Deutsche Helden
Es ist gut, dass ein Großer, einer , der es sich leisten, den man nicht sofort aus der öffentlichen Debatte verbannen kann, endlich dagegen aufbegehrt, gegen den geistigen Terror der politischen Korrektheit. Mit seinem Plädoyer für den Scientologen Tom Cruise hat Florian Henckel von Donnersmarck ein Tabu gebrochen; ein Tabu dass die geistige Freiheit in diesem Lande seit Jahren einschränkt, weil viele mitmachen, die einen, weil sie ihre Überzeugungen absolut setzen, die anderen, weil sie die intellektuelle Verstoßung fürchten.
"Der wahre Stauffenberg", so vermutet der "FAZ"- Herausgeber Frank Schirrmacher nicht zu Unrecht, "dürfte heute Stauffenberg nicht spielen aus ideologischen und gesinnungsethischen Gründen. Man will einen Mann ohne Hintergründe, ohne Irrationalitäten, ohne Erdenrest." Und der Stefan-George-Jünger und Nationalsozialist der ersten Stunde hätte in den Augen unserer Moralhüter wohl weder die Reinheit noch den demokratischen Tiefgang gehabt, jene nachholend-korrekt stilisierte Heldenfigur verkörpern zu können, zu der sich Stauffenberg über die Jahre entwickelt hat.
"Ich hatte wohl erwartet, dass in der letzten Phase des Ringens um die Marina der Adel in Erscheinung treten würde – denn in den edlen Herzen brennt das Leiden des Volkes am heißesten. Wenn das Gefühl für Recht und Sitte schwindet, und wenn der Schrecken die Sinne trübt, dann sind die Kräfte des Eintagsmenschen gar bald versiegt. Doch in den alten Stämmen lebt die Kenntnis des wahren und legitimen Maßes, und aus ihnen brechen die neuen Sprossen der Gerechtigkeit empor. Aus diesem Grunde wird bei allen Völkern dem edlen Blute der Vorrang eingeräumt", so beschreibt Ernst Jünger in seinen "Marmorklippen" diesen Aufstand des Gewissens.
Es waren die Besten des preußischen Adels, die Witzleben, Yorck, Moltke, Hardenberg, Schwerin, Kleist, Lynar und Schulenburg, die zusammen mit Gewerkschaftern, Professoren, Beamten und Diplomaten sich in letzter Stunde zu der Tat aufrafften, von der einer, Oberst von Tresckow, meinte: "Das Attentat muss erfolgen, coute que coute. Sollte es nicht gelingen, so muss trotzdem in Berlin gehandelt werden. Denn es kommt nicht mehr auf den praktischen Zweck an, sondern darauf, dass die deutsche Widerstandsbewegung vor der Welt und vor der Geschichte den entscheidenden Wurf gewagt hat. Alles andere ist daneben gleichgültig."
Als die Bombe ihr Opfer verfehlte und Hitler am Leben blieb, starb der Attentäter Oberst von Stauffenberg unter den Kugeln des Erschießungskommandos mit dem Ruf: "Es lebe das heilige Deutschland!"
Die Tat und ihre Urheber haben es in diesem Deutschland schwer gehabt. Wer Freislers Volksgerichtshof entkam, wurde noch nach 1945 als Verräter betrachtet, wie der Präsident des Verfassungsschutzamtes Otto John, ein Mitverschwörer, dem Adenauers Geheimdienstchef Gehlen nach seinem wohl nicht ganz freiwilligen Übertritt in den Osten nachrief "einmal Verräter, immer Verräter". Die nächste Generation denunzierte den Widerstand als Versuch, sich den Folgen eigenen Tuns zu entziehen und stellte die Träger alter Namen in die reaktionär-faschistische Ecke. Doch es war kein egoistisches Aufbegehren, nicht die Furcht vor Niederlage und Mitschuld, sondern das Aufbegehren gegen Auschwitz und Treblinka, gegen "die Stankhöhlen grauenhafter Sorte, darinnen auf alle Ewigkeit verworfenes Gelichter sich an der Schändung der Menschenwürde und Menschenfreiheit schauerlich ergötzt", wie Ernst Jünger geschrieben hatte, noch ehe die meisten Deutschen davon wussten. Im Widerstand fand ein Teil der alten Elite wieder Zugang zum Allgemeinverbindlichen, folgte einem moralischen Impetus statt realpolitischer Machtlogik. Für sie alle hat der Mentor der Geschwister Scholl, Prof. Huber, vor dem Volksgerichtshof das allzeit gültige Schlusswort gesprochen: "Ich habe gehandelt wie ich aus einer inneren Stimme heraus handeln musste. Ich nehme die Folgen auf mich nach dem schönen Wort Johann Gottlieb Fichtes:
Und handeln sollst du so als hinge
Von dir und deinem Wort allein
Das Schicksal ab der deutschen Dinge,
Und die Verantwortung wär’ dein.
Ob dieses Ideal die geistigen Schlagbäume unserer modernen Moralhüter anstandslos passiert hätte? Der Fall Stauffenberg hat auf eine vertrackte Weise mehr mit dem Fall Tom Cruise gemein, als es auf den ersten Blick den Anschein hat. Wer weiß, vielleicht gelingt ihm gerade deshalb die Verkörperung eines gebrochenen, sehr deutschen Helden.
