Ein Unternehmen und sein Problem mit der Pünktlichkeit
Einsteigen, abfahren, ankommen. Erfahrene Reisende ahnen, dass es so einfach nicht wird. Besonders an den Knotenpunkten Frankfurt, Köln und Stuttgart leiden die Kunden unter der Unpünktlichkeit der Züge. Die Deutsche Bahn gelobt Besserung.
"Der Zug aus Düsseldorf...."
Hauptbahnhof Berlin. Edel sehen die ICEs aus, wenn sie hineingleiten in den Glas- und Betonpalast. Menschen laufen hektisch hin und her, blicken auf Anzeigetafeln, studieren Fahrpläne. Manche ahnen: Fahrpläne sind ein bisschen wie utopische Literatur – ein Ideal wird beschrieben, die Realität sieht anders aus. Ein Mann hat sich überambitioniert mit Outdoor-Kleidung für einen Spurt zwischen den Bahnsteigen gerüstet: Das Gesicht angespannt, aber noch einen Funken Hoffnung in den Augen. Eine Szene wie in einem Wimmelbuch.
Einsteigen, abfahren, pünktlich ankommen. Der erfahrene Reisende ahnt, dass es so einfach nicht wird:
Ein Pendler: "Also sie sehen ja, was dort an der Anschlagtafel steht. Und von diesem Ding bin ich betroffen. Ja, da steht eben, dass der Zug 40 Minuten Verspätung hat. Ich bin aber auf eine Umsteigemöglichkeit in Neustrelitz angewiesen."
Schwierigkeiten an den Knotenpunkten
Unpünktlichkeit. Besonders an den Knotenpunkten Frankfurt, Köln und Stuttgart werden die Reisenden derzeit in Zwangsgeduld geschult. Über 7900 Stunden Verspätungen sammeln sich jeden Tag an, deutschlandweit.
Pendler: "Beispielsweise, wenn ich jetzt bin ich wieder nach Dresden zurückgefahren, weil ich dort dienstlich zu tun hatte, und heute wieder zurück, also es hat gestern fast nicht geklappt, und heute klappt's nicht. Mit der Pünktlichkeit."
Die Gesellschaft mag flexible und mobile Menschen. Zwischen Arbeitsplatz und Wohnort können lange Wege liegen. Und viele Möglichkeiten, dass Lebenszeit zur Wartezeit verkommt: Ein Zug kommt, verspätet sich, der Anschlusszug fährt überpünktlich. Wer Bahn sagt, kennt auch das Wort Verspätung. Warten, warten, warten. Bis zum Infarkt.
Pendler: "Ich glaub erstmal grundsätzlich, Leute die sich zu viel aufregen, sterben viel früher an einem Herzinfarkt. Man soll sich nicht immer über Dinge ärgern, die man nicht ändern kann. Und ich glaube, bei der Bahn ist das ganz klar so."
Der Chefplaner ist unzufrieden
"Die Pünktlichkeit mit der können wir natürlich im Moment nicht zufrieden sein."
Rüdiger Weiß. Der Fahrplan ist sein Arbeitsplatz. Das heißt schon mal, dass er viele Zahlen kennt: 40.000 Züge, 33.000 km Gleise und über 400 Eisenbahnunternehmen in Deutschland. Rüdiger Weiß muss sie koordinieren und den Plan für das ganze Jahr erstellen. Heute sitzt er in Frankfurt in einem Meeting. Er ist nur am Handy erreichbar. Er kennt die jüngste Schlagzeile: "Bahn gibt Pünktlichkeitsziel auf."
Rüdiger Weiß: "Leider ist es nicht so, dass wir nur einen Grund haben, warum die Pünktlichkeit nicht gehalten werden kann zurzeit. Das ist eine Vielfalt von Dingen."
Rüdiger Weiß versucht, zu erklären:
"Wenn Sie sich Deutschland anschauen, wir haben ein polyzentrisches Gebilde dort. Das heißt also viele, viele Zentren, die alle miteinander in irgendeiner Form in Verkehrsbeziehungen stehen."
Güter- und Peronenzüge behindern sich
Güterverkehr und Personenverkehr rollen über dieselben Schienen. Einer der Hauptgründe für Verspätungen:
"Darüber hinaus haben wir in Deutschland eine Besonderheit bei unseren Strecken. Wir haben Züge darauf die fahren sehr schnell, wir haben aber auch Nahverkehrszüge, die sehr häufig halten und da wird natürlich eine niedrigere Geschwindigkeit erreichen."
Das stört den Takt. Rüdiger Weiß muss trotzdem alles tun, damit die Züge zur rechten Zeit kommen. Die Bahn will pünktlicher werden. Das sagt sie, solange es die Bahn gibt.
Rüdiger Weiß: "Wir wollen auf Pünktlichkeitswerte kommen, das heißt also minutenmäßig möchte ich das jetzt gar nicht so ausdrücken. Wir müssen mit Sicherheit bei Verspätungsminuten mindestens 20 – 30 Prozent abbauen."
Die Bahn experimentiert mit der Zeit. So sollen die Züge pünktlicher werden.
Rüdiger Weiß: "Wir haben zum Beispiel im Moment einen Pilotversuch am Laufen."
Es geht um Pufferzeiten an den Knotenpunkten.
Rüdiger Weiß: "Das sind zusätzliche Zeiten, die wir im Fahrplan heute drin haben, um bestimmte Dinge abfedern zu können."
Die Kunden brauchen Geduld
Der Bahnkunde von heute braucht genau zwei Dinge für eine erfolgreiche Fahrt mit der Bahn. Humor und Geduld. Und irgendwie sind die Bahn und die Deutschen trotz aller Kritik doch eins – die Deutsche Bahn eben.
Pendler: "Sie spiegeln sich in der Bahn wider. (Die Deutschen) Und da ist es dann umso betrüblicher, wenn das Spiegelbild verzerrt wird."