Designierte Grimme-Preisträgerin Ina Müller findet viele Talkshows zu dröge
Die designierte Grimme-Preis-Trägerin und Moderatorin Ina Müller ("Inas Nacht") findet die meisten Talkshows im Fernsehen zu "dröge". "Mich stört an den Talkshows am meisten, dass das Publikum dazu angehalten wird, sich bitte ruhig zu verhalten".
Dieter Kassel: Gerd Brendel über die NRD-Sendung Inas Nacht, für die es – ich habe es schon gesagt – in diesem Jahr jetzt auch noch den Grimme-Preis gibt. Ich sage deshalb auch noch, weil es schon eine Menge andere Preise gibt, und deshalb dürfte die Moderatorin Ina Müller das wahrscheinlich alles schon gewöhnt sein, aber man kann sich ja über jeden Preis erneut freuen. Erst mal schönen guten Tag, Frau Müller!
Ina Müller: Hallo, Herr Kassel!
Kassel: Freuen Sie sich denn noch über den Grimme-Preis oder ist das jetzt Preis business as usual schon?
Müller: Nein, ich meine, wenn man mit Preisen zu tun hat – und das darf ich, glaube ich, sagen, so was die letzte Zeit angeht –, ist natürlich der Grimme-Preis schon so ein bisschen der Mercedes unter den Preisen, finde ich.
Kassel: Wobei die anderen auch nicht schlecht waren, ich habe sie noch gar nicht erwähnt: den Deutschen Fernsehpreis für die beste Moderatorin "Late Night" gab es 2008, Goldener Prometheus gab es ein Jahr später, im gleichen Jahr gab es dann den Comedy-Preis, auch für die Moderation von "Inas Nacht". Wenn wir uns das angucken, nach fast schon damals paar Monaten gab es den Deutschen Fernsehpreis, jetzt sind Sie nach noch nicht mal vier Jahren mit der Sendung beim Grimme-Preis, und das ist eine lustige, eine schöne, wie ich finde, aber – darf man doch, glaube ich, sagen – auch relativ simple Sendung, die Sie da machen. Lehnen Sie sich manchmal zurück und wundern sich selbst ein bisschen darüber, wie viel Leute Ihnen dafür Preise geben?
Müller: Also wir haben natürlich, als wir uns das überlegt haben, was wollen wir machen im Fernsehen, als der NRD sagte: Alles, was wir dir vorschlagen, willst du nicht, jetzt schlag doch mal selber was vor, wir zahlen das auch. Daraufhin haben wir uns hingesetzt und gesagt, was machen wir dann mal, haben dieses Konzept – und es gibt ja schon ein Konzept in dieser Sendung – haben dieses Konzept überlegt. Die Sendung, glaube ich, sieht popiger (Anm. d. Redaktion: Schwer verständlich im Hörprotokoll) aus, als sie ist. Ich muss sagen, es steckt viel Arbeit dahinter, ich finde aber toll, dass man das nicht sieht.
Kassel: Sie bereiten sich schon vor als Moderatorin. Also wenn da Herr Y kommt, dann wird da die Bio gelesen, die letzten sieben Interviews und was man so macht.
Müller: Na ja, wir haben sieben Redakteure und wir haben drei sehr lange – die legen wir extra in die Abendstunden, damit sie schon Alkohol trinken können, um geistig noch ein wenig angeregter zu sein für Ideen, für irgendwas, was man machen kann, und sitzen lange. Selbst das Sabbeln soll ja doch in irgendeiner Form noch unterhaltsam sein. Ich bin extrem genervt, wenn ich dann Leute, die ich eingeladen habe und die zugesagt haben, wenn ich die dann noch bei Kerner sitzen sehe und noch bei Beckmann sitzen sehe.
Kassel: Ist das nicht auch ein Problem, wenn man in Deutschland so eine Sendung macht? Es ist ja, wenn auch auf eine andere Art und Weise als Ihre männlichen Kollegen das in anderen Sendern gemacht haben, eine Late-Night-Show. Und es hieß ja immer auch von Leuten wie, früher hat das mal Gottschalk gesagt, Harald Schmidt hat es gesagt, die Anzahl der Gäste, die man in so eine Sendung kriegt, ist beschränkt im deutschsprachigen Raum. Und auch wenn ich mir Ihre Liste angucke, da sind schon viele Namen dabei, wo ich eben auch sage, Gott, die waren doch aber auch in absolut jeder anderen Talkshow. Ist das ein Problem?
