Die Bibel als Rezeptbuch
Auch die Menschen in der Bibel haben gern gegessen. Welche Speisen genau und wie man sie zubereitet, beschreibt die Historikerin Mirjam Feinberg Vamosh in ihrem Buch "Essen und Trinken in biblischer Zeit". Angereichert mit kulturgeschichtlichem Hintergrund liefert sie auch die passenden Rezepte.
Das Manna-Rezept bleibt vorerst noch ein himmlisches Geheimnis. So viel hat Feinberg aber doch herausgefunden: es könnte ein knusprig-süßes Sekret von Insekten gewesen sein, das in der Wüstenluft schnell trocknet und viel Energie gibt.
Hinter jeder Speise in der Bibel steckt viel Symbolik: Die Mahlfeier als Aussöhnung und Friedenszeichen oder als Schutz bei den Beduinen. Auf verspätete Gäste wurde geduldig gewartet. Aber nur solange, bis der Gastgeber am Eingang die Servietten hängen ließ.
Ist Essen und Trinken denn ein wichtiges Thema in der Bibel?
Am Anfang war das Wort – dann aber geht es sehr schnell und oft um Speisen. Es zeigt sich, dass auch der Himmel Geschmack hat: die verbotene Frucht im Garten Eden ist so verlockend, dass Adam und Eva schlicht nicht widerstehen konnten. Jaels Sahne mit Ysopblättern oder Johannas Grießkuchen mit Mandeln passen zum Spruch bei Mose: "Josefs Land sei gesegnet mit allem Köstlichen". Bibelzitate deuten das mit üppigen Worten an: "Hundert Traubenkuchen, hundert frische Früchte, ein Schlauch Wein" – so weit die biblischen Dimensionen im alttestamentarischen Buch Samuel.
Feinberg liefert glücklicherweise die Übersetzung in menschliche Kategorien: da bleiben die Angaben im Bereich einer Tasse. Genaue Rezepte hat Feinberg nachrecherchiert und am Buchende zusammengestellt: Saras biblisches Brot ist darunter, Salomos Hühnchenkebab in einer Marinade aus Koriander, Kümmel, Safran und Olivenöl oder z. B. der Nusskuchen aus dem Hohelied: Saftige Datteln oder Feigen gehören dazu, klein gehackt mit Zimt, Kardamom und Nüssen werden sie mit etwas Wasser zur Paste vermischt und dann in gemahlenen Mandeln gerollt. Ein Liebeserlebnis für den Gaumen.
Sie haben gerade Beispiele aus dem Alten Testament genannt. Finden sich auch Beispiele aus dem Neuen Testament – Brot und Fische bei der Speisung der 5000 etwa?
Das Neue Testament ist deutlich seltener zitiert. Aber mit "Martas Fleischbällchen" in süßem Likörwein taucht ein Beispiel auf, mit dem sich vorzüglich Fleisch genießen lässt – zur Ehre des Herrn, selbstverständlich, wie es im Römerbrief steht.
Was bietet der Band über Bibelstellen und Rezepte hinaus?
Feinberg, selbst Historikerin, die in Israel lebt, geht auf den Ursprung der Pflanzen ein und schildert eine Fülle kulturgeschichtlicher Details. Zum Beispiel war es Brauch, einen Teil des Ackers nicht zu bearbeiten, damit sich die Armen in Handnachlese auch noch versorgen konnten. Die Mutter aller Weizenarten stammt aus dem Heiligen Land. Die Wortwurzel des Begriffs Brot geht auf das Wort Leben zurück.
Die biblischen Schriften quellen über vor Zitaten aller möglichen Früchte. Gemüse wird dagegen eher stiefmütterlich behandelt. Vieles davon kam erst später ins Heilige Land. Seit jeher waren Kräuter wichtig. Zum Beispiel Maramiyah-Salbei. Er soll die heilige Familie auf der Flucht vor den Feinden verdeckt haben. Dieser Legende verdankt das Kraut seinen arabischen Namen.
Zum Essen gehört das Trinken, wie steht’ s damit?
Der Weinanbau lässt sich im Nahen Osten schon im dritten vorchristlichen Jahrhundert nachweisen. Erste, saure Trauben, heißt es bei Ezechiel, machen die Zähne stumpf – ein Sinnbild für den unangenehmen Geschmack einer Verfehlung. Wo keine Weinstöcke gedeihen, entwickelt sich ein "barbarisches Getränk", wie die Römer fanden - das Bier. Wein wurde auch aus vielen anderen exotischen Früchten hergestellt, z. B. aus Datteln.
Wer isst, will satt werden. Aber was einer isst, sagt auch etwas über seine Grundeinstellungen aus. Zum Beispiel, wenn einer Vegetarier ist. Gab es Vegetarier auch in biblischen Zeiten oder wurde wahllos gegessen, was in Fauna und Flora herumkreucht oder wächst?
Ein besonderes Verhältnis hatten die Menschen aus biblischer Zeit zum Fleisch. Unter Gelehrten hieß es, dass Fleischgenuss dem Menschen nur wegen seiner Schwäche erlaubt sei. Schon die Schöpfungsgeschichte gibt Hinweise darauf, dass Fleisch nicht zur ursprünglichen menschlichen Nahrung dazugehören sollte.
Durch alle Kapitel zieht sich der Gedanke, dass Gebote und Verbote für die tägliche Speisekarte einen tieferen Sinn hatten. Der gesundheitliche Aspekt ist nur einer davon. Wer aber sein Essen diszipliniert wählt, dem öffnen sich die Sinne für die spirituelle Dimension, denn "die göttliche Weisheit" ist nach dem Buch der Sprichwörter "Gastgeberin eines Essens, das Leben bringt."
