Der Zauber eines Bergdorfs
Die Schriftstellerin Felicitas Hoppe erzählt Geschichten von den Bewohnern der Schweizer Ortschaft Leuk. Naturbeschreibung findet man in diesem schmalen Band nur wenig. Und doch wird der Zauber des Dorfs auch für diejenigen Leser plastisch, die nie in der Region Wallis waren.
"Denn dies ist der beste Platz der Welt, wo man morgens das Licht aus hohen Kannen hinunter ins Tal gießt, mittags Schatten hinter hölzernen Läden sucht und abends auf kleinen Terrassen sitzt, um die Entfernungen zwischen Himmel, Gipfeln und Erde zu schätzen."
Die Erzählung "Der beste Platz der Welt" ist eine Verbeugung vor einem kleinen Ort in der Schweiz. Der "Spycher Literaturpreis Leuk" führte die Berliner Schriftstellerin Felicitas Hoppe ins Oberwallis, genauer in das mittelalterliche Städtchen Leuk. Fünf Jahre Aufenthaltsrecht genoss die Preisträgerin dort für je zwei Monate pro Jahr – wobei die Unterkünfte variierten zwischen "einsamen Chalets" und "restaurierten Renaissancehäusern." Die Ich-Erzählerin bewohnt in dieser Erzählung eine "Menschenhütte am Gotteshaus", eine Einsiedelei an einer Kapelle, deren Abgeschiedenheit durch Eis und Schnee noch gesteigert wird. "Wie unklug, im Winter zu kommen", hatte die Tante gesagt, die das Wallis aus zahllosen Reisen bestens kennt und auf deren Spuren die Autorin immer wieder stößt.
Auch Hoppes eigene Biografie spielt eine Rolle. Ihr Unterwegssein wirkt als Motor, es ruft alte und neue Geschichten wach. Frühere Reisen werden erinnert, reale, vielleicht auch erfundene Geschichten vom Feststecken in einem Moskauer Fahrstuhl, von langen Monaten auf einem Containerfrachtschiff oder einer Äquatortaufe in einem Holzfass.
Am Anfang dieser Erzählung aber steht eine lange Tunnelfahrt. Ein ganzer Berg muss durchquert werden, um Leuk zu erreichen. "Aber dann, ich hielt uns längst für verloren, erblickten wir in der Ferne ein Licht und erreichten doch noch das Ende des Tunnels", so lautet der erste, mythologisch aufgeladene Satz des Buches. Leuk wird in dieser staunenden Sprache zu einem Sehnsuchtsort. Ein fremder Planet, den die Erzählerin - eine selbstbestimmte Einsiedlerin - durch eigene und fremde Geschichten erobert und mit alten und neuen Mythen auflädt.
Geschichten sind das von den Bewohnern in Leuk, von den täglichen Wandertouristen, von der Bekanntschaft mit einem Engländer während eines Ausflugs nach Zermatt und von wundersamen Legenden der Gegend rund um den Ringacker, wo die Kapelle steht. Des Nachts, wenn die Erzählerin in ihrer Einsiedelei schlaflos jedem Knarrlaut des Holzes lauscht, liest sie diese Sagen und lässt sie in ihrem stillen Alltag nachwirken. Naturbeschreibung findet man in diesem schmalen Band nur wenig. Und doch wird der Zauber von Leuk wundersamerweise auch für diejenigen Leser plastisch, die nie im Wallis waren.
Besprochen von Olga Hochweis
Felicitas Hoppe: Der beste Platz der Welt
Dörlemann, Zürich 2009
96 Seiten, 14,90 Euro
Die Erzählung "Der beste Platz der Welt" ist eine Verbeugung vor einem kleinen Ort in der Schweiz. Der "Spycher Literaturpreis Leuk" führte die Berliner Schriftstellerin Felicitas Hoppe ins Oberwallis, genauer in das mittelalterliche Städtchen Leuk. Fünf Jahre Aufenthaltsrecht genoss die Preisträgerin dort für je zwei Monate pro Jahr – wobei die Unterkünfte variierten zwischen "einsamen Chalets" und "restaurierten Renaissancehäusern." Die Ich-Erzählerin bewohnt in dieser Erzählung eine "Menschenhütte am Gotteshaus", eine Einsiedelei an einer Kapelle, deren Abgeschiedenheit durch Eis und Schnee noch gesteigert wird. "Wie unklug, im Winter zu kommen", hatte die Tante gesagt, die das Wallis aus zahllosen Reisen bestens kennt und auf deren Spuren die Autorin immer wieder stößt.
Auch Hoppes eigene Biografie spielt eine Rolle. Ihr Unterwegssein wirkt als Motor, es ruft alte und neue Geschichten wach. Frühere Reisen werden erinnert, reale, vielleicht auch erfundene Geschichten vom Feststecken in einem Moskauer Fahrstuhl, von langen Monaten auf einem Containerfrachtschiff oder einer Äquatortaufe in einem Holzfass.
Am Anfang dieser Erzählung aber steht eine lange Tunnelfahrt. Ein ganzer Berg muss durchquert werden, um Leuk zu erreichen. "Aber dann, ich hielt uns längst für verloren, erblickten wir in der Ferne ein Licht und erreichten doch noch das Ende des Tunnels", so lautet der erste, mythologisch aufgeladene Satz des Buches. Leuk wird in dieser staunenden Sprache zu einem Sehnsuchtsort. Ein fremder Planet, den die Erzählerin - eine selbstbestimmte Einsiedlerin - durch eigene und fremde Geschichten erobert und mit alten und neuen Mythen auflädt.
Geschichten sind das von den Bewohnern in Leuk, von den täglichen Wandertouristen, von der Bekanntschaft mit einem Engländer während eines Ausflugs nach Zermatt und von wundersamen Legenden der Gegend rund um den Ringacker, wo die Kapelle steht. Des Nachts, wenn die Erzählerin in ihrer Einsiedelei schlaflos jedem Knarrlaut des Holzes lauscht, liest sie diese Sagen und lässt sie in ihrem stillen Alltag nachwirken. Naturbeschreibung findet man in diesem schmalen Band nur wenig. Und doch wird der Zauber von Leuk wundersamerweise auch für diejenigen Leser plastisch, die nie im Wallis waren.
Besprochen von Olga Hochweis
Felicitas Hoppe: Der beste Platz der Welt
Dörlemann, Zürich 2009
96 Seiten, 14,90 Euro