Foto einer großen Freundschaft
Konrad Adenauer und Ben Gurion, die Väter der deutsch-israelischen Beziehungen, Arm in Arm - der Schnappschuss machte den Fotografen Michael Maor weltberühmt. Das Bild ist derzeit im Berliner Paul-Löbe-Haus zu sehen. Doch wie kam es zustande? Maor erinnert sich.
Es herrscht reges Treiben an diesem Abend im Foyer des Paul-Löbe-Hauses des Deutschen Bundestags. Großformatige Bilder zeigen einen jungen Israeli, der in Deutschland lebt, eine Volkswagenwerbung auf Hebräisch aus den 60er-Jahren oder junge Menschen bei der Ernte in Israel. Die Fotografien gehören zu der Ausstellung Israelis und Deutsche, die hier eröffnet wird. Anlass sind die 50-jährigen diplomatischen Beziehungen zwischen beiden Ländern. Doch die Diplomatie steht nicht im Focus, wie Kuratorin Alexandra Nocke verrät:
"Es geht darum in dieser Ausstellung die deutsch-israelischen Beziehungen mit einer neuen Perspektive zu betrachten. Es geht darum die bisher ungehörten Geschichten hörbar zu machen und auch nach den kleinen Geschichten zu suchen, jenseits der Diplomatiegeschichte und jenseits der ganz großen Historiografie der Diplomaten."
Dabei fällt ein Bild ins Auge, das auch der Aufmacher dieser Schau ist. Es zeigt zwei ältere Herren, die Väter der deutsch-israelischen Beziehungen. Konrad Adenauer und Ben Gurion - kein Schnappschuss zeigt die beiden Politiker in solch freundlicher Stimmung. Das Bild ist ein Glücksfall und dahinter steckt ein bisher unbekannter Fotograf.
Auf den Spuren des Fotografen
Alexandra Nocke: "Ja wir sind ganz begeistert, dass es uns gelungen ist die Fotografien von Michael Maor ausfindig zu machen und vor allem erst mal ihn ausfindig zu machen. Das war tatsächlich Detektivarbeit, denn zunächst fiel mir ein Foto in die Hände, ohne dass ich wusste, wer der Urheber ist. Es war dann eine lange Recherchearbeit nötig in Israel, alle 25 Maors durchzutelefonieren, die im Telefonbuch standen. Und ihn dann tatsächlich zu finden und als wir ihn dann an der Strippe hatten, gab es keinen Zweifel, dass er es wirklich ist. Er hat in klarem und deutlichem Deutsch mit uns gesprochen und unsere wissenschaftliche Mitarbeiterin der Ausstellung sofort zu sich nach Hause eingeladen in sein Archiv, um zu sichten und um neue Schätze dort zu entdecken."
Einer dieser Schätze ist das Bild, auf dem sich Konrad Adenauer und Ben Gurion umarmen. Der heute im israelischen Moddein lebende Michael Maor kann sich noch gut an die Situation in Sde Boker, dem Alterswohnsitz Ben Gurions, erinnern:
"Ben Gurion ist aus seinem Haus rausgekommen und hatte Adenauer begegnet und ich war in der richtigen Position, wo ich die beide fotografieren konnte, wo sie sich umarmen. Ben Gurion umarmt Adenauer, Adenauer umarmt Ben Gurion. Ben Gurion war ein kleiner Mann, der kam den Adenauer so ungefähr bis zu den Schultern und das war das Bild. Ich nehme an, es gibt Leute, die haben etwas Ähnliches aber nicht dieses Bild, das ist ein einmaliges Bild."
Das an Strahlkraft bis heute nicht verloren hat, schwärmt Kuratorin Alexandra Nocke:
"Ein ganz besonderer Moment zwischen Ben Gurion und Adenauer. Beide sind schon nicht mehr im Amt, aber beide blicken auf ein gelungenes Projekt zurück, denn die Annäherung zwischen Deutschland und Israel war geglückt, es gab diplomatische Beziehungen zu dem Zeitpunkt. Und Ben Gurion umarmt Konrad Adenauer mit einer ganz freundschaftlichen Geste und die beiden sind sich sehr nah und das strahlt diese Fotografie aus."
