DFB schließt Leistungszentren

Lange Wege für Talente

05:47 Minuten
Kinder spielen Fußball beim 1. FC Nürnberg
Im DFB-Leistungszentrum Perleberg wird es künftig keine Talenteförderung mehr geben. © dpa / picture alliance / Wolfgang Zink
Von Jörn Pissowotzki · 07.07.2024
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Der DFB will künftig mehr Geld in die Talenteförderung in Ballungsgebieten stecken als auf dem Land. Deshalb schließt nun auch das Leistungszentrum im brandenburgischen Perleberg. Dort ist das Unverständnis über die Entscheidung groß.
Frank Dannehl startet das wöchentliche Training, wie er es die letzten 25 Jahre gemacht hat. Die Jungs, alle zwischen zehn und zwölf Jahre alt, legen mit dem Ball in zwei Gruppen los. 

„Sie sollen sich ein bisschen lockern, damit sie Ballgefühl bekommen. Die Übung ist bekannt. Einer ist in der Mitte, vier verteilen sich in dem Feld. Es wird nur direkt gespielt. Ist für die Kleinen eine Übung auf gutem Niveau.“

Frank Dannehl ist seit 45 Jahren Trainer, seit 25 betreut er den DFB-Stützpunkt, zuerst in Neuruppin, den größten Teil der vielen Jahre aber in Perleberg.
Er hatte für die Jungs und Mädchen aus Karstädt, Wittenberge oder Pritzwalk immer Zusatzaufgaben:

„Ich bin noch ein Trainer alter Schule. Ich lege sehr viel Wert auf Jonglieren - also, dass das Ballgefühl geschult wird und ständig auch wiederholt wird. Ich lege einen großen Wert auf die technische Ausbildung der Spieler.“
Unverständlich war dem Trainer die Neuigkeit aus Frankfurt am Main. Vor einigen Monaten hieß es von dort, der Stützpunkt in Perleberg werde dichtgemacht.
Am Telefon bestätigt Damir Dugandzic das jetzt noch einmal. Er leitet beim DFB das Talenteförderprogramm.  Die Begründung: Es hat in Perleberg viele Kinder bei den Trainings gegeben, aber letztlich zu wenige echte Talente.  
„Wahrscheinlich haben wir dort eher zu stark in der Breite gefördert, wobei es immer gefährlich ist, das dann saisonal zu betrachten. Entwicklung funktioniert selten linear im Fußball. Wir brauchen eher Dekaden, um dies dann abschätzen zu können. Aber alle Tendenzen weisen in diese Richtung hin.“

Erfahrungen des Noch-DFB-Tainers Dannehl

Trainer Dannehl sagt, dass er die vergangenen Jahre genau den Auftrag erfüllt hat, talentierte Nachwuchsspieler zu suchen, die einen leistungssportlichen Anspruch haben. Im Schnitt hat er zuletzt davon in jedem Jahr ein oder zwei Spieler gehabt:

„Paradebeispiel im Moment ist für mich Gustav Kirbach, er ist Jahrgang 2008. Er hat jetzt wieder seinen Vertrag für die U16-Mannschaft bei Hannover 96 verlängert. Dann haben wir Lenny Sangs, er spielt bei Energie Cottbus U14 im Leistungszentrum. Dann wird jetzt Maggie Kiekbach zu Turbine gehen. Sie hat dort einen Platz in der Sportschule bekommen.“

Im Sommer den nächsten Schritt gehen wird der 13-jährige Lenny Eisen. Sein Vater Ronny schaut an diesem Nachmittag beim Training in Perleberg zu. Er sagt, wie wichtig das jahrelange Stützpunkttraining für seinen Sohn gewesen ist.

„Es hat ihm sehr geholfen. Sogar so sehr, dass wir jetzt einen Platz an der Sportschule in Frankfurt/Oder bekommen haben.“

Florian Wirtz als Vorbild für Nachwuchskicker

Lenny muss später auf dem Platz nicht lange überlegen, als die Frage kommt, was ihm der Trainer hier beigebracht hat:

„Vieles. Dribbeln. So wie man passt. All so was, ja.“
Lennys Vorbild ist Florian Wirtz, sein Lieblingsverein Borussia Dortmund. Lenny spielt bei seinem Verein zu Hause in Pritzwalk im Mittelfeld. Dort die Sechserposition, aber beim Verein Eiche Weisen Eric David Kühn.
Eric ist zwölf Jahre alt. Er weiß, dass mit dem regemäßigen Training in Perleberg bald Schluss sein wird:

„Ich finde es traurig, weil es hier immer Spaß gemacht hat. Hier wurde auch sehr viel gelernt, aber man kann es auch nicht ändern.“

Stützpunkt Neuruppin bleibt erhalten

Eric, der auch von einer Profikarriere träumt, hat sich schon Gedanken gemacht, was nach der Sommerpause sein wird:

„Ich werde montags dann immer zu meinem eigenen Training fahren oder vielleicht sogar nach Neuruppin.“

Denn der Stützpunkt in der Stadt im Landkreis Ostprignitz-Ruppin, die über eine Stunde mit dem Auto von Perleberg entfernt liegt, bleibt bestehen.

Der DFB hat einen Plan, wie der wegfallende Anlaufpunkt Perleberg kompensiert werden kann: Es soll Talentespäher, also Scouts, geben, Sichtungen und Lehrgänge für die jungen Spielerinnen und Spieler.

Anders wird es sich auf jeden Fall anfühlen, ist sich Noch-DFB-Trainer Dannehl sicher:

Für die Kinder wird es erst mal ein Einschnitt sein. Sie müssen sich jetzt in ihren Vereinen wieder konzentrieren. Das ist dann ja auch immer so eine Geschichte: Wird man gesichtet, wird man nicht gesichtet.

Trainer Frank Dannehl

Veränderungen auch an anderen Stützpunkten

Auch andere Stützpunkte in Brandenburg sind von den Veränderungen betroffen. Genau wie Perleberg wird es den Standort Falkenberg nicht mehr geben. In Schwedt und Luckenwalde wird die zusätzliche Arbeit mit den Talenten in die Arbeit von örtlichen Fußballklubs integriert.

Der Perleberger Trainer Frank Dannehl hat für neue Aufgaben über den 31.7. hinaus vom DFB kein neues Angebot erhalten.

Es werde komisch für sein, nicht mehr auf dem Platz zu stehen, sagt er.

Sein Blick nach vorn ist aber trotzdem optimistisch:

„Es wird auch weiterhin Talente aus der Prignitz geben. Mit Sicherheit.“

Wenn sie vielleicht auch schwerer zu finden sein werden. In der Zukunft.  

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