Miriam Feinberg Vamosh: "Essen und Trinken in biblischer Zeit. Rezepte aus der Zeit Jesu"
Patmos Verlag, Düsseldorf 2005,
104 Seiten, Preis: 19.90 €
Hinter jeder Speise in der Bibel steckt viel Symbolik: Die Mahlfeier als Aussöhnung und Friedenszeichen oder als Schutz bei den Beduinen. Auf verspätete Gäste wurde geduldig gewartet. Aber nur solange, bis der Gastgeber am Eingang die Servietten hängen ließ.
Ist Essen und Trinken denn ein wichtiges Thema in der Bibel?
Am Anfang war das Wort – dann aber geht es sehr schnell und oft um Speisen. Es zeigt sich, dass auch der Himmel Geschmack hat: die verbotene Frucht im Garten Eden ist so verlockend, dass Adam und Eva schlicht nicht widerstehen konnten. Jaels Sahne mit Ysopblättern oder Johannas Grießkuchen mit Mandeln passen zum Spruch bei Mose: "Josefs Land sei gesegnet mit allem Köstlichen". Bibelzitate deuten das mit üppigen Worten an: "Hundert Traubenkuchen, hundert frische Früchte, ein Schlauch Wein" – so weit die biblischen Dimensionen im alttestamentarischen Buch Samuel.
Feinberg liefert glücklicherweise die Übersetzung in menschliche Kategorien: da bleiben die Angaben im Bereich einer Tasse. Genaue Rezepte hat Feinberg nachrecherchiert und am Buchende zusammengestellt: Saras biblisches Brot ist darunter, Salomos Hühnchenkebab in einer Marinade aus Koriander, Kümmel, Safran und Olivenöl oder z. B. der Nusskuchen aus dem Hohelied: Saftige Datteln oder Feigen gehören dazu, klein gehackt mit Zimt, Kardamom und Nüssen werden sie mit etwas Wasser zur Paste vermischt und dann in gemahlenen Mandeln gerollt. Ein Liebeserlebnis für den Gaumen.
Sie haben gerade Beispiele aus dem Alten Testament genannt. Finden sich auch Beispiele aus dem Neuen Testament – Brot und Fische bei der Speisung der 5000 etwa?
Das Neue Testament ist deutlich seltener zitiert. Aber mit "Martas Fleischbällchen" in süßem Likörwein taucht ein Beispiel auf, mit dem sich vorzüglich Fleisch genießen lässt – zur Ehre des Herrn, selbstverständlich, wie es im Römerbrief steht.
Was bietet der Band über Bibelstellen und Rezepte hinaus?
Feinberg, selbst Historikerin, die in Israel lebt, geht auf den Ursprung der Pflanzen ein und schildert eine Fülle kulturgeschichtlicher Details. Zum Beispiel war es Brauch, einen Teil des Ackers nicht zu bearbeiten, damit sich die Armen in Handnachlese auch noch versorgen konnten. Die Mutter aller Weizenarten stammt aus dem Heiligen Land. Die Wortwurzel des Begriffs Brot geht auf das Wort Leben zurück.
Die biblischen Schriften quellen über vor Zitaten aller möglichen Früchte. Gemüse wird dagegen eher stiefmütterlich behandelt. Vieles davon kam erst später ins Heilige Land. Seit jeher waren Kräuter wichtig. Zum Beispiel Maramiyah-Salbei. Er soll die heilige Familie auf der Flucht vor den Feinden verdeckt haben. Dieser Legende verdankt das Kraut seinen arabischen Namen.
Zum Essen gehört das Trinken, wie steht’ s damit?
Der Weinanbau lässt sich im Nahen Osten schon im dritten vorchristlichen Jahrhundert nachweisen. Erste, saure Trauben, heißt es bei Ezechiel, machen die Zähne stumpf – ein Sinnbild für den unangenehmen Geschmack einer Verfehlung. Wo keine Weinstöcke gedeihen, entwickelt sich ein "barbarisches Getränk", wie die Römer fanden - das Bier. Wein wurde auch aus vielen anderen exotischen Früchten hergestellt, z. B. aus Datteln.
Wer isst, will satt werden. Aber was einer isst, sagt auch etwas über seine Grundeinstellungen aus. Zum Beispiel, wenn einer Vegetarier ist. Gab es Vegetarier auch in biblischen Zeiten oder wurde wahllos gegessen, was in Fauna und Flora herumkreucht oder wächst?
Ein besonderes Verhältnis hatten die Menschen aus biblischer Zeit zum Fleisch. Unter Gelehrten hieß es, dass Fleischgenuss dem Menschen nur wegen seiner Schwäche erlaubt sei. Schon die Schöpfungsgeschichte gibt Hinweise darauf, dass Fleisch nicht zur ursprünglichen menschlichen Nahrung dazugehören sollte.
Durch alle Kapitel zieht sich der Gedanke, dass Gebote und Verbote für die tägliche Speisekarte einen tieferen Sinn hatten. Der gesundheitliche Aspekt ist nur einer davon. Wer aber sein Essen diszipliniert wählt, dem öffnen sich die Sinne für die spirituelle Dimension, denn "die göttliche Weisheit" ist nach dem Buch der Sprichwörter "Gastgeberin eines Essens, das Leben bringt."
Miriam Feinberg Vamosh: "Essen und Trinken in biblischer Zeit. Rezepte aus der Zeit Jesu"
Patmos Verlag, Düsseldorf 2005,
104 Seiten, Preis: 19.90 €