Müller: Ich glaube, es ist deshalb – ich trinke gerade, oh, Entschuldigung, das tut mir ...
Kassel: Ja, aber kein Bier jetzt um die Zeit.
Müller: Nein, es ist Kaffee.
Kassel: Okay.
Müller: Der eine Punkt ist, wir machen nur zwölf Sendungen im Jahr. Das mache ich extra – wir könnten auch mehr machen –, das mache ich extra, weil ich glaube aber, dass mehr als zwölf Sendungen, sprich 24 Gäste, mir auch nicht einfallen. Wir sind noch ein bisschen feige im Einladen so von Schauspielern, die nicht jeder kennt. Ich sage immer, mein Dorf sollte die kennen, und mein Dorf kennt viele Schauspieler nicht, die man nicht direkt vom Namen her kennt.
Kassel: Sie denken jetzt in die eine Richtung, ein bisschen unbekanntere Leute, die vielleicht erst recht was zu sagen haben, ich dachte eher so in die andere. Sie sind ja auch konsequent, das wirklich im unterhaltenden Bereich zu halten, auch was die Leute angeht. Hätten Sie Lust, da nachts in einer Schifferkneipe in Hamburg auch mal einen Politiker zu haben?
Müller: Aber ich bin ja, ich bin zwar für mich privatpolitisch und habe da schon meine Meinung, aber ich finde, es gibt so viele andere Moderatoren, die das so viel besser können.
Kassel: Aber was Sie tun, ich unterbreche Sie da jetzt mal, was Sie tun, auch wenn Sie diese Leute in der Sendung haben – und das haben Sie ja zugegeben, das ist ja passiert, die zu Ihnen kommen, wenn sie schon ein bisschen durchgereicht sind bei anderen Sendungen –, was Sie ja tun, ist, Sie bringen die, ohne denen was ganz Böses anzutun, so ein bisschen aus der Rolle, also manchmal gelingt Ihnen das zumindest. Und manchmal, finde ich, ist schon oft. Die erzählen dann eben manchmal doch nicht exakt dasselbe wie bei Beckmann, bei Kerner oder sonst wo. Und das könnten Sie mit Politikern ja auch tun. Ich würde ja von Ihrer Sendung nicht die ultimativen Interviews zur Gesundheitsreform oder zu Hartz IV erwarten, sondern einfach, dass vielleicht der Politiker da nicht mehr so komplett die Maske trägt wie vielleicht sonntagabends in einer anderen Talkshow.
Müller: Ja, aber es gibt so zwei, drei Politiker, die ich kennengelernt habe, meistens auf irgendwelchen Galas, wenn man etwas moderiert oder an irgendwelchen Sachen teilnimmt. Und mit denen sitzt man dann mal am Tisch und erzählt, und ich merke aber, wie Politiker wirklich jeden Satz überlegen, sowohl privat als auch auf der Bühne, wenn die irgendwo stehen und ihre Reden halten. Es wird jeder Satz und jede Haltung genau überlegt, und ich weiß auch, warum. Und ich glaube, diese Politiker haben es raus und die würden auch in "Inas Nacht" nicht die Maske fallen lassen.
Kassel: Sagt Ina Müller im Deutschlandradio Kultur. Ina Müller bekommt für "Inas Nacht" den Grimme-Preis, einen von man muss fast sagen einigen Preisen, die sie für die Sendung schon bekommen hat. Sind Sie eigentlich nur jemand, der unter anderem Fernsehen macht? Man muss ja sagen, Sie haben wieder eine Platte jetzt rausgebracht, gehen im Sommer auf Tournee, Sie machen ja nicht nur Fernsehen, aber unter anderem. Sind Sie nur jemand, der Fernsehen macht, oder sind Sie auch einer von den Menschen, die zugeben, dass sie immer noch auch gerne Fernsehen gucken?
