Diana Kinnert wurde 1991 in Wuppertal geboren. Die Unternehmerin und Kolumnistin studierte Politologie und Philosophie. 2008 trat sie in die CDU ein. Von 2015 bis Ende 2016 leitete sie das Büro des CDU-Politikers und Vizepräsidenten des Deutschen Bundestages, Peter Hintze. Unter CDU-Generalsekretär Peter Tauber wurde sie Mitglied der Reformkommission der Partei. Sie ist Autorin des Buches "Für die Zukunft seh‘ ich schwarz – Plädoyer für einen modernen Konservatismus". Im März 2021 erscheint "Die neue Einsamkeit" (Hoffmann & Campe).
"Wir wagen keine wirkliche Intimität mehr"
10:36 Minuten
Corona macht viele Menschen einsam. Doch auch unabhängig davon breite sich eine neue Einsamkeit aus, sagt die Publizistin Diana Kinnert: Der Drang nach Optimierung und Flexibilität in einer digitalisierten Welt habe menschliche Beziehungen verändert.
Die Corona-Pandemie mit ihren Kontaktbeschränkungen lenkt den Blick verstärkt auf das Thema "Einsamkeit". Selbst Menschen, die zu normalen Zeiten einen vollen Terminkalender und viele Kontakte mit Freundinnen und Freunden haben, haben dieses Gefühl in den zurückliegenden Monaten vielleicht kennengelernt.
Man spricht offener darüber, denn wenn sehr viele davon betroffen sind, ist es kein Stigma mehr, sich einsam zu fühlen und darüber zu reden.
Die Publizistin und CDU-Politikerin Diana Kinnert hat sich in ihrem im März erscheinenden Buch "Die neue Einsamkeit" (gemeinsam mit Marc Bielefeld) mit alter wie neuer Einsamkeit auseinandergesetzt.
Sie stellt fest: Eine neue Einsamkeit greift, auch ganz unabhängig von Corona, immer weiter um sich. Unsere Gesellschaft fordert Konsum statt Intimität, Flexibilität statt Verbindlichkeit, immer mehr Gewinn statt Stabilität.
Auch junge Menschen leiden unter Einsamkeit
Die digitalen Welten, insbesondere Social Media, bringen altbekannte Strukturen zum Bröckeln. "Es gibt eine Gier nach Disruption, nach Innovation, nach Flexibiltät. Und ich glaube, dass sich das auch ein Stück weit kulturell übersetzt. Es führt dazu, dass wir uns in menschlichen Verbindungen selbst ein Stück weit zu Konsumgütern degradieren und gar nicht mehr wirkliche Intimität wagen", ist Kinnerts ernüchternde Analyse.
Auch oder gerade unter den 20- bis 40-Jährigen, die meistens gut vernetzt sind, breite sich deshalb Einsamkeit aus, konstatiert die Autorin. Besonders gravierende Folgen könne Einsamkeit für mobile junge Menschen haben, die eigentlich gerade ihr Studium oder Berufsleben beginnen wollten, als Corona sie vielfach an einem fremden (Studien-)Ort zur Isolation ohne persönliche Kontakte zwang.
"Ich glaube, dass der Pandemiealltag für solche Menschen noch einmal ganz andere psychologische Folgen haben wird", sagt Diana Kinnert.
Ernste gesundheitliche Folgen
Es gebe jedoch einen großen Unterschied zwischen Alleinsein und Einsamkeit. Während Alleinsein oft auch bewusst gewählt werde und man sich darüber "selbst noch einmal etwas besser kennenlernen kann", erklärt sie, bedeute Einsamkeit, "dass ich defizitär glaube, mein Wunsch nach sozialem Kontakt wird ständig enttäuscht, ich bin zwanghaft isoliert und ich habe keine Aussicht auf Besserung. Und wenn sich das über einen längeren Zeitraum trägt, dann, sagen viele medizinische Studien, kann das ernste gesundheitliche Folgen haben."
Laut der Studien erhöhe sich die Sterblichkeitswahrscheinlichkeit einsamer Menschen um 25 Prozent. Und als Kostenfaktor für das Gesundheitssystem wiege Einsamkeit so schwer "wie 15 Zigaretten am Tag", zitiert Kinnert aus den Untersuchungen. Man komme gesellschaftlich und politisch nicht um das Thema herum.
Politisch gebe es sowohl aus dem linken wie aus dem rechten Lager Lösungsvorschläge. Doch weder die linken Forderungen nach neuen Formen des Kollektivismus noch die der Konservativen auf eine Rückbesinnung auf Familien und den Glauben findet Diana Kinnert im Ganzen überzeugend.
(mkn)
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