"Wir sind im postdigitalen Zeitalter"
Ist der Designer eine aussterbende Spezies? Immer mehr Arbeiten werden vom Computer übernommen und ein Algorithmus hat zum Beispiel Millionen Nutella-Gläser gestaltet. Erik Spiekermann erklärt, warum er sich von dieser Entwicklung nicht bedroht fühlt.
Unsere Webseiten gestalten wir schon lange selbst, die Visitenkarte auch – und kürzlich übernahmen auch noch Algorithmen die Rolle des Designers beim Gestalten von Nutella-Gläsern. Kommt nach dem Taxifahrer, dem Baggerführer und dem Bankangestellten also auch der Designer auf die rote Liste vom Aussterben bedrohter Berufe?
Der Designer und Typograf Erik Spiekermann teilt die Besorgnis nicht, die in Teilen der Branche zu herrschen scheint. "Ich sehe der Sache sehr, sehr ruhig entgegen", sagte er im Deutschlandfunk Kultur. "Wir sollten als Designer - ich sage lieber Gestalter, weil das näher an dem dran ist, was wir machen – immer schon in der Lage sein, uns die Idiotenarbeit abnehmen zu lassen von welch immer Automaten das sind. Also, Software gibt es ja auch schon ziemlich lange, und auch früher gab es Möglichkeiten, die banalen Sachen loszuwerden durch Maschinen."
Kreative Leistungen traut Spiekermann Algorithmen offenbar nicht zu. "Es gibt viele Tätigkeiten gerade in dem Bereich, die kann mir wirklich dieser dusselige Computer oder der Apparat oder der Roboter abnehmen. Und ich muss dann dafür sorgen, dass es den Nutzer berührt: mit Farbe, mit Gestalt, wie auch immer."
Nach dem Hype kommt die Neujustierung
Ohnehin sieht der Designer den Zenit des Digitalen überschritten. Die Diskussion um Facebook & Co. zeige, dass hier ein Nachdenkprozess begonnen hätte: "Halt, halt! Wo geht es digital weiter? Vielleicht sind wir im postdigitalen… – sind wir sogar, postuliere ich, im postdigitalen Zeitalter. Wir sortieren jetzt wieder: Was muss eigentlich analog bleiben, was muss langsamer werden, wo müssen wir, wo können wir digital sein?"
(uko)