"Man muss Merkel vor Merkel schützen"
Die Wahlschlappe der CDU in Mecklenburg-Vorpommern beruhe auf einem Konflikt innerhalb der Union, sagt der Politikwissenschaftler Albrecht von Lucke. Ein "Sicherheits- und Angstdiskurs" vor allem aus Kreisen der CSU habe die Wähler in die Arme der AfD getrieben.
Wer ist für die Wahlverluste der CDU bei den Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern verantwortlich? Liegt der Schwarze Peter alleine bei Bundeskanzlerin Angela Merkel? Sie hatte am Rande des G20-Gipfels die Verantwortung für die Niederlage ihrer Partei übernommen.
Diese Aussage von Merkel treffe in ihrer Pauschalität nicht zu, sagt der Politikwissenschaftler Albrecht von Lucke im Deutschlandradio Kultur:
"Man muss gewissermaßen Angela Merkel vor Angela Merkel schützen. Sie hat natürlich maßgeblich dazu beigetragen, dass die Menschen nach Deutschland kamen. Aber das Wahlergebnis in Mecklenburg-Vorpommern ist nicht zuletzt auch dem Konflikt innerhalb der Union geschuldet. Also das heißt: der Eskalation, der Schürung einer Angststimmung. Und für die ist maßgeblich auch die Schwesterpartei CSU verantwortlich."
Strauß-Diktum: "Rechts von uns ist nur noch die Wand"
Die CSU sei von Anfang an dem alten Credo von Franz Josef Strauß gefolgt, das lautete: "Rechts von uns ist nur noch die Wand." Danach sollte es keine rechte Partei neben der CSU geben:
"Aber das hat ironischerweise in den letzten Wochen dazu geführt, dass mit diesem Sicherheits- und Angstdiskurs die Wähler regelrecht in die Arme der AfD getrieben worden sind. Es war maßgeblich Lorenz Caffier, Innenminister aus Mecklenburg-Vorpommern, der mit seiner Burka-Verbotspolitik eine Burka-Kampagne in Mecklenburg mit geschürt hat – obwohl wir keinerlei Burka-Trägerinnen in Mecklenburgs Straßen sehen."
Angela Merkel und die Flüchtlingsfrage
Die AfD habe dieses Schüren von Angstphänomenen für sich genutzt, damit sei der Wahlverlust der CDU zu erklären, meint von Lucke. Über die Frage, ob Merkel in der Flüchtlingsfrage richtig entschieden habe, müssten später Historiker ein Urteil fällen, meint von Lucke:
"Entscheidend ist: Natürlich war nicht jede Entscheidung von Angela Merkel richtig. Sie hat ohne Frage zu lange gewartet, um beispielsweise Erklärungen zu liefern."
Die positive und optimistische Stimmung, die Merkel im Umgang mit Flüchtlingen habe schüren wollen, sei von ihrer eigenen Partei massiv untergraben worden:
"Die Stimmung, die da lautete: 'Wir schaffen es gerade nicht. Wir sind der Probleme nicht Herr.' Die hat sich gewissermaßen als ein diffuses Angstsyndrom gerade in Regionen breit gemacht, in denen wir es gerade mit der Flüchtlingsfrage gar nicht zentral zu tun haben. Es sind ganz andere Ängste, die jetzt nach vorne drängen. Es sind diffuse Ängste vor der Globalisierung."