straße zu ziehen. Ein Gesetz für ein Endlager – so wünschen es sich die Menschen in Lüchow-Dannenberg – sollte im gesellschaftlichen Konsens über Parteigrenzen hinweg gefunden und nicht im Schnellverfahren bis zur Bundestagswahl ausgehandelt werden.
"Das hört sich so heroisch an. Kampf... Die Auseinandersetzung muss weitergehen. Und ich glaube auch, dass wir die Kraft haben, die Auseinandersetzung zu gewinnen, denn am Ende setzt sich die Wahrheit durch. Wir haben immer erlebt, dass die Suchkriterien immer an die miesen geologischen Befunde angepasst wurden."
Rund 20 Kilometer von Gorleben entfernt, in der Stadt Dannenberg, ist Elke Mundhenk seit Herbst 2011 ehrenamtliche Bürgermeisterin. Die erste Grüne, die es auf diesen Posten geschafft hat. Als Folge von Fukushima, so wie es zuvor den Grünen in Baden-Württemberg gelungen war, mit Winfried Kretschmann erstmals einen Ministerpräsidenten zu stellen? Elke Mundhenk wiegelt ab:
"Ich denke, das gehört zur Gemengelage in dieser Stadt. Wir haben auch im Kreis eine atom-kritische Mehrheit, die das ablehnt und durch die Wahl hat sich das bestätigt. Weil das zum Ausdruck bringt, dass die Mehrheit der Bürger mit der Atomkraft nicht einverstanden sind."
Eine grüne Bürgermeisterin in der Stadt, in der bei Castor-Transporten ins Zwischenlager Gorleben Ausnahmezustand herrscht, weil dort die Züge enden und ein Verladekran die Behälter auf Lastwagen umsetzt, bevor es auf die letzten Straßenkilometer geht. Das nächste Mal voraussichtlich 2014.
"Ich hoffe, dass keine Castoren rollen werden. Weil durch zwölf Stunden Umladezeit die Stadt auch gefährdet ist. Es gibt keinen Katastrophenplan, was passiert wenn? Das ist für mich ein unhaltbarer Zustand."
Nicht nur wegen der Castor-Transporte ist Elke Mundhenk in Sorge; sondern auch, weil der Salzstock Gorleben nach wie vor im Gespräch als Endlager ist. Wenige Meter vom Rathaus entfernt steht ein Denkmal, ein großes X-Symbol des Widerstands im Wendland – zusammengesetzt aus Eisenbahn-Schienen. Dahinter ein Wegweiser: Gorleben 20 Kilometer, das abgeschaltete Kernkraftwerk Krümmel 82, das Atommülllager Asse 148, der Reaktor Tschernobyl 1586 Kilometer. Provisorisch auf einem Papp-Schild hinzugekommen: Fukushima 8866 Kilometer.
"Wir können uns sicher nicht zurücklehnen. Ich würde mich versucht fühlen, wenn es hieße, Gorleben wird kein Endlager. Aber glauben werde ich es erst, wenn ein anderer Standort benannt wird. Wir sind schon so viele Jahre hintergangen worden, dass ich jegliches Vertrauen verloren habe. Der Widerstand sieht es sicher genauso. Ich kann mir nicht vorstellen, dass derzeit jemand sagt, wir sind am Ziel angekommen."
Die Botschaft aus dem Wendland an die Entscheider in Berlin lautet: Auch nach knapp 40 Jahren Widerstand ist niemand müde geworden, gegen Gorleben auf die Straße zu ziehen. Ein Gesetz für ein Endlager – so wünschen es sich die Menschen in Lüchow-Dannenberg – sollte im gesellschaftlichen Konsens über Parteigrenzen hinweg gefunden und nicht im Schnellverfahren bis zur Bundestagswahl ausgehandelt werden.