Dicke Luft über Athen
Nach zwei Jahren Lohnsenkungen und Steuererhöhungen können sich viele Griechen keine Zentralheizung mehr leisten. Wer kann, wärmt sich mit Holz, doch die Folgen für Klima und Umwelt sind katastrophal. Die Feinstaubbelastung in Ballungszentren erreicht Rekordhöhen, und die Menschen erleben einen höchst ungemütlichen Winter.
Katerina Koltsida sitzt über einem Berg an Rechnungen. Telefon, Handy, Strom, Wohnungsnebenkosten, überall stehen Beträge aus. An Heizung ist da nicht zu denken. Weil es vielen ihrer Nachbarn ebenso geht, hat die Eigentümerversammlung im Herbst beschlossen, dass der Heiztank dieses Jahr leer bleibt. Die Heizkörper in der Wohnung von Katerina Koltsida haben also nurmehr eine dekorative Funktion, die 50-jährige Angestellte behilft sich mit Lösungen, die sie an ihre Studentenzeit erinnern.
"Ich habe zwei Heizlüfter gekauft und dicke Teppiche ausgelegt. Und dann lade ich oft Freunde zum Essen ein. Denn in einem gemütlichen Umfeld ist einem gleich weniger kalt."
Einer der Heizlüfter kämpft gerade gegen die 15 Grad Raumtemperatur im Wohnzimmer an. Katerina Koltsida trägt ihren dicksten Pullover, den Reißverschluss am Kragen hat sie allerdings wie zum Trotz geöffnet. Mehr noch als die Kälte in ihrer Wohnung stört sie die nämlich die Vorstellung, sich unterkriegen zu lassen.
"Ich empfinde diese Situation als inhuman und als erniedrigend. Denn Heizung ist kein Luxus, sondern etwas ganz grundsätzliches, um in Würde und Anstand leben zu können. Wenn jetzt auch noch die Heizung aus unserem Alltag verschwindet, beeinträchtigt das letztlich unser Selbstwertgefühl."
Der Heizölpreis ist mitten in der Krise gestiegen. Von 95 Cent vergangenen Winter auf 1,30 Euro. Schuld ist eine Steuererhöhung. Der erhoffte Effekt, nämlich Mehreinnahmen für den Staat, ist allerdings ausgeblieben. So wie Katerina Koltsida versuchen die meisten Griechen, dieses Jahr ohne Zentralheizung durch den Winter zu kommen, der Verbrauch von Heizöl ist landesweit um fast 80 Prozent zurück gegangen.
"Ich habe zwei Heizlüfter gekauft und dicke Teppiche ausgelegt. Und dann lade ich oft Freunde zum Essen ein. Denn in einem gemütlichen Umfeld ist einem gleich weniger kalt."
Einer der Heizlüfter kämpft gerade gegen die 15 Grad Raumtemperatur im Wohnzimmer an. Katerina Koltsida trägt ihren dicksten Pullover, den Reißverschluss am Kragen hat sie allerdings wie zum Trotz geöffnet. Mehr noch als die Kälte in ihrer Wohnung stört sie die nämlich die Vorstellung, sich unterkriegen zu lassen.
"Ich empfinde diese Situation als inhuman und als erniedrigend. Denn Heizung ist kein Luxus, sondern etwas ganz grundsätzliches, um in Würde und Anstand leben zu können. Wenn jetzt auch noch die Heizung aus unserem Alltag verschwindet, beeinträchtigt das letztlich unser Selbstwertgefühl."
Der Heizölpreis ist mitten in der Krise gestiegen. Von 95 Cent vergangenen Winter auf 1,30 Euro. Schuld ist eine Steuererhöhung. Der erhoffte Effekt, nämlich Mehreinnahmen für den Staat, ist allerdings ausgeblieben. So wie Katerina Koltsida versuchen die meisten Griechen, dieses Jahr ohne Zentralheizung durch den Winter zu kommen, der Verbrauch von Heizöl ist landesweit um fast 80 Prozent zurück gegangen.
