Die 7. Berlin Biennale - Ein erster Rundgang

Von Carsten Probst |
Das Deutschlandhaus am Potsdamer Platz, das KunstWerke Berlin und der Berliner Spreepark sind drei der Ausstellungs- und Schauplätze dieser Berlin Biennale. Gezeigt werden Collagen politischer Bewegungen. Dabei stehen nicht nur die Kunstwerke im Mittelpunkt, sondern auch die Mitwirkung der Besucher.
"Breaking The News" ist der Saal im 3. Geschoss der KunstWerke Berlin übertitelt, der vielleicht am klarsten das Prinzip dieser 7. Berlin Biennale verdeutlicht. An den Wänden laufen gleichzeitig neun Videoprojektionen von Aktivistengruppen oder Künstlern, die Demonstrationen an verschiedenen Orten mit ganz unterschiedlichen Zielen dokumentieren: Die feministische Gruppe "Femen" organisiert Straßenaktionen gegen Sextourismus und das postsowjetische Frauenbild; das Netzwerk "Filmpiraten" dokumentiert Protestbewegungen gegen Neonazismus und Kapitalismus.

Das Medienkollektiv "Mosireen" aus Kairo ist aus den Protestbewegungen der ägyptischen Revolution hervorgegangen; der österreichisch-tschechische Künstler David Rych dokumentiert Anti-Roma-Demostrationen in Tschechien oder Anti-Papst-Proteste in Deutschland. Ein vielstimmiges, chaotisches Panorama der Parolendemokratie, der Aufmärsche und Auseinandersetzungen, die nicht selten in Straßenschlachten mit der Polizei enden.

Wie ein roter Faden zieht sich die Kollage politischer Bewegungen der Gegenwart durch diese Biennale. Im Hauptraum der KunstWerke findet sich eine Art Aktionsfläche für die globalen antikapitalistischen Sammlungsbewegungen unserer Zeit, Anonymus, Anonyma, Occupy und zahlreichen Bürgerinitiativen. Auch betont religiöse Bewegungen werden nicht ausgeschlossen, einschließlich Aktionen für eine palästinensischen Staat oder das halb-fiktive Jewish Renissance Movement, das für eine Wiederansiedlung der Juden in Polen wirbt.

Nationalistische Bewegungen sind dagegen durchaus entschieden von dieser Biennale ausgeschlossen, sofern sie rassistische oder fremdenfeindliche Parolen vertreten. Mahnungen zum Umgang mit der jüngsten deutschen und europäischen Geschichte finden sich überall, beispielsweise in der Aktion Berlin-Birkenau, für die der polnische Künstler Lukasz Surowiec einige hundert Birken aus der Umgebung des einstigen Vernichtungslagers Auschwitz nach Berlin verpflanzt hat, oder die ironisch-bombastische Re-Inszenierung des Endkampfes um Berlin von 1945, das im Berliner Spreepark stattfinden soll und zwei Wochen später auch in Warschau.

Auch das Deutschlandhaus beim Potsdamer Platz ist so, konsequenterweise, zu einem Spielort dieser Biennale geworden als künftiger Sitz der Dauerausstellung der Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung, die in Polen und Tschechien mit Skepsis beobachtet wird. Zu großen Teilen setzt die Biennale auf Mitwirkung der Besucher, die immer wieder ihre eigenen Statements abgeben sollen. So bleibt sie bis zum Schluss ein offener Prozess.
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