Dr. Alexander Gauland, geb. 1941 in Chemnitz, lebt als Publizist und Buchautor in Potsdam. Mehrere Jahre lang war er Herausgeber der Märkischen Allgemeinen Zeitung. Von 1987 bis 1991 war er Staatssekretär und Chef der hessischen Staatskanzlei. Anfang der 70er Jahre hatte Gauland im Presse- und Informationsamt der Bundesregierung gearbeitet. Als Publizist hat er zahlreiche Artikel und Beiträge zu gesellschaftspolitischen Fragen, zur Wertediskussion und des nationalen Selbstverständnisses veröffentlicht. Letzte Buchveröffentlichung: "Anleitung zum Konservativsein".
"Ich hatte wohl erwartet, dass in der letzten Phase des Ringens um die Marina der Adel in Erscheinung treten würde – denn in den edlen Herzen brennt das Leiden des Volkes am heißesten. Wenn das Gefühl für Recht und Sitte schwindet, und wenn der Schrecken die Sinne trübt, dann sind die Kräfte des Eintagsmenschen gar bald versiegt. Doch in den alten Stämmen lebt die Kenntnis des wahren und legitimen Maßes, und aus ihnen brechen die neuen Sprossen der Gerechtigkeit empor. Aus diesem Grunde wird bei allen Völkern dem edlen Blute der Vorrang eingeräumt", so beschreibt Ernst Jünger in seinen "Marmorklippen" diesen Aufstand des Gewissens.
Es waren die Besten des preußischen Adels, die Witzleben, Yorck, Moltke, Hardenberg, Schwerin, Kleist, Lynar und Schulenburg, die zusammen mit Gewerkschaftern, Professoren, Beamten und Diplomaten sich in letzter Stunde zu der Tat aufrafften, von der einer, Oberst von Tresckow, meinte: "Das Attentat muss erfolgen, coute que coute. Sollte es nicht gelingen, so muss trotzdem in Berlin gehandelt werden. Denn es kommt nicht mehr auf den praktischen Zweck an, sondern darauf, dass die deutsche Widerstandsbewegung vor der Welt und vor der Geschichte den entscheidenden Wurf gewagt hat. Alles andere ist daneben gleichgültig."
Als die Bombe ihr Opfer verfehlte und Hitler am Leben blieb, starb der Attentäter Oberst von Stauffenberg unter den Kugeln des Erschießungskommandos mit dem Ruf: "Es lebe das heilige Deutschland!"
Die Tat und ihre Urheber haben es in diesem Deutschland schwer gehabt. Wer Freislers Volksgerichtshof entkam, wurde noch nach 1945 als Verräter betrachtet, wie der Präsident des Verfassungsschutzamtes Otto John, ein Mitverschwörer, dem Adenauers Geheimdienstchef Gehlen nach seinem wohl nicht ganz freiwilligen Übertritt in den Osten nachrief "einmal Verräter, immer Verräter". Die nächste Generation denunzierte den Widerstand als Versuch, sich den Folgen eigenen Tuns zu entziehen und stellte die Träger alter Namen in die reaktionär-faschistische Ecke. Doch es war kein egoistisches Aufbegehren, nicht die Furcht vor Niederlage und Mitschuld, sondern das Aufbegehren gegen Auschwitz und Treblinka, gegen "die Stankhöhlen grauenhafter Sorte, darinnen auf alle Ewigkeit verworfenes Gelichter sich an der Schändung der Menschenwürde und Menschenfreiheit schauerlich ergötzt", wie Ernst Jünger geschrieben hatte, noch ehe die meisten Deutschen davon wussten. Im Widerstand fand ein Teil der alten Elite wieder Zugang zum Allgemeinverbindlichen, folgte einem moralischen Impetus statt realpolitischer Machtlogik. Für sie alle hat der Mentor der Geschwister Scholl, Prof. Huber, vor dem Volksgerichtshof das allzeit gültige Schlusswort gesprochen: "Ich habe gehandelt wie ich aus einer inneren Stimme heraus handeln musste. Ich nehme die Folgen auf mich nach dem schönen Wort Johann Gottlieb Fichtes:
Und handeln sollst du so als hinge
Von dir und deinem Wort allein
Das Schicksal ab der deutschen Dinge,
Und die Verantwortung wär’ dein.
Ob dieses Ideal die geistigen Schlagbäume unserer modernen Moralhüter anstandslos passiert hätte? Der Fall Stauffenberg hat auf eine vertrackte Weise mehr mit dem Fall Tom Cruise gemein, als es auf den ersten Blick den Anschein hat. Wer weiß, vielleicht gelingt ihm gerade deshalb die Verkörperung eines gebrochenen, sehr deutschen Helden.
Dr. Alexander Gauland, geb. 1941 in Chemnitz, lebt als Publizist und Buchautor in Potsdam. Mehrere Jahre lang war er Herausgeber der Märkischen Allgemeinen Zeitung. Von 1987 bis 1991 war er Staatssekretär und Chef der hessischen Staatskanzlei. Anfang der 70er Jahre hatte Gauland im Presse- und Informationsamt der Bundesregierung gearbeitet. Als Publizist hat er zahlreiche Artikel und Beiträge zu gesellschaftspolitischen Fragen, zur Wertediskussion und des nationalen Selbstverständnisses veröffentlicht. Letzte Buchveröffentlichung: "Anleitung zum Konservativsein".