Die blutige Schlacht
Das Militärhistorische Museum der Bundeswehr in Dresden widmet seine erste große Sonderausstellung der Schlacht um Stalingrad vor 70 Jahren. Die Schau zeigt rund 500 Exponate aus Deutschland und Russland - zu sehen sind unter anderem Uniformen, Waffen, persönliche Gegenstände, Gemälde und Zeichnungen.
Kein einziger deutscher Panzer und auch kein sowjetisches Geschütz, die in einer Nebenhalle des Militärhistorischen Museums zu sehen sind, haben auf der blutigen Erde von Stalingrad gekämpft. Der schwere, beige gestrichene Panzer 4 rollte durch den Wüstensand von Nordafrika.
Die beiden T34-Türme sind Überbleibsel der Schlacht bei Dresden kurz vor Kriegsende. Aber diese Stalingradausstellung solle ja auch keine Waffenschau sein, sagt Matthias Rogg, Direktor des Militärhistorischen Museums:
"Die Schlacht als Ganzes, mit ihrem historischen Ereignis, mit den Menschen, die Akteure, Opfer, betroffene Zuschauer waren und die Rezeption ist so noch nie in einen Blick genommen worden."
Markenzeichen des völlig neu konzipierten Dresdner Museums ist ja auch, den Menschen ins Zentrum der Ereignisse zu rücken, auch wenn eine solche Schau nicht ohne Maschinengewehre, Mörser oder Flammenwerfer auszukommen scheint.
Zwar wird der Schlachtverlauf genau nachgezeichnet, vom Vorstoß der 6. Armee zu den kaukasischen Ölfeldern im sog. Fall Blau, der Zerstörung Stalingrads durch die deutsche Luftwaffe, der zähe und verlustreiche Häuserkampf, bis hin zur Einkesselung durch die Rote Armee und die Kapitulation durch Generalfeldmarschall Paulus. Doch ordnet die Ausstellung den Kampf um Stalingrad politisch ein. Dazu gehören auch die Verbrechen der Wehrmacht.
Rogg: "Man darf das nicht vergessen, dass die Sechste Armee auf ihrem Weg nach Stalingrad eine Blutspur hinter sich gezogen hat. Verbrechen gegenüber der russischen sowjetischen Zivilbevölkerung. Das sind alles Punkte, die wir aufgreifen und die, denke ich, diese Ausstellung so komplett machen."
So wurden nach der Schlacht bei toten deutschen Soldaten und auch bei Kriegsgefangenen Fotografien gefunden, die beispielsweise belegen, dass die Sechste Armee auch an den Massenerschießungen von Juden in Babijar beteiligt war. Ein komplettes Fotoalbum zeugt von der Siegesgewissheit, mit der die Landser durch ganz Europa gezogen sind.
Deutsche und russische Feldpostbriefe erzählen dann aber auch von der Not und den Ängsten auf beiden Seiten im Kampf um Stalingrad.
Rogg: "Hier werden das erste Mal deutsche und russische Feldpostbriefe so auch medial aufbereitet, nebeneinander gestellt, dass sie sehen können, in ihren Ängsten, in ihren Nöten, in ihrem Alltag unterscheiden sich die Soldaten auf beiden Seiten gar nicht so groß."
Freilich, es macht Mühe, sich durch die vielen Aufzeichnungen, Schrifttafeln und Lagekarten zu arbeiten. Stets eine deutsche und auf der anderen Seite eine sowjetische Vitrine im Blick.
Stalingrad war zwar nicht die militärisch entscheidende Schlacht des Großen Vaterländischen Krieges, wie oft behauptet wurde, aber sie war vor allem für die sowjetische Seite ein psychologischer Durchbruch. Im Grunde sei der Krieg im Hinterland gewonnen worden, sagt der Dresdner Militärhistoriker Magnus Pahl:
"Hier sehen wir sowjetische Rüstungsarbeiterinnen. Während des ganzen Zweiten Weltkrieges, des gesamten Ostkrieges war es so, dass die Wehrmacht das Potenzial der Roten Armee und der Sowjetunion die militärische Kraft unterschätzt hat."
Und um Stalingrad tobte auch eine Propagandaschlacht, die noch lange nach Kriegsende anhielt, auf deutscher Seite in den vielen Landserheften, auf sowjetischer Seite vor allem in der Person des Generalissimus Stalin. Riesige Schlachtengemälde aus russischen Museen gehören zum Mythos von Stalingrad, wie jener Stalingradfilm, der Anfang der 50er-Jahre auch in der DDR gezeigt wurde.
Stalingrad-Film:
"Eines Krieges, in dem wir endlich, endlich stärker waren als die Deutschen."
Theodor Pliviers bereits 1945 erschienener Antikriegsroman "Stalingrad" und später auch Josef Vilsmaiers Stalingrad-Film trugen hingegen dazu bei, die Grausamkeit und Sinnlosigkeit der Schlacht ungeschminkt zu zeigen. Überhaupt befasst sich die Ausstellung sehr ausführlich mit der Rezeptionsgeschichte von Stalingrad, ihrer Mythisierung und Verklärung in der BRD, in der DDR und dann auch weltweit.
Pahl: "Das herausragendste in Anführungszeichen, das herausragendste Exponat ist sicherlich die eins zu sechs Actionfigur von Paulus, dem Oberbefehlshaber der Sechsten Armee, den man hier wie eine Barbie-Figur quasi kaufen kann, ihn dann sammelt oder wie auch immer."
Ganz besondere Ausstellungsstücke sind neben der bekannten Madonna von Stalingrad der erfrorene Fuß eines ausgeflogenen Soldaten, eine Leihgabe der Sanitätsakademie der Bundeswehr. Oder die Geschichte einer sowjetischen Schauspielstudentin, die sich freiwillig zur Front meldete und vor Stalingrad tödlich verwundet wurde.
