Deutscher Buchpreis 2021

Das ist die Longlist

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Eine Illustration zeigt zwei Personen mit Schmetterlingsnetzen auf der Jagd nach Büchern und Schriftstücken.
Die Longlist 2021 steht fest. Der Sieger oder die Siegerin des Deutschen Buchpreises wird am Vorabend der Frankfurter Buchmesse Mitte Oktober verkündet. © imago / Ikon Images / Andrew Baker
Helmut Böttiger im Gespräch mit Andrea Gerk |
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Die Jury des Deutschen Buchpreises hat ihre Longlist vorgestellt: eine Mischung aus Debüts und Routiniers. Der Kritiker Helmut Böttiger sieht Christian Kracht und Antje Rávik Strubel unter den Favoriten - und vermisst einige bekannte Namen.
20 Romane gehen ins Rennen um den Deutschen Buchpreis 2021. Die siebenköpfige Jury hat die Titel aus 230 ausgewählt – so viele wie nie zuvor.
Nach Informationen der Jury waren ein Viertel davon belletristische Debüts, aber auch viele prominente Namen wie Christian Kracht, Felicitas Hoppe oder Heinz Strunk sind vertreten.

Kein wirklich objektives "Best of"

Mit der Longlist sei eine eine Auswahl getroffen worden, "die das erzählerische Experiment ebenso würdigt wie den realistischen Roman, das Komische wie das Surreale. Diese 20 Bücher nehmen Herkunft und Geschichte ebenso in den Blick wie zentrale Fragen der Gegenwart", sagte Jurysprecher Knud Cordsen dem Bayerischen Rundfunk.
Die Longlist für den Deutschen Buchpreis – wie wohl Listen für Buchpreise allgemein – stelle nie ein wirklich objektives "Best of" der aktuellen Literatur dar, sondern spiegele einfach den Geschmack der jeweiligen Jury wider, findet Kritiker Helmut Böttiger. So auch in diesem Jahr.
Einerseits mache die Auswahl gut, was die Jurorinnen und Juroren beim Preis der Leipziger Buchmesse im Frühjahr mit ihrer "sehr merkwürdigen" Auswahl versäumt hätten – nämlich Bücher zu berücksichtigen, die auf aktuelle Diskurse und Themen Bezug nähmen.

Erwartbare Namen fehlen

Andererseits produziert die Zusammensetzung der Jury in seinen Augen eine Schieflage: Deutsche und Österreicher seien vertreten, aber keine Schweizer. Für Böttiger ist das eine mögliche Erklärung dafür, dass auf der Liste zwar eine Hand voll österreichischer, aber keine Schweizer Autorinnen und Autoren stünden.
Auch vermisse er die neuen Bücher etwa von Angelika Klüssendorf oder Jenny Erpenbeck oder den neuen autobiografisch grundierten Roman von Emine Sevgi Özdamar, die als eine der ersten Autorinnen schon vor etlichen Jahren das Thema Fremdsein einer Gastarbeiterfamilie thematisierte.

"Eurotrash" erneut nominiert

Dass sich Christian Kracht nach Leipzig erneut mit "Eurotrash" auf der Longlist wiederfindet, überrascht Böttiger dagegen nicht: "Da beißt die Maus keinen Faden ab: Christian Kracht ist der Autor der Generation, die übrigens auch die Jury ausmacht." Deren Mitglieder seien fast alle zwischen Ende 40 und 50 und etwas darüber.
Böttiger rechnet fest damit, dass Kracht auch auf der Shortlist landet, womöglich auch den Deutschen Buchpreis gewinne. Weitere Favoritinnen und Favoriten dafür seien unter anderem Sasha Marianna Salzmann, Felicitas Hoppe und Antje Rávik Strubel.
Letztere ist für Böttiger auch eine ganz persönliche Favoritin. Er begründet: Rávik Strubel verbinde in ihrem Roman "Die blaue Frau" die aktuellen Genderdebatten "mit einer sehr schönen, poetischen Sprache, was sehr ungewöhnlich ist. Da sticht sie als Autorin heraus". (mkn)

Die nominierten Romane (in alphabetischer Reihenfolge):

Henning Ahrens: "Mitgift", Klett-Cotta, August 2021

Shida Bazyar: "Drei Kameradinnen", Kiepenheuer & Witsch, April 2021

Dietmar Dath: "Gentzen oder: Betrunken aufräumen", Matthes & Seitz Berlin, August 2021

Franzobel: "Die Eroberung Amerikas", Paul Zsolnay, Januar 2021

Georges-Arthur Goldschmidt: "Der versperrte Weg", Wallstein, Juni 2021

Dana Grigorcea: "Die nicht sterben", Penguin, März 2021

Norbert Gstrein: "Der zweite Jakob", Carl Hanser, Februar 2021

Dilek Güngör: "Vater und ich", Verbrecher, Juli 2021

Monika Helfer: "Vati", Carl Hanser, Januar 2021

Felicitas Hoppe: "Die Nibelungen", S. Fischer, September 2021

Peter Karoshi: "Zu den Elefanten", Leykam, Mai 2021

Christian Kracht: "Eurotrash", Kiepenheuer & Witsch, März 2021

Thomas Kunst: "Zandschower Klinken", Suhrkamp, Februar 2021

Gert Loschütz: "Besichtigung eines Unglücks", Schöffling & Co., Juli 2021

Yulia Marfutova: "Der Himmel vor hundert Jahren", Rowohlt, März 2021

Sasha Marianna Salzmann: "Im Menschen muss alles herrlich sein", Suhrkamp, September 2021

Mithu Sanyal: "Identitti", Carl Hanser, Februar 2021

Ferdinand Schmalz: "Mein Lieblingstier heißt Winter", S. Fischer, Juli 2021

Antje Rávik Strubel: "Blaue Frau", S. Fischer, August 2021

Heinz Strunk: "Es ist immer so schön mit dir", Rowohlt, Juli 2021

Der Jury gehören neben Knut Cordsen an: Bettina Fischer (Leiterin Literaturhaus Köln), Anja Johannsen (Leiterin Literarisches Zentrum Göttingen), Richard Kämmerlings (Literarischer Korrespondent, Die Welt), Sandra Kegel (Ressortleiterin Feuilleton, Frankfurter Allgemeine Zeitung), Beate Scherzer (Buchhändlerin, Proust Wörter + Töne) und Anne-Catherine Simon (Feuilleton-Redakteurin, Die Presse).

Am 21. September wird als nächstes die Shortlist veröffentlicht, aus der der Sieger oder die Siegerin gekürt wird. Die Jurymitglieder wählen dafür sechs Romane aus der Longlist aus. Der Deutsche Buchpreis wird am 18. Oktober in Frankfurt am Main zur Buchmesse verliehen.
(Weitere Quellen: Deutscher Buchpreis, Börsenblatt des Deutschen Buchhandels, KNA)
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