Diabetes heilen per Operation
Diabetiker müssen sich normalerweise regelmäßig Insulin in den Körper spritzen. Doch auch transplantierte Zellen können die Insulinproduktion übernehmen. Diesen in Deutschland bislang einzigartigen Weg geht ein Spezialistenteam aus Dresden. Ein faszinierender Ansatz - mit hohem Risiko.
Sie war noch klein, als ihr Körper anfing, sich selbst zu zerstören. Kerstin Merkel hat seitdem Diabetes vom Typ 1. Das heißt, ihr Körper hat ihre Inselzellen in der Bauchspeicheldrüse vernichtet. Die heute 51-Jährige kann seit dieser Zeit deswegen kein Insulin mehr produzieren. Ein lebenswichtiges Hormon, das sie sich deswegen regelmäßig spritzen muss. Eigentlich Routine – aber Kerstin Merkels Blutzucker bleibt trotzdem unberechenbar:
"Ich habe schon lange eine Insulinpumpe. Aber in letzter Zeit war das so: Ich bin mit guten Werten ins Bett gegangen und über Nacht haben sich die Werte verändert und waren sehr hoch. Ich hatte eigentlich gar keine Lösung."
Vor dem Schlafengehen weiß sie nie genau, wie viel Insulin ihr Körper wirklich braucht. Ihr Blutzuckerspiegel schwankt gefährlich, nachts drohen Unterzuckerung, Ohnmacht oder gar tödliche Herzrhythmusstörungen. Deswegen wagen Spezialisten der Universitätsklinik Dresden bei ihr einen noch seltenen Eingriff: Sie setzen ihr die Insulin-produzierenden Zellen eines fremden Organspenders ein. Und es klappt:
"Dann hatte ich die Transplantation, am 13 Oktober 2010. Das feiere ich heute wie einen Geburtstag. Seitdem: Super Werte, fast wie eine Gesunde. Ich hab es keinen Tag bereut, im Gegenteil."
Diabetes heilen per Operation. Ein faszinierender Ansatz. Aber nur ein kleiner Teil der Patienten kommt für den Eingriff infrage, nämlich die fünf Prozent der Typ-1-Diabetiker, für die eine Standardtherapie nicht genügt. Ein Grund dafür ist das hohe Risiko, das mit der Operation bisher verbunden ist, sagt die Diabetologin Barbara Ludwig. Sie ist Spezialistin für die Inselzell-Transplantation.
"Es ist bei dieser allogenen Transplantation, wenn man körperfremde Zellen transplantiert, immer das Problem, dass der Körper diese Zellen nicht akzeptieren, abstoßen würde. Das heißt, wir müssen mit Medikamenten das Immunsystem des Patienten so vorbereiten, dass er diese Zellen akzeptiert. So genannte Immunsuppressiva."
Das sind starke Medikamente, die das Immunsystem des Patienten in eine Art Schlaf versetzen. Patienten, die Immunsuppressiva nehmen, sind deswegen sehr anfällig für Infekte und auch ihr Risiko, Krebs zu bekommen, steigt. Risiken, die Mediziner ihren Patienten in Zukunft gern ersparen möchten.
"Eine Vermeidung von Immunsuppression wäre natürlich das Ziel. Nicht nur im Bereich der Inseltransplantation sondern allgemein bei Transplantationen. Dass man Formen findet, um die Organe entsprechend abzuschirmen."
Genau diesen Weg beschreiten die Dresdener Diabetes-Forscher jetzt. Diabetologe und Klinikleiter Stefan Bornstein erklärt die Idee:
"Und hier bietet es sich natürlich an, diese Inseln zu schützen, möglicherweise in einer Kapsel, wo einerseits das Insulin heraus kann, aber andererseits nicht die Antikörper und die Eiweiße, die die fremden Zellen zerstören würden, hinein können."
