Kinokolumne
Die Stimme der Straße: Don Cheadle als Radiomoderator in "Talk to me". © imago / Mary Evans Archive
Die besten Filme über das Radio
05:45 Minuten
Das Radio spielt in vielen Spielfilmen eine wichtige Rolle – mal romantisch und nostalgisch verklärt als Ort von Intimität und Nähe, mal als immanent politisches und sogar revolutionäres Medium.
Platz 5 – „Radio Days“ von Woody Allen (1987)
Es war einmal eine Zeit, in der das Leben seinen Reiz durch Geschichten aus dem Radio bekam: vom Promi-Klatsch bis zu der Landung der Marsmenschen, wie sie Orson Welles in seinem legendären Hörspiel „Krieg der Welten“ inszenierte. Es war einmal eine Zeit, in der allein Stimmen ferne, neue, fantastische, exotische Welten öffneten. Und dabei kamen sie nur in Mono und knisternd aus diesem kleinen, mit Stoff überzogenen Loch, das man Lautsprecher nannte. Es ist die Magie der Stimme, die hier ihre Verehrung erfährt. Damals, das sind bei Woody Allen die 1930er- und 1940er-Jahre.
Platz 4 – "Julia und ihre Liebhaber" von Jon Amiel (1990)
Damals ist hier Anfang der 1950er-Jahre. Und es geht nicht um die Hörer vor dem Radio, sondern die Macher beim Radio. Im Sender WXBU verliebt sich Martin (Keanu Reeves) in seine 26 Jahre ältere Tante Julia (Barbara Hershey). Peter Falk – wunderbar skurril – ist der Drehbuchautor des Senders und nutzt die sich anbahnende Liebesbeziehung als Material für die tägliche Soap Opera. Wie bei Woody Allens „Radio Days“ ist auch „Julia und ihre Liebhaber“ eine Hommage an die Radiokunst, der das TV in Sachen Magie nicht das Wasser reichen konnte.
Platz 3 – „Radio Rock Revolution“ von Richard Curtis (2009)
Es war einmal Mitte der 1960er-Jahre. „Martha & The Vandellas“ wurden nicht von Oldie-Sendern gespielt, sondern waren Pop-Avantgarde, so wie die Stones oder The Who. Musik, die die altehrwürdige BBC nicht verbreiten mochte. Aber es gab Sender, die von Schiffen vor der britischen Kiste aus das spielten, was zu spielen war. Die müssen weg, befiehlt der Postminister im Film. Klappt aber nicht so einfach mit dem Piratensender „Radio Rock“, wo Sex, Drugs and Rock & Roll gelebt wurden – inklusive akustischer Grenzüberschreitungen. Eine Zeitreise, die wie ein 135 Minuten langer Song wirkt, mit nicht tiefgründigen Figuren, die aber immerhin im Rhythmus und Sound der Rockmusik der 1960er swingen.
Platz 2 – „Talk Radio“ von Oliver Stone (1988)
Nacht in Dallas. Barry ist die Stimme aus dem Radio in der Nacht. Er setzt auf Provokation, will den Hörern ihre dunklen Seiten entlocken. „Ach, das interessiert doch keinen, was du denkst“, pöbelt er einen an. Aber die Anonymität der Anrufer bildet einen gefährlichen Nährboden für Hass, Vorurteile und Gewalt. Irgendwann weiß Barry die Geister, die er on air schaltet, nicht mehr zu beherrschen.
Als der Film 1988 ins Kino kam, versuchten sich Radiomacher bei den gerade hippen neuen Privatradiostationen sofort in einer Kopie des „Talk Radios“. Am Ende kopierten sie aber mit ihrer Publikumsbeschimpfung – worauf es hinauslief – den Zynismus der Medienwelt, den Oliver Stone analysierte. Dystopische Grundhaltung. Das war Stone. Hoffnung auf die Kraft des Redens und des Radios kommt in einem anderen „Talk-Radio“.
Platz 1 – „Talk to Me“ von Kasi Lemmons (2007)
Der eine ist Produzent bei einem Washingtoner Radiosender. Der andere, Petey Greene, gerade aus dem Knast entlassen, ist die Stimme von der Straße – jetzt hinter dem Mikrofon. Don Cheadle und Chiwetel Ejiofor sind grandios in dieser Geschichte über zwei Afroamerikaner, die das Radio als Medium nutzen, durch das hindurch sie schwarzes Selbstbewusstsein transportieren. Eine Mischung aus Komödie und Drama – versehen mit einem wunderbaren Soundtrack.
Am Ende aber - auch als Petey nach der Ermordung von Martin Luther King die wütenden Menschen auf der Straße beschwört, besonnen zu bleiben - ist „Talk to me“ getragen vom Glauben an die Kraft der Sprache als Mittel zu Verständigung und Aufklärung. Auch wenn die Sprache heute nicht mehr knistert, knartscht und kriselt.