Müller: Ich gucke gerne Fernsehen, muss ich wirklich sagen, meistens nachts allerdings, so zum Abspannen, also tagsüber komme ich wenig dazu. Abends das Klassische, Viertel nach acht, komme ich auch wenig dazu, aber wenn ich von der Bühne komme, wenn ich nach Hause komme, gucke ich gerne die Wiederholungen der Talkshows und so Sachen an. Ich gucke gern Fernsehen. Ich glaube, Fernsehen gibt es auch noch ein bisschen. Ich glaube, das bleibt.
Kassel: Was ist denn der Unterschied zwischen gutem Fernsehen und schlechtem Fernsehen?
Müller: Ich glaube, das ist doch ganz objektiv für jeden irgendwie anders. Ich bin halt jemand, ich gucke gerne das Gesabbel, also ich gucke nun auch noch gerne Schmidt, Kerner, Beckmann, ich gucke die "NRD Talk Show", ich gucke gerne "Tietjen", ich gucke sogar auch gerne "Riverboat" und, und. Ich gucke gern das Gesabbel. Das ist natürlich für mich immer ganz gut, weil ich dann schon mal da jemanden entdecke, von dem ich gern mehr gehört hätte, der dann halt da vielleicht acht Minuten hat und der bei mir dann eben mehr hätte.
Kassel: Aber wenn wir über die Talkshows reden – ich darf verraten, wir sind so ungefähr gleich alt –, nehmen wir so die paar Talkshows, die schon sehr alt sind, so was wie "3nach9". Ich glaube, das ist doch nicht nur Einbildung, dass es da in den 70er-Jahren so ziemlich in jeder Folge einen Skandal gab. Und heute ist doch schon ein Skandal, wenn einer beim Gag nicht lacht. Ist es nicht doch langweiliger geworden?
Müller: Man muss doch mal dabei sein bei den Talkshows, und so sehr ich meine öffentlich-rechtlichen Sender liebe, umso weniger verstehe ich, dass vor den Talkshows, bevor es dann wirklich losgeht, da wird das Publikum domestiziert: Bitte nicht aufstehen, bitte nicht pinkeln gehen, bitte ... dass denen noch gesagt wird, bitte nicht das Glas zum Trinken heben – ich finde, es gibt schon so eine Fernsehansage fürs Publikum, dasitzen, aber bloß nichts machen, und dann gibt es einen Anklatscher. Ich hasse ja Anklatscher, ich hasse ... ich sehe manchmal nachts die Wiederholung der "Küchenschlacht", die, glaube ich, im ZDF läuft, die, glaube ich, die mit Abstand schlechtesten Anklatscher der Welt haben. Eine gute Talkshow braucht keinen Anklatscher. Und es wird alles so sich über den großen Tisch – privat zu unterhalten wäre für mich auch nichts, da entsteht keine Nähe, finde ich. Das war ja auch der Grund, warum ich gesagt habe, ich möchte, dass der Gast direkt neben mir sitzt und in Friedman-Manier werde ich ihn auch antatschen, wenn mir danach ist, wenn ich dadurch irgendwas rauskriege oder die Situation ändern kann. Mich stört an den Talkshows am meisten, dass das Publikum wirklich dazu angehalten wird, sich bitte ruhig zu verhalten, dass es so ruhig da ist, dass keiner mehr ... ja, es ist so, es wird nicht mehr geraucht, es wird nicht mehr getrunken, das, was in jeder Runde abends, wenn Sie zum Essen eingeladen sind, findet das statt, nur da nicht. Und dadurch wird es so ein bisschen dröge, finde ich. Und ja, mir ist es zu dröge.
Kassel: Ich wünsche Ihnen viel Spaß, mit der Musik auch. Ich glaube, ab Juli, nein Juni, schon Juli gibt es wieder ...
Müller: Ich habe ja noch im Juli ein paar schöne, große Open-Air-Konzerte auf Plattdeutsch, rein Plattdeutsch ...
Kassel: Unter anderem übrigens, habe ich gelesen, in Hannover.
Müller: Ja, die könnend das aber.
Kassel: Wo doch immer gesagt wird, aber das kennen wir ja, nirgendwo spricht man so klares Deutsch wie in Hannover.
Müller: Nee, ach, das ist so ausgeleiert jetzt, nee, nee, Hannover ist ganz okay.
Kassel: Also viel Spaß beim Singen im Sommer, viel Spaß mit dem Preis, und so blöd der Spruch ist: Bleiben Sie, wie Sie sind!
