Glückliche Schüler mit Wir-Gefühl
Die Gesamtschule Barmen in Wuppertal liegt in einem sozialen Brennpunkt, mehr als die Hälfte der Schüler wächst mit nur einem Elternteil auf, ein Drittel hat ausländische Wurzeln - und diese Schule ist mit dem Deutschen Schulpreis ausgezeichnet worden.
Angela Merkel: "Der Deutsche Schulpreis geht an die Gesamtschule Barmen in Wuppertal!"
Die Spannung blieb bis zuletzt, dann war die Freude bei Schülern und Lehrern war groß: Die Gesamtschule Barmen in Wuppertal erhielt den begehrten Deutschen Schulpreis als beste Schule des Landes, übergeben wurde der mit 100.000 Euro dotierte Preis von Bundeskanzlerin Angela Merkel persönlich. Schule, so die Kanzlerin, könne nicht alle Probleme lösen, aber sie müsse vor allem die Fähigkeit vermitteln, sich etwas erarbeiten zu können.
Merkel: "Fragen können, die richtigen Fragen stellen, das ist eigentlich ganz ganz wichtig, und sich dann mit Hilfe der Antworten in ein neues Gebiet hineinzubewegen und auch den Mut zu haben, wieder nachzufragen, wenn ich es nicht verstanden habe..."
Das hat die diesjährige Preisträgerschule in den Augen der Jury mit Bravour vorgemacht, weil sie ihren Schülerinnen und Schülern Selbstbewusstsein und Verantwortung füreinander vermittele. Die Gesamtschule Barmen liegt in einem sozialen Brennpunkt, mehr als die Hälfte der 1361 Schülerinnen und Schüler wächst mit nur einem Elternteil auf, ein Drittel hat ausländische Wurzeln.
"Das ist eine Schule die ganz unterschiedliche Kinder aufnimmt, die ein unheimlich breites Angebot hat an Dingen, die es ermöglicht, dass man jeden Schüler individuell fördert, und die damit unglaubliche Erfolge hat, kein Kind schafft den Abschluss nicht, jedes wird mitgenommen, und die Schüler dort, das hat man jetzt auch beim Schulpreis gemerkt, sich einfach glücklich."
Sagt Ingrid Hamm, Geschäftsführerin der Robert-Bosch-Stiftung – und betont, dass für eine gute Schule vor allem eine inspirierte Führung entscheidend sei, die es schaffe, unter Kollegen und Schülern ein Klima der guten Ideen zu schaffen. Seit dem Jahr 2006 vergibt die Robert-Bosch-Stiftung, gemeinsam mit der Heidhof-Stiftung den Deutschen Schulpreis – bewertet werden sechs Qualitätsbereiche: Neben der Leistung sind das der Umgang mit Vielfalt, die Unterrichtsqualität, die Vermittlung von Verantwortung, das Schulleben und die Schule als lernende Institution. 1500 Schulen haben sich seit Beginn des Programms beworben. Vergeben werden neben dem Hauptpreis insgesamt vier zweite Preise, sowie ein Sonderpreis der Jury. Der ging in diesem Jahr an die Don-Bosco-Berufsschule in Würzburg.
Eine Art Bewegung für gute Schule
"Der Schulpreis ist eine ungeheuer gute Sache. Weil wir seit Jahren jetzt beteiligt sind, wir waren 2011 schon einmal nominiert, und wir haben total als Schule profitiert von dem Netzwerk, das da entsteht."
Betont Schulleiter Harald Ebert. Und vielleicht ist das mittlerweile das Entscheidende für viele Teilnehmer: Aus dem Deutschen Schulpreis ist im Laufe der Jahre eine Art Bewegung für gute Schule geworden. Alle Preisträgerschulen bilden ein Netzwerk, die ausgezeichneten Schulen geben in Workshops, Seminaren, und Hospitationsprogrammen ihre Erfahrungen und Ideen an andere Schulen weiter. Dieser Transferprozess aus der Praxis in die Praxis soll jetzt noch ausgebaut werden: Beide Stiftungen haben nun die "Deutsche Schulakademie" in Leben gerufen und sie mit einem Budget von 1,4 Millionen Euro ausgestattet. Ziel: Gute Unterrichtskonzepte möglichst breit weiterzugeben. Schulen sollen voneinander lernen können, sagt der frischgebackene Akademie-Geschäftsführer Roman Rösch.
"Wir haben heute tolle Schulbeispiele gehört, und uns geht's einfach darum, Schulen in eine persönliche Begegnung zu bringen, diese Preisträgerschulen in verschiedenen Settings, in Veranstaltungen, in Hospitationen mit anderen Schulen begegnen zu lassen und dass da was Neues entsteht."
Dabei sei Qualität und Erfolg einer Schule keine Frage des Schulsystems oder der Schulform, betonte Rösch. Ausgezeichnet wurden Grundschulen und Gesamtschulen ebenso wie Gymnasien, oder Hauptschulen.
"Es ist ganz schwierig inzwischen, Schulen überhaupt noch in Schulformen zu fassen, wenn Sie genauer hinschauen. Die Gymnasien haben große Herausforderungen im Moment auch mit dem Thema Heterogenität, bei Gesamtschulen war das per se schon, die Förderschulen lösen sich auf, also wir haben im Moment ne Situation, das geht immer mehr auf die Einzelschule hin, und die Schulformen und Schulstrukturen spielen eine immer kleinere Rolle."
Rösch, der selber einst Hauptschullehrer in Bayern war, hofft daher möglichst auf Ruhe im Reformkarton – Schulfrieden sei entscheidend für die Schulentwicklung. Im Herbst will die neue Schulakademie zu einem ersten Schulentwicklungskongress nach Berlin einladen.