Deutsch-deutsche Geschichte aus Familiensicht

Von Sylvie Kürsten |
Robert Havemann wurde als Systemkritiker, Dissident und Freund Wolf Biermanns in der DDR bekannt. Zwar war er überzeugter Kommunist, wegen regimekritischer Äußerungen wurde er jedoch aus Partei und Ämtern ausgeschlossen und galt fortan als Ikone des Widerstands. Sein Sohn Florian kratzt nun an diesem Denkmal.
In dem elfhundert Seiten starken Buch macht der in den Westen geflohene Künstler Florian Havemann das, was viele Männer einmal tun: sich mit seinem Vater auseinandersetzen. Da sein Vater Robert Havemann jedoch der "Solschenyzin der DDR" war, ist das Buch nicht nur eine Familientrilogie sondern auch ein Stück deutsch-deutscher Geschichte, mit Schwerpunkt auf dem Vater Robert, der nicht in seinem eigentlichen Fach als Chemiker, sondern als Systemkritiker und Dissident des SED-Staates bekannt wurde.

Und dabei hätte Robert Havemanns Einstellung für eine vorbildliche DDR-Karriere gesprochen: Bereits 1932 trat der in München geborene Chemiestudent der KPD bei. Später leitete er sogar eine Widerstandsgruppe. Der zum Tode verurteilte Havemann überlebte das Naziregime und konnte in der DDR eine Heimat finden.

Doch trotz seiner kommunistischen Überzeugung und seiner hervorragenden naturwissenschaftlichen Erkenntnisse - sie konnten Havemann nicht davor bewahren, abermals Opfer eines totalitären Regimes zu werden. Zwar war er einige Jahre angesehen als Lehrstuhl-Inhaber an der Humboldt-Universität Berlin, Mitglied der SED und der Volkskammer.

Aber als Havemann Mitte der 50er Jahre abermals partei- und regimekritische Ansichten veröffentlichte, kam es zum Eklat. Man schloss ihn aus der SED und dem Akademischen Leben aus, erteilte ihm Berufsverbot und Hausarrest. Diese Isolation erregte natürlich Aufsehen in der Bundesrepublik. Künstler wie der beste Freund Wolf Biermann solidarisierten sich mit dem Dissidenten und ermöglichten ihm Veröffentlichungen im Westen.

So sehr Robert Havemann auch von diesem Westdeutschland als Publikationsort abhängig war - er kritisierte dennoch die dortigen Verhältnisse und blieb bis an sein Lebensende 1982 ein überzeugter Kommunist. Es war also ambivalent, das Leben des Robert Havemanns. Und diese Momente sind es vor allem, auf die sich Sohn Florian in seinem Buch konzentriert. Wie sein Vater in der DDR verfolgt, floh er jedoch in den Westen und steht dort im Schatten der vielfach übergroßen und unangefochtenen Ikone Robert Havemann.

Sie können zu diesem Thema auch ein Gespräch mit Florian Havemann, dem Sohn Robert Havemanns, in unserem Audio-on-Demand-Angebot hören.
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