Müller: Ich versuch es.
Kassel: Danke schön!
Müller: Herr Kassel, einen schönen Tag!
Kassel: Tschüss, Frau Müller!
Müller: Tschüss!
Kassel: Wer jetzt endlich die Sendung mal sehen will, es laufen im NRD-Fernsehen Wiederholungen ab 10. April immer Samstag auf Sonntag so gegen Mitternacht jede Woche Sendungen aus dem letzten Jahr.
Ina Müller: Hallo, Herr Kassel!
Kassel: Freuen Sie sich denn noch über den Grimme-Preis oder ist das jetzt Preis business as usual schon?
Müller: Nein, ich meine, wenn man mit Preisen zu tun hat – und das darf ich, glaube ich, sagen, so was die letzte Zeit angeht –, ist natürlich der Grimme-Preis schon so ein bisschen der Mercedes unter den Preisen, finde ich.
Kassel: Wobei die anderen auch nicht schlecht waren, ich habe sie noch gar nicht erwähnt: den Deutschen Fernsehpreis für die beste Moderatorin "Late Night" gab es 2008, Goldener Prometheus gab es ein Jahr später, im gleichen Jahr gab es dann den Comedy-Preis, auch für die Moderation von "Inas Nacht". Wenn wir uns das angucken, nach fast schon damals paar Monaten gab es den Deutschen Fernsehpreis, jetzt sind Sie nach noch nicht mal vier Jahren mit der Sendung beim Grimme-Preis, und das ist eine lustige, eine schöne, wie ich finde, aber – darf man doch, glaube ich, sagen – auch relativ simple Sendung, die Sie da machen. Lehnen Sie sich manchmal zurück und wundern sich selbst ein bisschen darüber, wie viel Leute Ihnen dafür Preise geben?
Müller: Also wir haben natürlich, als wir uns das überlegt haben, was wollen wir machen im Fernsehen, als der NRD sagte: Alles, was wir dir vorschlagen, willst du nicht, jetzt schlag doch mal selber was vor, wir zahlen das auch. Daraufhin haben wir uns hingesetzt und gesagt, was machen wir dann mal, haben dieses Konzept – und es gibt ja schon ein Konzept in dieser Sendung – haben dieses Konzept überlegt. Die Sendung, glaube ich, sieht popiger (Anm. d. Redaktion: Schwer verständlich im Hörprotokoll) aus, als sie ist. Ich muss sagen, es steckt viel Arbeit dahinter, ich finde aber toll, dass man das nicht sieht.
Kassel: Sie bereiten sich schon vor als Moderatorin. Also wenn da Herr Y kommt, dann wird da die Bio gelesen, die letzten sieben Interviews und was man so macht.
Müller: Na ja, wir haben sieben Redakteure und wir haben drei sehr lange – die legen wir extra in die Abendstunden, damit sie schon Alkohol trinken können, um geistig noch ein wenig angeregter zu sein für Ideen, für irgendwas, was man machen kann, und sitzen lange. Selbst das Sabbeln soll ja doch in irgendeiner Form noch unterhaltsam sein. Ich bin extrem genervt, wenn ich dann Leute, die ich eingeladen habe und die zugesagt haben, wenn ich die dann noch bei Kerner sitzen sehe und noch bei Beckmann sitzen sehe.
Kassel: Ist das nicht auch ein Problem, wenn man in Deutschland so eine Sendung macht? Es ist ja, wenn auch auf eine andere Art und Weise als Ihre männlichen Kollegen das in anderen Sendern gemacht haben, eine Late-Night-Show. Und es hieß ja immer auch von Leuten wie, früher hat das mal Gottschalk gesagt, Harald Schmidt hat es gesagt, die Anzahl der Gäste, die man in so eine Sendung kriegt, ist beschränkt im deutschsprachigen Raum. Und auch wenn ich mir Ihre Liste angucke, da sind schon viele Namen dabei, wo ich eben auch sage, Gott, die waren doch aber auch in absolut jeder anderen Talkshow. Ist das ein Problem?
Müller: Ich glaube, es ist deshalb – ich trinke gerade, oh, Entschuldigung, das tut mir ...
Kassel: Ja, aber kein Bier jetzt um die Zeit.
Müller: Nein, es ist Kaffee.