Gewinner der hohen Ölpreise sind Holzhändler
Wer kann, heizt mit Holz - die Verluste der Heizöllieferanten sind der Gewinn der Holzhändler, und Charalambos Klimentzos reitet auf der Boomwelle. Gemeinsam mit einem Freund hat er ein Grundstück gemietet und einen Holzhandel eingerichtet. Klimentzos hievt einen sperrigen Block Olivenholz auf eine Werkbank, und treibt ihn mit dem Gewicht seines Körpers gegen einen Bohrer, bis das Holz laut krachend auseinander bricht. Seine Kunden sind längst nicht nur die betuchten Athener mit den Kaminecken.
"Viele haben ihren Kamin diesen Winter selbst gebaut. Sie kaufen Kaminziegel und legen einfach los. Andere erzählen mir, dass sie aus einem alten Boiler oder aus einem Fass einen Ofen fabriziert haben. Not macht erfinderisch! Denn die meisten haben Geldsorgen. Ich habe zum Beispiel eine Kundin, die mit ihrem Einkaufswägelchen kommt. Mit den paar Kilo Holz, die sie da rein lädt, versucht sie sich zu wärmen."
Draußen stapelt das Brennholz fein säuberlich, sortiert nach Baumarten: Olive, Eiche, Buche, Orangenbaum; drinnen prasselt ein Feuer im Kamin, und für die Kunden stehen Schnaps und Nüsse bereit. Charalambos Klimentzos und sein Geschäftspartner haben ihren Holzhandel mit viel Liebe eingerichtet. Insgesamt 60.000 Euro haben sie investiert, im Glauben an einen guten Deal. Sie waren nicht die einzigen. Seit Winterbeginn haben im Umkreis von zwei Wohnblöcken vier weitere Holzhändler eröffnet.
Ein Kunde lässt sich 30 Kilo Holz abwiegen. Trocken soll es sein - was bei der großen Nachfrage diesen Winter gar nicht so einfach ist. Im besten Fall, sagt der Holzhändler, ist seine Ware einen Monat alt. Im schlechtesten Fall zwei Tage. Klimentzos verkauft deshalb auch Weichholzbriketts, die er aus Österreich importiert. Mit 50 Cent das Kilo sind die zwar ordentlich teuer, aber sie brennen wenigstens. Er wirft ein paar abgebrochene Zweige auf einen Haufen mit Anzündholz und räumt die großen Holzblöcke ins Lager. Alles legale Ware, wie er betont. Doch es sei auch viel illegal geschlagenes Holz auf dem Markt.
"Ich bekomme laufend Angebote von Schwarzhändlern. Der Witz ist, dass sie genau so teuer verkaufen wie die legalen Händler. Sie nutzen die große Nachfrage aus und erscheinen vor allem, wenn es Engpässe am Markt gibt. Die Schwarzhändler haben immer Holz, denn sie fällen ja alles, was ihnen unterkommt."
"Viele haben ihren Kamin diesen Winter selbst gebaut. Sie kaufen Kaminziegel und legen einfach los. Andere erzählen mir, dass sie aus einem alten Boiler oder aus einem Fass einen Ofen fabriziert haben. Not macht erfinderisch! Denn die meisten haben Geldsorgen. Ich habe zum Beispiel eine Kundin, die mit ihrem Einkaufswägelchen kommt. Mit den paar Kilo Holz, die sie da rein lädt, versucht sie sich zu wärmen."
Draußen stapelt das Brennholz fein säuberlich, sortiert nach Baumarten: Olive, Eiche, Buche, Orangenbaum; drinnen prasselt ein Feuer im Kamin, und für die Kunden stehen Schnaps und Nüsse bereit. Charalambos Klimentzos und sein Geschäftspartner haben ihren Holzhandel mit viel Liebe eingerichtet. Insgesamt 60.000 Euro haben sie investiert, im Glauben an einen guten Deal. Sie waren nicht die einzigen. Seit Winterbeginn haben im Umkreis von zwei Wohnblöcken vier weitere Holzhändler eröffnet.
