Wenn der Kranich aus dem Leitindex stürzt
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Die Lufthansa fliegt aus dem DAX raus, die Deutsche Wohnen rückt dafür nach. Der Wirtschaftshistoriker Albrecht Ritschl erklärt, was diese Veränderung an der Börse über Deutschland und den gesellschaftlichen Wandel verrät.
Nach dem Kursabsturz in der Coronakrise verliert die Lufthansa ihren Platz im Deutschen Aktienindex. Ab dem 22. Juni weicht Deutschlands größte Fluggesellschaft dem Berliner Immobilienkonzern Deutsche Wohnen: Mit bundesweit 160.000 Wohnungen ist die Deutsche Wohnen der zweitgrößte private Vermieter der Republik.
Spiegelt sich gesellschaftlicher Wandel auch im DAX, also an den 30 Unternehmen mit dem höchsten Börsenwert wieder? Ein bisschen Deutschland sehe man im Leitindex schon, sagt Albrecht Ritschl, Wirtschaftshistoriker an der London School of Economics. "Wir sehen die Autobauer, wir sehen Chemiewerte, wir sehen Bank, Börse, Versicherung." Aber man sehe auch, dass Deutschland ein recht modernes Land sei, da drei Technologiewerte weit vorne seien.
Die Krise als Brandbeschleuniger
Ob der Abstieg der Lufthansa aus dem DAX rein krisenbedingt sei oder Abbild einer gesellschaftlichen Entwicklung, sei eine schwierig zu beantwortende Frage. "Eine Krise ist immer auch ein Brandbeschleuniger der Strukturwandels", so der Wirtschaftshistoriker. "Der Kranich, auf den wir alle so stolz sind, hatte auch vorher Gegenwind."
Der Aufstieg der Deutsche Wohnen zeige jedoch schon einen Trend auf, so Ritschl: "Der deutsche Wohnungsmarkt galt bis vor einigen Jahren noch als verschlafen. Dann wurde viel privatisiert, dann kamen die Niedrigzinsen. Und plötzlich sind die Preise durch die Decke geschossen." Eine solche Entwicklung sehe man irgendwann auch in den Börsenbewertungen.
(jfr)