Kassel: Okay.
Müller: Der eine Punkt ist, wir machen nur zwölf Sendungen im Jahr. Das mache ich extra – wir könnten auch mehr machen –, das mache ich extra, weil ich glaube aber, dass mehr als zwölf Sendungen, sprich 24 Gäste, mir auch nicht einfallen. Wir sind noch ein bisschen feige im Einladen so von Schauspielern, die nicht jeder kennt. Ich sage immer, mein Dorf sollte die kennen, und mein Dorf kennt viele Schauspieler nicht, die man nicht direkt vom Namen her kennt.
Kassel: Sie denken jetzt in die eine Richtung, ein bisschen unbekanntere Leute, die vielleicht erst recht was zu sagen haben, ich dachte eher so in die andere. Sie sind ja auch konsequent, das wirklich im unterhaltenden Bereich zu halten, auch was die Leute angeht. Hätten Sie Lust, da nachts in einer Schifferkneipe in Hamburg auch mal einen Politiker zu haben?
Müller: Aber ich bin ja, ich bin zwar für mich privatpolitisch und habe da schon meine Meinung, aber ich finde, es gibt so viele andere Moderatoren, die das so viel besser können.
Kassel: Aber was Sie tun, ich unterbreche Sie da jetzt mal, was Sie tun, auch wenn Sie diese Leute in der Sendung haben – und das haben Sie ja zugegeben, das ist ja passiert, die zu Ihnen kommen, wenn sie schon ein bisschen durchgereicht sind bei anderen Sendungen –, was Sie ja tun, ist, Sie bringen die, ohne denen was ganz Böses anzutun, so ein bisschen aus der Rolle, also manchmal gelingt Ihnen das zumindest. Und manchmal, finde ich, ist schon oft. Die erzählen dann eben manchmal doch nicht exakt dasselbe wie bei Beckmann, bei Kerner oder sonst wo. Und das könnten Sie mit Politikern ja auch tun. Ich würde ja von Ihrer Sendung nicht die ultimativen Interviews zur Gesundheitsreform oder zu Hartz IV erwarten, sondern einfach, dass vielleicht der Politiker da nicht mehr so komplett die Maske trägt wie vielleicht sonntagabends in einer anderen Talkshow.
Müller: Ja, aber es gibt so zwei, drei Politiker, die ich kennengelernt habe, meistens auf irgendwelchen Galas, wenn man etwas moderiert oder an irgendwelchen Sachen teilnimmt. Und mit denen sitzt man dann mal am Tisch und erzählt, und ich merke aber, wie Politiker wirklich jeden Satz überlegen, sowohl privat als auch auf der Bühne, wenn die irgendwo stehen und ihre Reden halten. Es wird jeder Satz und jede Haltung genau überlegt, und ich weiß auch, warum. Und ich glaube, diese Politiker haben es raus und die würden auch in "Inas Nacht" nicht die Maske fallen lassen.
Kassel: Sagt Ina Müller im Deutschlandradio Kultur. Ina Müller bekommt für "Inas Nacht" den Grimme-Preis, einen von man muss fast sagen einigen Preisen, die sie für die Sendung schon bekommen hat. Sind Sie eigentlich nur jemand, der unter anderem Fernsehen macht? Man muss ja sagen, Sie haben wieder eine Platte jetzt rausgebracht, gehen im Sommer auf Tournee, Sie machen ja nicht nur Fernsehen, aber unter anderem. Sind Sie nur jemand, der Fernsehen macht, oder sind Sie auch einer von den Menschen, die zugeben, dass sie immer noch auch gerne Fernsehen gucken?
Müller: Ich gucke gerne Fernsehen, muss ich wirklich sagen, meistens nachts allerdings, so zum Abspannen, also tagsüber komme ich wenig dazu. Abends das Klassische, Viertel nach acht, komme ich auch wenig dazu, aber wenn ich von der Bühne komme, wenn ich nach Hause komme, gucke ich gerne die Wiederholungen der Talkshows und so Sachen an. Ich gucke gern Fernsehen. Ich glaube, Fernsehen gibt es auch noch ein bisschen. Ich glaube, das bleibt.
Kassel: Was ist denn der Unterschied zwischen gutem Fernsehen und schlechtem Fernsehen?
