Dick muss nicht ungesund sein
"Irrtum Übergewicht" ist ein sehr engagiertes Buch, das mit vielen Vorurteilen über das Dicksein aufräumt. Den Autoren gelingt die Balance zwischen wissenschaftlichen Fakten und Verständlichkeit. Mit vielen Beispielen, einfachen Grafiken und griffigen Überschriften entwerfen sie auf 250 Seiten ein wirklich umfassendes Bild zum Thema Körpergewicht.
Zuviel Essen, zuwenig Bewegung und die erbliche Anlage zur ausgeprägten Speicherung von Körperfett. Das sind die drei Hauptfaktoren, die zu Übergewicht führen. Das wissen die meisten, trotzdem sind weltweit eine Milliarde Menschen zu dick.
Warum das so ist, erklärt der Arzt und Gewichtsforscher Johannes Hebebrand zusammen mit dem Journalisten Claus Peter Simon. Ihr Buch "Irrtum Übergewicht" gibt einen ausführlichen Einblick in die aktuelle Gewichtsforschung und behandelt neben zahlreichen biologisch-medizinischen Aspekten auch soziale Fragen und psychologische Gesichtspunkte, die das Thema Körpergewicht betreffen.
Obwohl viele Menschen übergewichtig sind, werden sie gesellschaftlich stigmatisiert. Dicke verdienen weniger und haben schlechtere Aufstiegschancen im Job. Das belegen die Autoren anhand zahlreicher internationaler Studien. Auch bei Kindern haben Untersuchungen ein geringeres Selbstwertgefühl ermittelt, wenn sie übergewichtig waren.
Trotzdem argumentieren die Autoren gegen Gewichtskontrolle und Diäten. Sie warnen sogar eindringlich davor. Ihr Anliegen lautet: Gesundheit. Und dabei ist das Gewicht nicht allein entscheidend.
Das hat zwei Gründe: Erstens, Diäten funktionieren nicht. Keine einzige zeigt dauerhaft Erfolg, schreibt Johannes Hebebrand. Fast alle Diäten führen vielmehr zum bekannten Jojo-Effekt (drei Kilo runter, vier wieder drauf), was langfristig mehr Gewicht bedeutet.
Zweitens kommen zahlreiche Untersuchungen zu dem Schluss, dass moderates Übergewicht kein gesundheitliches Risiko birgt. Erst hohes Übergewicht führt zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen und Folgeerkrankungen wie zum Beispiel Diabetes. Wer ein paar Kilo zuviel auf die Waage bringt, sollte deshalb unbedingt die Finger von Diäten lassen, sich aber regelmäßig bewegen, lautet die Empfehlung.
Denn nicht die Kalorienmenge, sondern die körperliche Aktivität ist verantwortlich für Gesundheit und Wohlbefinden, betonen die Autoren. Anschaulich wird dies durch verschiedene Studien: So wurde 1970 in Großbritannien sehr viel kalorienreicher gegessen als 1990. Trotzdem gab es 1970 deutlich weniger Übergewichtige als 20 Jahre später. Der Grund: 1970 mussten die Menschen viel stärker körperlich arbeiten und verbrauchten mehr Kalorien. Im selben Zeitraum hat außerdem die Zahl der PKW zugenommen.
Übergewicht ist die natürliche Reaktion auf eine unnatürliche Umwelt, schreiben die beiden Autoren und fordern, die Umwelt so zu verändern, dass diese zu weniger kalorienreicher Ernährung und mehr Bewegung führt.
Der Appell lautet: Kein Verkauf von Cola, Limo und Chips an Schulen, klare Kennzeichnung der Inhaltsstoffe von Fertigprodukten und Subventionierung gesunder Lebensmittel.
Ähnlich wie beim Rauchverbot, nach dessen Einführung die Zahl der Herzinfarkte sank, erhoffen sich die Autoren von klaren Ernährungsgeboten eine größere Wirkung. Denn die zahlreichen Präventionsprogramme und Aufklärungskampagnen zum Thema Übergewicht haben wissenschaftlichen Studien zu Folge keine langfristige Wirkung auf das Gesundheitsverhalten der Menschen. Ein interessanter Aspekt angesichts der vielen Ernährungs- und Bewegungsprogramme mit Prominenten und Politikern.
Aus biologischer Sicht, so die Autoren, ist das Fehlschlagen dieser Präventionsmaßnahmen allerdings absolut logisch. Jahrtausende lang war es für die meisten Mensch nicht sicher, jeden Tag ausreichend Nahrung zu finden. Überlebt haben deshalb jene, die gut Reserven bilden konnten. Von den Fettpolstern konnten sie in Hungerzeiten zehren. Dieses Programm hat sich mit dem Bau von Supermärkten aber nicht geändert. So simpel und zugleich schwierig ist das gewichtige Thema Übergewicht.
Johannes Hebebrand und Claus Peter Simon gelingt eine sehr gute Balance zwischen wissenschaftlichen Fakten und Verständlichkeit. Mit vielen anschaulichen Beispielen, einfachen Grafiken und griffigen Überschriften entwerfen sie auf 250 Seiten ein wirklich umfassendes Bild zum Thema Körpergewicht. Ein sehr engagiertes Buch, das mit vielen Vorurteilen über das Dicksein aufräumt.
