Die Brooklyn-Bridge-Sinfonie

Von Holmar Attila Mück |
Das außerordentliche Bauwerk über den East River, das Manhattan und Brooklyn verbindet, wird in seiner poetischen Entsprechung gefeiert. Der Weg des amerikanischen Dichters Hart Crane nach Deutschland war lang. Erst gut 70 Jahre nach seinem Tod, er nahm sich im Frühjahr 1932 33-jährig das Leben, lag sein Opus Magnum, der Gedichtzyklus "The Bridge" in der Übersetzung der österreichischen Anglistin Ute Eisinger vor.
Der kleine Salzburger Verlag "Jung und Jung" wagte das Risiko, denn Crane galt und gilt als gar nicht oder nur schwer übertragbar, obwohl das Poem als Schlüsseltext der amerikanischen Moderne gilt. Die Gegensätze zwischen Technologie, Naturmythologie und Großstadterfahrung sollten im zentralen Symbol der Brücke aufgehoben werden, und dafür benutzte Crane historische Mythen von Pocahontas bis Columbus, sowie musikalischen Variationen.

Einzelne Erzählstränge klingen wie Indianergesänge, Blues oder Gospel, andere wie irische Balladen oder Werbeslogans. Crane, der labile, ruhelose Trinker, hat in harter Arbeit, mit nahezu fanatischer Intensität eine unvergleichliche Sprach - und Gesellschaftsanalyse, ein Klangbild von bizarrer Schönheit geschaffen. Das außerordentliche Bauwerk über den East River erhielt durch ihn eine poetische Entsprechung.

Ein Beitrag aus der Reihe Lyriksommer im Deutschlandradio Kultur


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