Deutschland wählt den Superkanzler

Von Stefan Keim |
"Ich will hier rein!" soll Gerhard Schröder gebrüllt haben. In der legendären Nacht, als er am Tor zum Kanzleramt rüttelte. Der Satz "Ich kann Kanzler" sagt nichts anderes aus, gehört aber einer anderen Generation. 2500 junge Leute trauen sich das zu und haben sich für eine neue Castingshow des ZDF beworben. Sechs von ihnen stehen nun im Finale.
"Ich glaube, dieses Show zeigt auch, dass die Jugend eben nicht nur Null-Bock-Generation ist, dass es eben nicht nur Politikverdrossenheit gibt, sondern dass es eben auch junge Leute gibt, die Ideen haben."

Jacob Schrot aus Brandenburg ist 18 Jahre alt und macht gerade sein Abitur. Und verbringt seine Freizeit mit politischem Engagement, dem Klavier und seiner Freundin. So steht es auf seiner Webseite. Wer auf die Terminliste klickt, findet Sitzungen der Jungen Union in Brandenburg , aber kein Wort über Jacob Schrots Teilnahme an der Castingshow "Ich kann Kanzler!".

Es geht ihm weniger ums Gewinnen, er will ernsthaft Politik machen. Und sieht sich als Botschafter seiner Generation. Wie sein sieben Jahre älterer Mitkandidat Siegfried Walch, der stellvertretende Ortsvorsitzende der CSU in Inzell.

"Es schadet auch mal nicht, dass die Mehrheit sieht, wie kreativ und wie verantwortungsbewusst junge Menschen sind und wie sie vor allem die Zukunft und das Land gestalten wollen."

Walch hat sie schon gut drauf, die Politikerfloskeln. Wonach wird die Jury bei dieser ungewöhnlichen Castingshow suchen? Nach starken Persönlichkeiten? Oder nach möglichst anpassungsfähigen Charakteren, die sich gut ins Parteiensystem einordnen können.

Delano Osterbrauck aus München ist dunkelhäutig, trägt die schwarzen Haare kurz und Jackett zur Jeans. Integration und Chancengleichheit sind seine Hauptthemen. Er hat die Gesten von Barack Obama drauf und sieht dem amerikanischen Präsidenten ziemlich ähnlich.

"Das ist teils gut, weil´s ja wirklich ein guter Typ ist, weil er wirklich die politische Wende geschafft hat, und teils natürlich nicht so gut, weil man ja doch seine eigene Persönlichkeit auch hat."

Jugendliche Doubles von Angela Merkel oder Frank-Walter Steinmeier finden sich nicht im Kandidatenfeld. Nuray Karacas Slogan lautet "Bunt ist besser" , sie bittet auf ihrer Webseite direkt um Stimmen. Doch wer zwei Tage vor der Sendung auf die Rubrik Programm klickt, liest nur: "Meine Idee für Deutschland. Dieser Bereich befindet sich zur Zeit in Bearbeitung."

"Ich würd mich so ärgern, wenn ich´s jetzt nicht schaffe. Jetzt bist du schon mal unter den sechs, dann willst du natürlich auch Kanzler werden."

Die anderen beiden sind lockerer

"Also ich sehe das schon als ganz, ganz großen Sieg, unter die ersten sechs gekommen zu sein. Eigentlich ist es ja entspannt, weil: Wenn man da jetzt rausfliegt, dann ist es auch Hupe."

Philipp Kalisch gibt sich familienfreundlich. Er fordert kostenlose Kinderbetreuung und Bildung. Das wird bestimmt auch Antje Krug gefallen. Sie ist die Älteste im Kandidatenkreis, 31 Jahre alt, vierfache Mutter aus Thüringen. Schon ganz weit oben auf der von-der-Leyen-Skala.

"Ich kann Kanzler" ist ein kanadisches Fernsehformat. Das ZDF hat es gekauft. In Kanada kam die Sendung gut an, es gab keine Krawalle und Beleidigungen wie in anderen Castingshows. Es geht ja auch um weniger. Den RTL-Superstars winken echte Plattenverträge, der ZDF-Kanzler wird nicht Regierungschef. Aber - so Moderator Steffen Seibert …

Seibert: "Es gibt ein Kanzlerinnen-Monatsgehalt und - ich glaube dieser immaterielle Preis ist mindestens genau so viel wert - es gibt wirklich ein Praktikum im Zentrum der Macht."