"Deutschland von oben"
Zwei Jahre nach der Ausstrahlung des erfolgreichen Fernsehdreiteilers "Deutschland von oben" ist nun eine Kinofassung erschienen. In 50 Episoden zeigen die Filmemacher aschöne und dramatische Bilder vom imposanten Watzmann im Süden bis ins Wattenmeer an der Nordsee.
"So haben Sie Deutschland noch nie erlebt", heißt die Werbezeile für diesen abendfüllenden Dokumentarfilm, der als Kinofassung des erfolgreichen Fernsehdreiteilers "Deutschland von oben" (ZDF-Reihe "Terra X") zwei Jahre nach der Ausstrahlung auf die große Leinwand kommt. Und es lohnt sich! Wenn man nur einen Zusammenschnitt der schönsten Szenen sieht, wie sie uns das ZDF-Kulturmagazin "Aspekte" in der letzten Sendung präsentierte, will man kaum glauben, dass Deutschland mit dem Image von brav und bieder zu kämpfen hat. Aus der Vogelperspektive zeigt uns die Dokumentation in 50 Episoden wunderschöne, dramatische, außerordentliche Bilder vom imposanten Watzmann im Süden bis ins Wattenmeer an der Nordsee.
Das wurde technisch möglich durch eine an der Unterseite eines Helikopters befestigte Kamera, die nicht nur mit einem Joystick aus der Kabine vom neuseeländischen Kameramann Peter Thompson gesteuert wurde, sondern auch jegliche Turbulenz ausgleicht. Das ist bestaunenswert, aber die Auswahl der filmwürdigen Objekte war sicher die größere Leistung.
Petra Höfer und Freddie Röckenhaus haben nach Strukturen gesucht, die uns einen neuen Blick ermöglichen, nicht nur auf berauschende Natur wie die Allgäuer Alpen und die Robbenbabys im Wattenmeer. Verblüffender ist ein Geleitzug von Containerschiffen, die wohl jedem von uns bisher als hässliche Technikmonster galten, oder der größte Tagebau Deutschlands in der Lausitz, ferngesteuerte Mähdrescherkolonnen und die letzten glühenden Halden in Duisburg. Gerade diese Aufnahmen von menschengemachter Technik und Kultur lassen uns die Welt neu erleben und sie kontrastieren aufs schönste mit den Naturszenen. Wir fliegen mit Steinadlern und erklimmen mit den fast ausgestorbenen Steinböcken unzugängliche Felsen. Wir erkennen die Strukturen unserer berühmten mittelalterlichen Städte und begreifen, dass hier römische Trampelpfade zu Straßen und Palisadenringe zu Stadtmauern wurden und wie dies im Bombenhagel des Zweiten Weltkrieges unterging.
Das alles ist emotional berührend und lehrreich und reicht in der visuellen Qualität durchaus an die großen internationalen Dokumentarfilm-Produktionen heran. Eine gewisse zeitliche Abfolge gibt der Rhythmus der Jahreszeiten vor, ein nützlicher und der Grandiosität der Bilder entsprechender, auch mal pathetischer Kommentar begleitet uns und leider auch ein durchaus verzichtbarer, bombastischer Soundtrack. Eingespielt von einem 70-Mann-Orchester erschlägt er mit seiner Wucht und Motivwiederholung die Bilder.
Ernsthaft zu beklagen aber ist die Konzentration der Filmemacher auf den Südwesten Deutschlands, der immer wieder bis zu Ludwigs Märchenschlössern ins Bild kommt und Natur- und Heimatliebhaber östlich der Elbe außen vorlässt. Goethes Thüringen fehlt ebenso wie Fontanes Mark Brandenburg, die Isar kommt zu allen Jahreszeiten ins Bild, niemals die Schlösser an der Saale. Gewandert wird auf dem Watzmann, nicht am Rennsteig, und die spannende Erkundung der Stadtwerdung Berlins aus der Luft ersetzt der Film durch plakative Aufnahmen aus der Preußenhochburg. München wird zum Sommerhighlight gekürt. Die Ostseestrände wären da eventuell passender gewesen.
