Die Emotionen der Konstrukte
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Filme über die Mensch-Maschine und ihre künstliche Intelligenz drehen sich vor allem um die Ambivalenz dieser Konstruktionen: Sind sie besser, stärker, schöner, potenter als wir einfachen Menschen? Ein Blick auf die Evolution dieser Filmfigur.
Platz 5 - "Metropolis" von Fritz Lang (1927)
Die Maschine hat eine weibliche Gestalt. Den Roboter darunter können die Menschen nicht erkennen und erheben sie zur Göttin. Maschinenfrau Maria zieht die Menschen in ihren Bann, hetzt sie auf, manipuliert sie mit ihrer auch erotischen Macht.
Doch die Ambivalenz gegenüber dieser Frau-Maschine entlädt sich im Hass, darauf hereingefallen zu sein. Die Hexe, als die Maria bei Fritz Lang gezeichnet ist, stirbt auf dem Scheiterhaufen. Nun wird für alle sichtbar, dass sie Maschine war. Die Menschen dürfen sich nun – dieses reaktionäre Frauenbild hat lange Tradition – als Opfer ihrer Verführungskunst sehen.
Platz 4 -"Her" von Spike Jonze (2013)
Noch eine künstliche Frau: reiner Algorithmus, ohne Körper, nur Stimme. Ein Mann, der sich gerade scheiden lässt, verliebt sich in ein weibliches Computersystem. Die Empathie der Maschine gegenüber dem Geliebten hat auch diese Wahrheit, ihm gnadenlos zu sagen: "Na ja, ich habe das Gefühl, ich entwickle mich zurzeit schneller. Und das ist ein wenig beunruhigend."
Ein Film über das Sehnen, über ein Begehren, das wiederum geboren ist aus der Einsamkeit. "Her" thematisiert die normal universelle Blindheit des Liebenden gegenüber der Liebe. Merkwürdig, dass wir diese abstrakte Liebe, die ja kein reales Gegenüber hat, Theodore (Joaquin Phoenix) abnehmen.
Platz 3 -"A. I. – Künstliche Intelligenz" von Steven Spielberg (2001)
David stellt seiner Mutter die Frage, ob sie bald stirbt, und ob er dann ganz allein wäre. Aber Monica ist nicht Davids Mutter, denn David ist kein Mensch. Aber er ist auf ewige Liebe programmiert. Das ist die Tragik des liebenden Roboterkindes, das in eine kalte Welt kommt. Dort gibt es keine Empathie der Wesen untereinander, nur die Gier, ihre Bedürfnisse zu erfüllen.
Monica wird David, den Roboter, im Wald aussetzen, als sie seiner überdrüssig ist. Die künstlichen Wesen – in "A. I." sind das David und sein Teddybär – sind zu mehr Emotionen fähig als die realen Menschen. Auch das ist eine beunruhigende These der Mensch-Maschinen-Filme.
Platz 2 – "Blade Runner" von Ridley Scott (1982)
Maria, die Maschinenfrau aus "Metropolis", der körperlose Algorithmus aus "Her" ist ebenso wie David aus "A. I." eindeutig als Maschine/KI zu identifizieren. In der zukünftigen Welt von "Blade Runner", im Los Angeles des Jahres 2019, liegt darin das Problem: Die als Arbeitssklaven geschaffenen künstlichen Menschen – Lebensdauer: vier Jahre – sind äußerlich nicht mehr zu unterscheiden von ihren Schöpfern, weil diese Gefühle und Ambitionen entwickeln.
Deckard, der Jäger dieser Replikanten, der sie zu liquidieren hat, hat schließlich das Problem, dass er selber nicht weiß, was oder wer er ist. Damit ist das Drama der KI wiederum der Spiegel für uns, die wir uns dessen ebenfalls selten bewusst sind.
Platz 1 - "Westworld" (Serie – seit 2016)
Wenn dann bei den Androiden noch der Wille zur Macht hinzu kommt – so zum Beispiel im Themenpark Westworld, wo die KIs ursprünglich dafür gedacht waren, den Gästen jeden Wunsch zu erfüllen. Aus der im nächsten Schritt einprogrammierten Empfindungsfähigkeit entwickelt sich aber plötzlich Bewusstsein und das Verhältnis zwischen Herr und Knecht verliert die natürliche Ordnung.
Dolores, Maschine in Menschengestalt, sagt zu ihrem Schöpfer: "Es muss weh tun, so plötzlich die Oberhand zu verlieren, aber ich verspreche dir, es wird noch so viel mehr weh tun." So läuft alles auf die Frage hinaus, die als Inschrift den Apollo-Tempel von Delphi ziert: "Erkenne dich selbst!". Nun allerdings von der vom Menschen geschaffenen Maschine an ihren Schöpfer: "Stell mir die Frage, William, nach deren Antwort du so verzweifelt suchst. - Bin ich ich selbst?" Ist die Maschine Mensch oder der Mensch Maschine? Wer soll das noch beantworten können?