Ganz nah sind sich nicht nur die beiden Politiker. Auch Fotograf Michael Maor folgt dem Altkanzler auf Schritt und Tritt. Maor, der im Rheinland die erste Klasse besuchte, schwärmt noch heute von Adenauer:
"Na gut, ich habe keinen Kontakt zu Adenauer gehabt, aber ich habe ihn sprechen gehört und weil ich auch mal Kölsch gesprochen habe und endlich habe ich mal wieder Kölsch gehört - der Klang gefällt mir."
Ein Foto, das fast zur Regierungskrise führte
In der Ausstellung Israelis und Deutsche gibt es noch ein weiteres Bild von Michael Maor, das fast eine Regierungskrise ausgelöst hätte. Mit einem schelmischen Lächeln erinnert sich Michael Maor an diese besondere Cocktailparty in Jerusalem:
"Oh ja, die schönen Beine von der Marlene, das ist ja klar. Marlene Dietrich kam, da war sie, glaube ich, schon 80 Jahre alt. Aber hat noch immer schöne Beine gehabt. Der berühmte Bürgermeister von Israel war damals der Teddy Kollek. Er war ein Österreicher, sprach auch Deutsch wie ein Österreicher. Der hatte sie zu Hause bei ihm eingeladen und mich natürlich auch als Pressefotografen, ich war ja bekannt. Und er sagte mir: Micha, nimm Aufnahmen."
Soweit, so gut - das kann gut fürs Image sein, wenn man sich mit einer Diva, wie Marlene Dietrich es war, ablichten lässt. Doch auch ein Bürgermeister von Jerusalem hat menschliche Schwächen und die haben ein politisches Nachspiel gehabt.
"Dann plötzlich, der Teddy Kollek hat ja auch mal gerne Whisky getrunken und dann setzt er sich plötzlich auf den Boden mit einem Glas Whisky, neben den schönen Beinen von der Marlene. Und dieses Bild konnte ich natürlich nicht vergessen. Ich hab das schnell fotografiert, veröffentlicht und ich hab dann etwas Krach gehabt mit Teddy Kollek, weil er gesagt hat, die Koalition mit den Frommen fällt jetzt. Aber sie ist nicht gefallen und das ist dann später auch ein berühmtes Bild geworden. Und es steht auch in der Ausstellung von '50 Jahre diplomatische Verhältnisse Deutschland - Israel' ..."
…in Berlin, im Paul-Löbe-Haus gleich neben dem Reichstagsgebäude. Das wurde auch zum Schicksalsort für Michael Maor. Er wird einen Tag vor dem Reichstagsbrand 1933 in Halberstadt bei Magdeburg geboren. Doch nach dem Brand müssen die Eltern quer durch Europa fliehen, weil sie Juden und Kommunisten sind. In Kroatien erschießt man sie, nur Michael überlebt und gelangt nach Palästina. Michael Maor wird Fallschirmspringer, besorgt als Mossad-Agent die Akten aus dem Büro des Frankfurter Generalstaatsanwalts Fritz Bauer für den Prozess gegen Adolf Eichmann, ist Pressefotograf und baut die israelische Grenzschutzpolizei auf. Doch Deutschland trägt er immer im Herzen und ist enttäuscht, dass sein Geburtsland ihm eine symbolische deutsche Staatsbürgerschaft verwehrt.
"Ja, ich bin sehr enttäuscht, ich bin ja hier geboren. Und ich fühle mich etwas betroffen, dass man mir alles Mögliche für Ausreden gefunden hat, dass ich keinen deutschen Pass bekommen kann. Ich nehme auch an, warum. Man sagt immer, dass mein Vater staatenlos war. Mein Vater ist in Dresden geboren, also ich fühle mich in dieser Sache betroffen. Aber ich nehme das als Schicksal und lebe so weiter."
Dafür hat Michael Maor es mit seinen Bildern in das deutsche Parlament geschafft. Nach dem Bundestag wandert die Ausstellung "Israelis und Deutsche" bis Ende 2016 quer durch Deutschland und ist zeitgleich auch in Israel zu sehen.