Ein Kunde lässt sich 30 Kilo Holz abwiegen. Trocken soll es sein - was bei der großen Nachfrage diesen Winter gar nicht so einfach ist. Im besten Fall, sagt der Holzhändler, ist seine Ware einen Monat alt. Im schlechtesten Fall zwei Tage. Klimentzos verkauft deshalb auch Weichholzbriketts, die er aus Österreich importiert. Mit 50 Cent das Kilo sind die zwar ordentlich teuer, aber sie brennen wenigstens. Er wirft ein paar abgebrochene Zweige auf einen Haufen mit Anzündholz und räumt die großen Holzblöcke ins Lager. Alles legale Ware, wie er betont. Doch es sei auch viel illegal geschlagenes Holz auf dem Markt.
"Ich bekomme laufend Angebote von Schwarzhändlern. Der Witz ist, dass sie genau so teuer verkaufen wie die legalen Händler. Sie nutzen die große Nachfrage aus und erscheinen vor allem, wenn es Engpässe am Markt gibt. Die Schwarzhändler haben immer Holz, denn sie fällen ja alles, was ihnen unterkommt."
Schwarzmarkt nach Holz boomt
Im ganzen Land sind Holzwilderer unterwegs. 13.000 Tonnen illegal geschlagenes Holz haben die Behörden allein bis zum Jahreswechsel konfisziert. Besonders groß ist das Problem in entlegenen Gebieten Griechenlands, aber auch rund um Athen wird illegal gefällt.
Förster Nikolaos Kokos kontrolliert deshalb nun häufiger. Gerade ist er in einem verschneiten Waldstück wenige Kilometer vor der Stadt unterwegs, doch vor ihm waren schon andere da. Der Förster bückt sich und streicht ein wenig Schnee von einem Baumstumpf:
"Dieser Baum ist illegal geschlagen worden. Der hier auch und der da drüben. Und dort sehe ich noch welche."
Nikolaos Kokos deutet mit resigniertem Blick auf eine offenbar neue Lichtung. Seit 22 Jahren ist er im Dienst, doch so schlimm wie momentan, sagt Kokos, war es noch nie.
"Ich habe auch schon Leute auf frischer Tat ertappt. Das waren keine Schwarzhändler, sondern einfache Bürger. Sie wissen, dass sie eine Strafanzeige riskieren, andererseits brauchen sie eben Holz, weil sie daheim frieren."
Im Auto fährt er weiter zu einem Aussichtspunkt. Rechts überblickt er den Forst. Auf der linken Seite breitet sich Athen aus und dahinter das Meer. Theoretisch zumindest, denn heute verschluckt eine graue Wolke die Stadt - und das Meer sowieso. Der längst vergessen geglaubte Athener Smog ist diesen Winter zurück gekehrt.
Förster Nikolaos Kokos kontrolliert deshalb nun häufiger. Gerade ist er in einem verschneiten Waldstück wenige Kilometer vor der Stadt unterwegs, doch vor ihm waren schon andere da. Der Förster bückt sich und streicht ein wenig Schnee von einem Baumstumpf:
"Dieser Baum ist illegal geschlagen worden. Der hier auch und der da drüben. Und dort sehe ich noch welche."
Nikolaos Kokos deutet mit resigniertem Blick auf eine offenbar neue Lichtung. Seit 22 Jahren ist er im Dienst, doch so schlimm wie momentan, sagt Kokos, war es noch nie.
"Ich habe auch schon Leute auf frischer Tat ertappt. Das waren keine Schwarzhändler, sondern einfache Bürger. Sie wissen, dass sie eine Strafanzeige riskieren, andererseits brauchen sie eben Holz, weil sie daheim frieren."
Im Auto fährt er weiter zu einem Aussichtspunkt. Rechts überblickt er den Forst. Auf der linken Seite breitet sich Athen aus und dahinter das Meer. Theoretisch zumindest, denn heute verschluckt eine graue Wolke die Stadt - und das Meer sowieso. Der längst vergessen geglaubte Athener Smog ist diesen Winter zurück gekehrt.