Die im Nebengebäude zu bestaunenden Panzer und Geschütze bleiben angesichts solcher Lebens- und Sterbensgeschichten nur stählernes Beiwerk in dieser ganz besonderen Ausstellung über den Fall von Stalingrad.
Die beiden T34-Türme sind Überbleibsel der Schlacht bei Dresden kurz vor Kriegsende. Aber diese Stalingradausstellung solle ja auch keine Waffenschau sein, sagt Matthias Rogg, Direktor des Militärhistorischen Museums:
"Die Schlacht als Ganzes, mit ihrem historischen Ereignis, mit den Menschen, die Akteure, Opfer, betroffene Zuschauer waren und die Rezeption ist so noch nie in einen Blick genommen worden."
Markenzeichen des völlig neu konzipierten Dresdner Museums ist ja auch, den Menschen ins Zentrum der Ereignisse zu rücken, auch wenn eine solche Schau nicht ohne Maschinengewehre, Mörser oder Flammenwerfer auszukommen scheint.
Zwar wird der Schlachtverlauf genau nachgezeichnet, vom Vorstoß der 6. Armee zu den kaukasischen Ölfeldern im sog. Fall Blau, der Zerstörung Stalingrads durch die deutsche Luftwaffe, der zähe und verlustreiche Häuserkampf, bis hin zur Einkesselung durch die Rote Armee und die Kapitulation durch Generalfeldmarschall Paulus. Doch ordnet die Ausstellung den Kampf um Stalingrad politisch ein. Dazu gehören auch die Verbrechen der Wehrmacht.
Rogg: "Man darf das nicht vergessen, dass die Sechste Armee auf ihrem Weg nach Stalingrad eine Blutspur hinter sich gezogen hat. Verbrechen gegenüber der russischen sowjetischen Zivilbevölkerung. Das sind alles Punkte, die wir aufgreifen und die, denke ich, diese Ausstellung so komplett machen."
So wurden nach der Schlacht bei toten deutschen Soldaten und auch bei Kriegsgefangenen Fotografien gefunden, die beispielsweise belegen, dass die Sechste Armee auch an den Massenerschießungen von Juden in Babijar beteiligt war. Ein komplettes Fotoalbum zeugt von der Siegesgewissheit, mit der die Landser durch ganz Europa gezogen sind.
Deutsche und russische Feldpostbriefe erzählen dann aber auch von der Not und den Ängsten auf beiden Seiten im Kampf um Stalingrad.
Rogg: "Hier werden das erste Mal deutsche und russische Feldpostbriefe so auch medial aufbereitet, nebeneinander gestellt, dass sie sehen können, in ihren Ängsten, in ihren Nöten, in ihrem Alltag unterscheiden sich die Soldaten auf beiden Seiten gar nicht so groß."
Freilich, es macht Mühe, sich durch die vielen Aufzeichnungen, Schrifttafeln und Lagekarten zu arbeiten. Stets eine deutsche und auf der anderen Seite eine sowjetische Vitrine im Blick.
Stalingrad war zwar nicht die militärisch entscheidende Schlacht des Großen Vaterländischen Krieges, wie oft behauptet wurde, aber sie war vor allem für die sowjetische Seite ein psychologischer Durchbruch. Im Grunde sei der Krieg im Hinterland gewonnen worden, sagt der Dresdner Militärhistoriker Magnus Pahl:
"Hier sehen wir sowjetische Rüstungsarbeiterinnen. Während des ganzen Zweiten Weltkrieges, des gesamten Ostkrieges war es so, dass die Wehrmacht das Potenzial der Roten Armee und der Sowjetunion die militärische Kraft unterschätzt hat."
Und um Stalingrad tobte auch eine Propagandaschlacht, die noch lange nach Kriegsende anhielt, auf deutscher Seite in den vielen Landserheften, auf sowjetischer Seite vor allem in der Person des Generalissimus Stalin. Riesige Schlachtengemälde aus russischen Museen gehören zum Mythos von Stalingrad, wie jener Stalingradfilm, der Anfang der 50er-Jahre auch in der DDR gezeigt wurde.
Stalingrad-Film:
"Eines Krieges, in dem wir endlich, endlich stärker waren als die Deutschen."
Theodor Pliviers bereits 1945 erschienener Antikriegsroman "Stalingrad" und später auch Josef Vilsmaiers Stalingrad-Film trugen hingegen dazu bei, die Grausamkeit und Sinnlosigkeit der Schlacht ungeschminkt zu zeigen. Überhaupt befasst sich die Ausstellung sehr ausführlich mit der Rezeptionsgeschichte von Stalingrad, ihrer Mythisierung und Verklärung in der BRD, in der DDR und dann auch weltweit.
Pahl: "Das herausragendste in Anführungszeichen, das herausragendste Exponat ist sicherlich die eins zu sechs Actionfigur von Paulus, dem Oberbefehlshaber der Sechsten Armee, den man hier wie eine Barbie-Figur quasi kaufen kann, ihn dann sammelt oder wie auch immer."
Ganz besondere Ausstellungsstücke sind neben der bekannten Madonna von Stalingrad der erfrorene Fuß eines ausgeflogenen Soldaten, eine Leihgabe der Sanitätsakademie der Bundeswehr. Oder die Geschichte einer sowjetischen Schauspielstudentin, die sich freiwillig zur Front meldete und vor Stalingrad tödlich verwundet wurde.
Die im Nebengebäude zu bestaunenden Panzer und Geschütze bleiben angesichts solcher Lebens- und Sterbensgeschichten nur stählernes Beiwerk in dieser ganz besonderen Ausstellung über den Fall von Stalingrad.