Rezensiert von Susanne Nessler
Johannes Hebebrand, Claus Peter Simon: Irrtum Übergewicht
Zabert-Sandmann Verlag 2008,
256 Seiten, 19,95 Euro
Warum das so ist, erklärt der Arzt und Gewichtsforscher Johannes Hebebrand zusammen mit dem Journalisten Claus Peter Simon. Ihr Buch "Irrtum Übergewicht" gibt einen ausführlichen Einblick in die aktuelle Gewichtsforschung und behandelt neben zahlreichen biologisch-medizinischen Aspekten auch soziale Fragen und psychologische Gesichtspunkte, die das Thema Körpergewicht betreffen.
Obwohl viele Menschen übergewichtig sind, werden sie gesellschaftlich stigmatisiert. Dicke verdienen weniger und haben schlechtere Aufstiegschancen im Job. Das belegen die Autoren anhand zahlreicher internationaler Studien. Auch bei Kindern haben Untersuchungen ein geringeres Selbstwertgefühl ermittelt, wenn sie übergewichtig waren.
Trotzdem argumentieren die Autoren gegen Gewichtskontrolle und Diäten. Sie warnen sogar eindringlich davor. Ihr Anliegen lautet: Gesundheit. Und dabei ist das Gewicht nicht allein entscheidend.
Das hat zwei Gründe: Erstens, Diäten funktionieren nicht. Keine einzige zeigt dauerhaft Erfolg, schreibt Johannes Hebebrand. Fast alle Diäten führen vielmehr zum bekannten Jojo-Effekt (drei Kilo runter, vier wieder drauf), was langfristig mehr Gewicht bedeutet.
Zweitens kommen zahlreiche Untersuchungen zu dem Schluss, dass moderates Übergewicht kein gesundheitliches Risiko birgt. Erst hohes Übergewicht führt zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen und Folgeerkrankungen wie zum Beispiel Diabetes. Wer ein paar Kilo zuviel auf die Waage bringt, sollte deshalb unbedingt die Finger von Diäten lassen, sich aber regelmäßig bewegen, lautet die Empfehlung.
Denn nicht die Kalorienmenge, sondern die körperliche Aktivität ist verantwortlich für Gesundheit und Wohlbefinden, betonen die Autoren. Anschaulich wird dies durch verschiedene Studien: So wurde 1970 in Großbritannien sehr viel kalorienreicher gegessen als 1990. Trotzdem gab es 1970 deutlich weniger Übergewichtige als 20 Jahre später. Der Grund: 1970 mussten die Menschen viel stärker körperlich arbeiten und verbrauchten mehr Kalorien. Im selben Zeitraum hat außerdem die Zahl der PKW zugenommen.
Übergewicht ist die natürliche Reaktion auf eine unnatürliche Umwelt, schreiben die beiden Autoren und fordern, die Umwelt so zu verändern, dass diese zu weniger kalorienreicher Ernährung und mehr Bewegung führt.
Der Appell lautet: Kein Verkauf von Cola, Limo und Chips an Schulen, klare Kennzeichnung der Inhaltsstoffe von Fertigprodukten und Subventionierung gesunder Lebensmittel.
Ähnlich wie beim Rauchverbot, nach dessen Einführung die Zahl der Herzinfarkte sank, erhoffen sich die Autoren von klaren Ernährungsgeboten eine größere Wirkung. Denn die zahlreichen Präventionsprogramme und Aufklärungskampagnen zum Thema Übergewicht haben wissenschaftlichen Studien zu Folge keine langfristige Wirkung auf das Gesundheitsverhalten der Menschen. Ein interessanter Aspekt angesichts der vielen Ernährungs- und Bewegungsprogramme mit Prominenten und Politikern.
Aus biologischer Sicht, so die Autoren, ist das Fehlschlagen dieser Präventionsmaßnahmen allerdings absolut logisch. Jahrtausende lang war es für die meisten Mensch nicht sicher, jeden Tag ausreichend Nahrung zu finden. Überlebt haben deshalb jene, die gut Reserven bilden konnten. Von den Fettpolstern konnten sie in Hungerzeiten zehren. Dieses Programm hat sich mit dem Bau von Supermärkten aber nicht geändert. So simpel und zugleich schwierig ist das gewichtige Thema Übergewicht.
Johannes Hebebrand und Claus Peter Simon gelingt eine sehr gute Balance zwischen wissenschaftlichen Fakten und Verständlichkeit. Mit vielen anschaulichen Beispielen, einfachen Grafiken und griffigen Überschriften entwerfen sie auf 250 Seiten ein wirklich umfassendes Bild zum Thema Körpergewicht. Ein sehr engagiertes Buch, das mit vielen Vorurteilen über das Dicksein aufräumt.
Rezensiert von Susanne Nessler
Johannes Hebebrand, Claus Peter Simon: Irrtum Übergewicht
Zabert-Sandmann Verlag 2008,
256 Seiten, 19,95 Euro