Müller: Ich glaube, das ist doch ganz objektiv für jeden irgendwie anders. Ich bin halt jemand, ich gucke gerne das Gesabbel, also ich gucke nun auch noch gerne Schmidt, Kerner, Beckmann, ich gucke die "NRD Talk Show", ich gucke gerne "Tietjen", ich gucke sogar auch gerne "Riverboat" und, und. Ich gucke gern das Gesabbel. Das ist natürlich für mich immer ganz gut, weil ich dann schon mal da jemanden entdecke, von dem ich gern mehr gehört hätte, der dann halt da vielleicht acht Minuten hat und der bei mir dann eben mehr hätte.
Kassel: Aber wenn wir über die Talkshows reden – ich darf verraten, wir sind so ungefähr gleich alt –, nehmen wir so die paar Talkshows, die schon sehr alt sind, so was wie "3nach9". Ich glaube, das ist doch nicht nur Einbildung, dass es da in den 70er-Jahren so ziemlich in jeder Folge einen Skandal gab. Und heute ist doch schon ein Skandal, wenn einer beim Gag nicht lacht. Ist es nicht doch langweiliger geworden?
Müller: Man muss doch mal dabei sein bei den Talkshows, und so sehr ich meine öffentlich-rechtlichen Sender liebe, umso weniger verstehe ich, dass vor den Talkshows, bevor es dann wirklich losgeht, da wird das Publikum domestiziert: Bitte nicht aufstehen, bitte nicht pinkeln gehen, bitte ... dass denen noch gesagt wird, bitte nicht das Glas zum Trinken heben – ich finde, es gibt schon so eine Fernsehansage fürs Publikum, dasitzen, aber bloß nichts machen, und dann gibt es einen Anklatscher. Ich hasse ja Anklatscher, ich hasse ... ich sehe manchmal nachts die Wiederholung der "Küchenschlacht", die, glaube ich, im ZDF läuft, die, glaube ich, die mit Abstand schlechtesten Anklatscher der Welt haben. Eine gute Talkshow braucht keinen Anklatscher. Und es wird alles so sich über den großen Tisch – privat zu unterhalten wäre für mich auch nichts, da entsteht keine Nähe, finde ich. Das war ja auch der Grund, warum ich gesagt habe, ich möchte, dass der Gast direkt neben mir sitzt und in Friedman-Manier werde ich ihn auch antatschen, wenn mir danach ist, wenn ich dadurch irgendwas rauskriege oder die Situation ändern kann. Mich stört an den Talkshows am meisten, dass das Publikum wirklich dazu angehalten wird, sich bitte ruhig zu verhalten, dass es so ruhig da ist, dass keiner mehr ... ja, es ist so, es wird nicht mehr geraucht, es wird nicht mehr getrunken, das, was in jeder Runde abends, wenn Sie zum Essen eingeladen sind, findet das statt, nur da nicht. Und dadurch wird es so ein bisschen dröge, finde ich. Und ja, mir ist es zu dröge.
Kassel: Ich wünsche Ihnen viel Spaß, mit der Musik auch. Ich glaube, ab Juli, nein Juni, schon Juli gibt es wieder ...
Müller: Ich habe ja noch im Juli ein paar schöne, große Open-Air-Konzerte auf Plattdeutsch, rein Plattdeutsch ...
Kassel: Unter anderem übrigens, habe ich gelesen, in Hannover.
Müller: Ja, die könnend das aber.
Kassel: Wo doch immer gesagt wird, aber das kennen wir ja, nirgendwo spricht man so klares Deutsch wie in Hannover.
Müller: Nee, ach, das ist so ausgeleiert jetzt, nee, nee, Hannover ist ganz okay.
Kassel: Also viel Spaß beim Singen im Sommer, viel Spaß mit dem Preis, und so blöd der Spruch ist: Bleiben Sie, wie Sie sind!
Müller: Ich versuch es.
Kassel: Danke schön!
Müller: Herr Kassel, einen schönen Tag!
Kassel: Tschüss, Frau Müller!
Müller: Tschüss!
Kassel: Wer jetzt endlich die Sendung mal sehen will, es laufen im NRD-Fernsehen Wiederholungen ab 10. April immer Samstag auf Sonntag so gegen Mitternacht jede Woche Sendungen aus dem letzten Jahr.