Zusammen mit israelischen Forschern haben die Dresdener nun eine solche Kapsel entwickelt. Sie ähnelt von der Form her einer flachen Schuhcreme-Dose. In diese kommen die fremden insulin-produzierenden Zellen hinein, dann wird die Dose per Operation in den Bauchraum des Patienten geschoben. Der Clou des Ganzen ist die halbdurchlässige Membran der Dose. Sie umgibt die Spenderzellen wie eine atmungsaktive Regenjacke: So können sie ihr Insulin hinaus in den Körper senden. Aber von außen können keine Abwehrstoffe des Körpers in die Dose hinein. Die Zellen sind geschützt. Ein Patient hat die Insulin-Dose bereits für zehn Monate getragen, ohne weitere Komplikationen. Stefan Bornstein ist deswegen zuversichtlich.
"Unsere ersten Versuche zeigen, dass das sehr gut toleriert wird, dass das wie ein Herzschrittmacher sehr gut vertragen wird. Sicherlich, der Mercedes ist nicht über Nacht erfunden worden – man muss also schauen, dass dieses System noch optimiert wird."
Das heißt: Es sind noch technische Probleme zu lösen. So müssen die Zellen in der Dose am Leben erhalten werden. Dazu brauchen sie Sauerstoff, und der muss bisher noch etwas umständlich über zwei Schläuche durch die Bauchdecke des Patienten hineingepumpt werden. Nun müssen klinischen Studien an vielen Patienten folgen. Bewährt sich das Dosen-Prinzip, will Stefan Bornstein damit gleich noch ein anderes Problem lösen: das der mangelnden Spenderorgane. Denn bisher müssen die Forscher für jede Inseltransplantation darauf warten, dass die Bauchspeicheldrüse eines menschlichen Spenders zu Verfügung steht.
"Und da haben wir bei weitem nicht genug menschliche Organe. Wäre es also möglich, Insulinproduzierende Zellen vom Schwein einzubringen, haben wir natürlich keinen Mangel mehr. Und hier kommt diese Kammer ins Spiel, dass wir tatsächlich in der Lage sind, Schweine-insulinproduzierende Zellen einzubringen und damit dieses System für viele Menschen anwenden zu können."
Das ist allerdings noch Zukunftsmusik. Zellen vom Tier in den Menschen einzuschleusen, an ähnlichen Systemen forschen auch andere Arbeitsgruppen weltweit. Der Durchbruch ist noch nicht gelungen.
"Ich habe schon lange eine Insulinpumpe. Aber in letzter Zeit war das so: Ich bin mit guten Werten ins Bett gegangen und über Nacht haben sich die Werte verändert und waren sehr hoch. Ich hatte eigentlich gar keine Lösung."
Vor dem Schlafengehen weiß sie nie genau, wie viel Insulin ihr Körper wirklich braucht. Ihr Blutzuckerspiegel schwankt gefährlich, nachts drohen Unterzuckerung, Ohnmacht oder gar tödliche Herzrhythmusstörungen. Deswegen wagen Spezialisten der Universitätsklinik Dresden bei ihr einen noch seltenen Eingriff: Sie setzen ihr die Insulin-produzierenden Zellen eines fremden Organspenders ein. Und es klappt:
"Dann hatte ich die Transplantation, am 13 Oktober 2010. Das feiere ich heute wie einen Geburtstag. Seitdem: Super Werte, fast wie eine Gesunde. Ich hab es keinen Tag bereut, im Gegenteil."
Diabetes heilen per Operation. Ein faszinierender Ansatz. Aber nur ein kleiner Teil der Patienten kommt für den Eingriff infrage, nämlich die fünf Prozent der Typ-1-Diabetiker, für die eine Standardtherapie nicht genügt. Ein Grund dafür ist das hohe Risiko, das mit der Operation bisher verbunden ist, sagt die Diabetologin Barbara Ludwig. Sie ist Spezialistin für die Inselzell-Transplantation.
