Die beste Altersvorsorge: Länger arbeiten!

Von Ursula Weidenfeld · 20.08.2013
Ein geruhsamer und komfortabler Ruhestand - viele zukünftige Rentner werden davon wohl nur träumen können, sagt die Publizistin Ursula Weidenfeld. Auch die, die zusätzlich zur gesetzlichen in eine private Rentenversicherung eingezahlt haben.
Die Finanzkrise scheint vorbei zu sein, der Euro ist angeblich gerettet. Doch die Folgen der Finanz- und Schuldenkrise werden viele Bürger noch sehr lange beschäftigen. Und sie ahnen, dass ihnen diese Beschäftigung keine Freude machen wird.

Betroffen sind vor allem diejenigen, die brav das getan haben, was ihnen Generationen von Rentenpolitikern nahegelegt haben: Sparen für das Alter. Sie werden in ein paar Jahren ähnliche Entscheidungen treffen müssen wie diejenigen, die gar nicht vorgesorgt haben.

Sie alle werden länger arbeiten müssen, wenn sie ihren Lebensstandard bewahren wollen. So, wie es heute schon über 800.000 Rentner tun, die mit einem Minijob ihre Rente aufbessern.

Geldanlage macht keinen Spaß im Augenblick. Wer eine Riester- oder Rürup-Rente abgeschlossen hat, dem kann es bei den derzeitigen Zinsen schon weh ums Herz werden. Die Zinsen liegen unterhalb der Inflationsrate, finanzielle Repression nennt man so etwas.

Es ist eine schleichende Enteignung, die da stattfindet. Einen neuen Vertrag abzuschließen, erscheint erst recht verrückt. Das Geschäftsmodell von Lebensversicherungen und Sparplänen funktioniert unter diesen Bedingungen einfach nicht mehr.

Diejenigen, die gedacht haben, alles richtig zu machen für das Alter, müssen nun fürchten, dass sie alles verkehrt gemacht haben. Politiker, die damals prima Renditen auf das zusätzlich Ersparte versprochen haben, halten heute lieber den Mund. Sie alle wissen: Nur der staatliche Zuschuss bewahrt die privaten Riester-Policen noch davor, in die Verlustzone abzutauchen.

Die Anleger sind nicht nur enttäuscht, sie fühlen sich getäuscht.

Kein Wunder, dass sich nun viele nach der alten Rentenversicherung zurücksehnen. Das Umlagesystem, in dem das Geld immer von der jüngeren zur pensionierten Generation fließt, scheint doch noch zu funktionieren.

Warum also haben wir dieses System ausgehöhlt, anstatt es zu sichern und auszubauen? Warum haben wir es zugelassen, dass das Rentenniveau so weit abgesenkt wird, dass es zur Sicherung des Lebensstandards ganz sicher nicht mehr reichen wird, für viele wird es nicht einmal mehr das Existenzminimum auszahlen? Dass es auch heute schon vielen nicht mehr gibt, als sie auch mit der Grundsicherung bekämen?

Die Antwort auf diese Fragen ist ziemlich einfach: Das umlagefinanzierte System, so wie es war, ist nicht zu retten. Es ist keineswegs solider aufgestellt als die privaten Sparverträge, die jetzt unter Wasser geraten.

Wer nach dem Jahr 2030 auf Rente geht, erhält nur gut 40 Prozent des durchschnittlichen Nettoeinkommens. Doch nicht einmal dafür wird die gesetzliche Rentenversicherung, so wie sie heute ist, gerade stehen können.

Schon gar nicht für alle die schönen Zusatzversprechen, die jetzt im Wahlkampf gegeben werden: Mütterrente, Mindestrente, Lebensleistungsrente, zusätzliche Rentenpunkte für diejenigen, die Kinder aufziehen oder Alte pflegen? Vergesst es.

Nein, die Lösung für beide Seiten der Rentenversicherung, für die kapitalgedeckte wie für die umlagefinanzierte, liegt in einem einzigen banalen und bösen Satz: Wir werden noch länger arbeiten. Für die einen ist das ein Müssen, für die anderen ist es etwas, das ihrer Lebensplanung ohnehin entspricht. Sich eben nicht mit einem Stichtag zur Ruhe zu setzen, sondern so lange wie möglich im aktiven Erwerbsleben zu bleiben.

Das Gute ist, dass es dafür in Zukunft mehr Möglichkeiten und Chancen geben wird. Das Schlechte ist, dass man sie nutzen muss. Denn für einen geruhsamen und komfortabel ausgestatteten Ruhestand wird weder die gesetzliche, noch die private Alterssicherung, und wahrscheinlich auch noch nicht einmal eine Kombination von beidem sorgen können.

Ursula Weidenfeld wurde 1962 in Mechernich geboren. Die Wirtschaftsjournalistin schrieb für die "Wirtschaftswoche" und war Ressortleiterin bei der "Financial Times Deutschland", später war sie stellvertretende Chefredakteurin des "Tagesspiegel". Weidenfeld erhielt 2007 den Ludwig-Erhard-Preis für Wirtschaftspublizistik. Sie ist Mitbetreiberin der Webseite www.das-tut-man-nicht.de. Gemeinsam mit Michael Sauga hat sie das Buch "Gelduntergang. Wie Banken und Politik unsere Zukunft verspielen" geschrieben.


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Die Wirtschaftsjournalistin Ursula Weidenfeld
Die Wirtschaftsjournalistin Ursula Weidenfeld© Gruner + Jahr