Die Berlinale-Gewinner

Konsequente Preise

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Szene aus dem Gewinnerfilm "Bad Luck Banging or Loony Porn": Eine Frau mit Maske vor dem Gesicht hebt ihre Arme in einer fragenden Pose.
Mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet: "Bad Luck Banging or Loony Porn" des rumänischen Regisseurs Radu Jude. © Silviu Ghetie / microFilm
Von Patrick Wellinski |
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Ein Film der Autoritäten hinterfragt und der Empörungsdemokratie den Spiegel vorhält: Mit „Bad Luck Banging or Loony Porn“ gewinnt Regisseur Radu Jude in einem starken Wettbewerb. Deutsche Filme wurden auch ausgezeichnet, doch Favoriten gingen leer aus.
Die internationale Jury, die unter besonderen Umständen nur aus Gewinnern des Goldenen Bären bestand, hat dieses Jahr mit dem Goldenen Bären den rumänischen Regisseur Radu Jude für seinen Film "Bad Luck Banging or Loony Porn" ausgezeichnet. Eine gute und nachvollziehbare Entscheidung für einen überraschend starken und homogenen Wettbewerb der 71. Berlinale.
Jude nähert sich in seinem unterhaltsamen Spielfilm der universellen Gereiztheit unserer Gegenwart. Nachdem ein Amateurpornovideo einer Lehrerin ins Internet geladen wurde, ist die Aufregung unter den Schülern und Eltern groß. Am Abend soll es eine große Konferenz geben, um zu entscheiden, ob die Frau noch an der Schule bleiben darf.

Die Rechthaberei der Gesinnungswächter

Radu Jude ist der große Eklektiker des rumänischen Kinos. Mit seinem Gewinnerfilm gelingt es ihm, messerscharf die Diskursräume unserer Zeit zu kritisieren.
Er sieht hinter allen moralischen Empörungen reinen Egoismus. Die Rechthaberei von Gesinnungswächtern werden hier als lächerlich überführt. Er hinterfragt falsche Erwartungen an Autoritätspersonen und hält unserer Empörungsdemokratie den Spiegel vor.

Entscheidungen für die kleine Form

Auch die weiteren Preise der Jury sind sehr konsequent. So erhält der japanische Regisseur Ryusuke Hamaguchi für seine drei präzisen Kurzgeschichten, die Sehnsüchte zwischenmenschlicher Beziehungen ausloten. Der Koreaner Hong Sangsoo gewann vergangenes Jahr den Regiepreis und darf sich nun über den Preis für das beste Drehbuch freuen. Der ungarische Debütant Denis Nagy hingegen wird für seine wuchtigen, archaischen Kriegsbilder als bester Regisseur ausgezeichnet.
Damit entschied sich die Jury für die kleine Form. Viele Wettbewerbsfilme waren Episodenfilme, erinnerten an Kurzgeschichten und Erzählungen.

Preise an das deutsche Kino

Zum ersten Mal wurden genderneutrale Schauspielpreise verliehen. Hier dürfen sich zwei Frauen über die Auszeichnung freuen. Dabei war von vornherein spekuliert worden, dass die Entscheidung des Festivals, geschlechtsunspezifische Preise zu verleihen, eher Männer bevorteilen wird.
Die deutsche Schauspielerin Maren Eggert gewann den Preis für die beste Hauptrolle als skeptische Wissenschaftlerin in Maria Schraders "Ich bin dein Mensch". Etwas seltsam mutet der Preis für die ungarische Schauspielerin Lilla Kizlinger an, die in "Forest" lediglich eine von sieben Episoden prägt.
Erfreulich hingegen für den deutschen Film ist auch der Preis der Jury an Maria Speths Langzeitdokumentation "Herr Bachmann und seine Klasse".
Was fehlt? Natürlich Preise an Dominik Grafs Meisterwerk "Fabian" und Celine Sciammas trauriges Kindermärchen "Petite Maman". Das waren die am höchsten gelobten Spielfilme des Wettbewerbs. Über die Gründe fürs Auslassen dieser wichtigen Filme kann nur spekuliert werden.

Im Sommer geht es weiter - hoffentlich

Man muss abwarten, wie der erhoffte Schub durch die Preise für die Filme aussehen wird. Wann wird man das Programm einem breiten Publikum zeigen können. Kommen mehr Filme durch die Preise in die Kinos? Ist das Konzept der 71. zweigeteilten Berlinale aufgegangen?
Das wird man erst im Sommer wirklich sagen können, wenn das Publikum vom 9. bis 20. Juni die Filme sehen kann. Soweit es die Infektionszahlen zulassen.
Die Gewinner der Berlinale:
  • Goldener Bär: Bad Luck Banging or Looney Porn von Radu Jude (Rumänien)
  • Großer Preis der Jury: Wheel of Fortune and Fantasy von Ryusuke Hamaguchi (Japan)
  • Preis der Jury: Herr Bachmann und seine Klasse von Maria Speth (Deutschland)
  • Beste Regie: Denis Nagy für "Natural Light" (Ungarn)
  • Beste Hauptrolle: Maren Eggert für "Ich bin dein Mensch" (Deutschland)
  • Bestes Drehbuch: Hong Sangsoo für "Introduction" (Südkorea)
  • Beste Nebenrolle: Lilea Kilzinger für "Forest - I see you everywhere" (Ungarn)
  • Besondere künstlerische Leistung: Yibrán Asuad für das Editing des Films "A Cop Movie" (Mexiko)
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