"Es ist bei dieser allogenen Transplantation, wenn man körperfremde Zellen transplantiert, immer das Problem, dass der Körper diese Zellen nicht akzeptieren, abstoßen würde. Das heißt, wir müssen mit Medikamenten das Immunsystem des Patienten so vorbereiten, dass er diese Zellen akzeptiert. So genannte Immunsuppressiva."
Das sind starke Medikamente, die das Immunsystem des Patienten in eine Art Schlaf versetzen. Patienten, die Immunsuppressiva nehmen, sind deswegen sehr anfällig für Infekte und auch ihr Risiko, Krebs zu bekommen, steigt. Risiken, die Mediziner ihren Patienten in Zukunft gern ersparen möchten.
"Eine Vermeidung von Immunsuppression wäre natürlich das Ziel. Nicht nur im Bereich der Inseltransplantation sondern allgemein bei Transplantationen. Dass man Formen findet, um die Organe entsprechend abzuschirmen."
Genau diesen Weg beschreiten die Dresdener Diabetes-Forscher jetzt. Diabetologe und Klinikleiter Stefan Bornstein erklärt die Idee:
"Und hier bietet es sich natürlich an, diese Inseln zu schützen, möglicherweise in einer Kapsel, wo einerseits das Insulin heraus kann, aber andererseits nicht die Antikörper und die Eiweiße, die die fremden Zellen zerstören würden, hinein können."
Zusammen mit israelischen Forschern haben die Dresdener nun eine solche Kapsel entwickelt. Sie ähnelt von der Form her einer flachen Schuhcreme-Dose. In diese kommen die fremden insulin-produzierenden Zellen hinein, dann wird die Dose per Operation in den Bauchraum des Patienten geschoben. Der Clou des Ganzen ist die halbdurchlässige Membran der Dose. Sie umgibt die Spenderzellen wie eine atmungsaktive Regenjacke: So können sie ihr Insulin hinaus in den Körper senden. Aber von außen können keine Abwehrstoffe des Körpers in die Dose hinein. Die Zellen sind geschützt. Ein Patient hat die Insulin-Dose bereits für zehn Monate getragen, ohne weitere Komplikationen. Stefan Bornstein ist deswegen zuversichtlich.
"Unsere ersten Versuche zeigen, dass das sehr gut toleriert wird, dass das wie ein Herzschrittmacher sehr gut vertragen wird. Sicherlich, der Mercedes ist nicht über Nacht erfunden worden – man muss also schauen, dass dieses System noch optimiert wird."
Das heißt: Es sind noch technische Probleme zu lösen. So müssen die Zellen in der Dose am Leben erhalten werden. Dazu brauchen sie Sauerstoff, und der muss bisher noch etwas umständlich über zwei Schläuche durch die Bauchdecke des Patienten hineingepumpt werden. Nun müssen klinischen Studien an vielen Patienten folgen. Bewährt sich das Dosen-Prinzip, will Stefan Bornstein damit gleich noch ein anderes Problem lösen: das der mangelnden Spenderorgane. Denn bisher müssen die Forscher für jede Inseltransplantation darauf warten, dass die Bauchspeicheldrüse eines menschlichen Spenders zu Verfügung steht.
"Und da haben wir bei weitem nicht genug menschliche Organe. Wäre es also möglich, Insulinproduzierende Zellen vom Schwein einzubringen, haben wir natürlich keinen Mangel mehr. Und hier kommt diese Kammer ins Spiel, dass wir tatsächlich in der Lage sind, Schweine-insulinproduzierende Zellen einzubringen und damit dieses System für viele Menschen anwenden zu können."
Das ist allerdings noch Zukunftsmusik. Zellen vom Tier in den Menschen einzuschleusen, an ähnlichen Systemen forschen auch andere Arbeitsgruppen weltweit. Der Durchbruch ist noch nicht gelungen.