Und wenn spektakuläre Aufnahmen vorhanden sind, verliert der Film auch schon mal seinen Rhythmus. So sehen wir unendlich lange Wingsuit-Jumpern oder Segelfliegern bei ihrem exquisiten Sport zu. Am Ende hat man doch das Gefühl, dass hier visuelle Brillanz das vorherrschende Ordnungsprinzip war, womit der Film selbst seine Wirkung beschränkt.
BRD 2012; Regie: Petra Höfer und Freddie Röckenhaus; 110 Minuten; ohne Altersangabe
Filmhomepage
Mehr zum Thema:
"Dieser Perspektivwechsel hat etwas sehr Lehrreiches"
Produzent über den Dokumentarfilm "Deutschland von oben" (DLF)
Das wurde technisch möglich durch eine an der Unterseite eines Helikopters befestigte Kamera, die nicht nur mit einem Joystick aus der Kabine vom neuseeländischen Kameramann Peter Thompson gesteuert wurde, sondern auch jegliche Turbulenz ausgleicht. Das ist bestaunenswert, aber die Auswahl der filmwürdigen Objekte war sicher die größere Leistung.
Petra Höfer und Freddie Röckenhaus haben nach Strukturen gesucht, die uns einen neuen Blick ermöglichen, nicht nur auf berauschende Natur wie die Allgäuer Alpen und die Robbenbabys im Wattenmeer. Verblüffender ist ein Geleitzug von Containerschiffen, die wohl jedem von uns bisher als hässliche Technikmonster galten, oder der größte Tagebau Deutschlands in der Lausitz, ferngesteuerte Mähdrescherkolonnen und die letzten glühenden Halden in Duisburg. Gerade diese Aufnahmen von menschengemachter Technik und Kultur lassen uns die Welt neu erleben und sie kontrastieren aufs schönste mit den Naturszenen. Wir fliegen mit Steinadlern und erklimmen mit den fast ausgestorbenen Steinböcken unzugängliche Felsen. Wir erkennen die Strukturen unserer berühmten mittelalterlichen Städte und begreifen, dass hier römische Trampelpfade zu Straßen und Palisadenringe zu Stadtmauern wurden und wie dies im Bombenhagel des Zweiten Weltkrieges unterging.
Das alles ist emotional berührend und lehrreich und reicht in der visuellen Qualität durchaus an die großen internationalen Dokumentarfilm-Produktionen heran. Eine gewisse zeitliche Abfolge gibt der Rhythmus der Jahreszeiten vor, ein nützlicher und der Grandiosität der Bilder entsprechender, auch mal pathetischer Kommentar begleitet uns und leider auch ein durchaus verzichtbarer, bombastischer Soundtrack. Eingespielt von einem 70-Mann-Orchester erschlägt er mit seiner Wucht und Motivwiederholung die Bilder.
Ernsthaft zu beklagen aber ist die Konzentration der Filmemacher auf den Südwesten Deutschlands, der immer wieder bis zu Ludwigs Märchenschlössern ins Bild kommt und Natur- und Heimatliebhaber östlich der Elbe außen vorlässt. Goethes Thüringen fehlt ebenso wie Fontanes Mark Brandenburg, die Isar kommt zu allen Jahreszeiten ins Bild, niemals die Schlösser an der Saale. Gewandert wird auf dem Watzmann, nicht am Rennsteig, und die spannende Erkundung der Stadtwerdung Berlins aus der Luft ersetzt der Film durch plakative Aufnahmen aus der Preußenhochburg. München wird zum Sommerhighlight gekürt. Die Ostseestrände wären da eventuell passender gewesen.
Und wenn spektakuläre Aufnahmen vorhanden sind, verliert der Film auch schon mal seinen Rhythmus. So sehen wir unendlich lange Wingsuit-Jumpern oder Segelfliegern bei ihrem exquisiten Sport zu. Am Ende hat man doch das Gefühl, dass hier visuelle Brillanz das vorherrschende Ordnungsprinzip war, womit der Film selbst seine Wirkung beschränkt.
BRD 2012; Regie: Petra Höfer und Freddie Röckenhaus; 110 Minuten; ohne Altersangabe
Filmhomepage
"Dieser Perspektivwechsel hat etwas sehr Lehrreiches"
Produzent über den Dokumentarfilm "Deutschland von oben" (DLF)