Songs für Handke und Co.
Nach 20 Jahren Pop-Konzerten hat die Indie-Band Kante genug: Sie will was anderes machen. Die Begegnung mit der Theaterregisseurin Friederike Heller bringt die Band dazu, die Bühne mal anders zu betreten: nämlich als Theatermusiker.
Seit zwanzig Jahren gibt es die Hamburger Gruppe Kante. Die Band verbindet in ihren Songs seit schon immer Indierock, Jazz und Folk miteinander. In den zwei Jahrzehnten ihres Bestehens hat die Band sechs Alben veröffentlicht und unzählige Touren gespielt. Und genau hier lag auch das Problem, meint Sänger Peter Thiessen.
"Für uns war dieser normale Rhythmus, dass man alle zwei Jahre eine Platte macht und auf Tour geht, irgendwann langweilig. Das haben wir auch so zehn Jahre oder so gemacht und das wiederholt sich dann zwangsläufig irgendwann."
Man habe das Gefühl gehabt, dass alles sehr vorhersehbar wurde. Eine Veränderung musste her!
Die Band traf die Theaterregisseurin Friederike Heller. Mit ihr zusammen entwickelte die Gruppe im Anschluss Musik für verschiedene Aufführungen. Neben der kreativen Weiterentwicklung hat das Theater auch einen wirtschaftlichen Vorteil für die Band.
"Es ist aber auch so, dass während unserer Karriere die gesamte Musikindustrie zusammengebrochen ist. Da verdient man als Musiker kaum noch was an einer CD. Also arbeitet man entweder sehr speziell oder sehr massenkompatibel."
Peter Thiessen traf sich oft mehrere Monate vor den Proben mit der Regisseurin um erste Skizzen zu erarbeiten. Danach hat der Hamburger entweder selbst Liedtexte geschrieben oder mit vorhandenem Material gearbeitet. Die Musik ist wiederum jedes Mal auf eine andere Weise entstanden, weil die Stücke selbst auch in gewisser Weise Vorgaben machen.
"Das lief sehr unterschiedlich. Mal haben wir total freie Hand. Da gibt's keine Texte oder Musik. Dann wiederum gibt es Stücke, da gibt es Lieder oder Gedichte und da schreiben wir dann Musik zu den Worten. Dann zum Beispiel bei 'Der gute Mensch von Sezuan' von Brecht, da gab es schon Musik von Paul Dessau, die wir dann auf eine Dreier-Besetzung umgeschrieben haben."
In den letzten sieben Jahren haben Kante bei den Aufführungen immer als Musiker mit auf der Bühne gestanden. Sowohl am Wiener Burgtheater im 'Doktor Faustus' nach Thomas Mann oder im 'Black Rider' an der Schauspielbühne Berlin. Peter Thiessen beschreibt den Unterschied zwischen der Konzerten und Theateraufführungen so:
"Ich hab das Gefühl bei einem Pop-Konzert kennen die Leute die Songs von CD und wollen das jetzt alles so nochmal hören. Das wissen die Leute und das weiß die Band! Die Möglichkeit, dass da jetzt was Ungeplantes passiert ist sehr klein. Das ist im Theater anders. Man kann das, was da passiert nicht irgendwo sehen oder hören. Das gibt es nur da! Und wenn das Stück abgesetzt ist, gibt's das auch nicht mehr."
Mit dem Album „In der Zuckerfabrik" halten Kante zumindest ihre Musik jetzt aber doch fest. Die 15 Songs der Platte sprengen mitunter gängige Popmusik-Muster. Die Lieder geben aber immer einen Eindruck davon, welche Stimmung bei den Aufführungen geherrscht haben muss. Die Gruppe experimentiert dabei wie gewohnt mit Jazz, Rock und Elektronischer Musik.
Kante schreiben in diesem Jahr noch die Musik zu „Dantons Tod", das am Staatsschauspiel Dresden aufgeführt wird. Danach gehen die fünf Musik wieder gemeinsam in den Proberaum und schreiben Songs, für das siebte Kante-Album. Dann steht die Musik wieder nur für sich allein. Eine Sache wird Peter Thiessen dann allerdings vermissen, die das Theater für seine Arbeit ausmacht.
"Ich mag das auch, nicht die ganze Zeit als das Voll-Genie zu sein, das nur für sich arbeitet. In gewisser Weise ist man hier eher ein Handwerker, der in einer großen Gruppe an etwas mitzuarbeiten."